Familienflüsterer Philip Streit
"Unser Kind will ,nur‘ die Lehre"
Philip Streit über alte Vorurteile und neue Fakten einer Lehrausbildung.
Wenn es den Nachwuchs in die Arbeit statt hinter die Schulbank zieht, löst das bei manchen Familien Besorgnis aus. Höchste Zeit, mit Vorurteilen aufzuräumen: Die Lehre ist kein Bildungsirrweg. So gibt es die Lehre mit Matura und die Möglichkeit des direkten Hochschulzuganges durch die Studienberechtigungsprüfung. Auch weitere Vorurteile bezüglich Lehren, beispielsweise dass ein geringerer Verdienst und weniger Chancen folgen, halten sich. Doch wenn man den Statistiken traut, schlagen sich gefragte Lehrberufe teilweise besser zu Buche als so mancher Studienabschluss. Weitere Vorteile sind die geistige Herausforderung, Praktisches zum Anfassen und früherer Verdienst. Wenn Ihr Kind eine Lehre machen will, dann lassen Sie es, denn es wird in dem, was es gerne macht, aufblühen. Bleiben Sie aber auch wachsam. Auf jeden Fall gilt, auch gesetzlich: eine Ausbildung ist ein Muss.
Das können Sie tun
Hier nun Tipps, wie Sie mit dem Lehrwunsch Ihres Kindes umgehen können:
1. Bleiben Sie ruhig und lassen Sie sich Zeit.
2. Hören Sie Ihrem Kind aufmerksam zu.
3. Hinterfragen Sie Ihre eigenen Motive, warum Sie eine möglicherweise verdeckte Abneigung gegenüber einer Lehre haben.
4. Prüfen Sie auch die Motive Ihres Kindes.
5. Checken Sie gemeinsam, ob es sich um eine unreflektierte Träumerei handelt oder ob es wirklich passt.
6. Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, die Vielfalt seiner Möglichkeiten zu entdecken. Überlassen Sie ihm aber seine Berufswahl.
7. Ziehen Sie als Elternteil einen klaren Rahmen – eine Ausbildung muss sein.
8. Reden Sie mit Betrieben und anderen Eltern. Nehmen Sie Beratungsangebote in Anspruch, etwa die der Wirtschafts- und Arbeiterkammer.
9. Prüfen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind, wie das neunte Schuljahr läuft. Es gibt Polytechniken, berufsbildende Schulen oder Borgs – diese Möglichkeiten können Orientierung geben.
Der Experte
Philip Streit ist klinischer Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut, Lebens- und Sozialberater.
Seit 1994 leitet er das „Institut für Kind, Jugend und Familie“ in Graz, das unter anderem psychologische Lernbetreuung anbietet.
Telefon: 0316/77 43 44
Web: www.ikjf.at
Leser-Fragen bitte an: redaktion.graz@woche.at oder per Post an „WOCHE Graz“, Gadollaplatz 1/6. Stock, 8010 Graz
1 Kommentar
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.