Bozner Platz
Ausschreibung ungültig, Gemeinderat soll das jetzt reparieren

Der Gemeinderat soll die Ausschreibung nachträglich genehmigen. | Foto: zeitungsfoto.at
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INNSBRUCK. Wie nach der Sitzung des Sonder-Gemeinderates im Juli erwartet, müssen in der kommenden Sitzung die Mandatarinnen und Mandatare die Ausschreibung nachträglich rechtlich in Ordnung bringen. Das Gerechte Innsbruck spricht von einem Skandal, die ÖVP von einem juristischen Desaster, die FPÖ spricht sich gegen eine Zustimmung aus.

Fehlender GR-Beschluß

Eigentlich hätten im Stadtsenat die Beschlüsse betreffend Neugestaltung Bozner Platz fallen sollen. Nach einem Minderheitenvotum der FPÖ kam die Vorlage aber in den Gemeinderat (hier der Stadtblatt-Bericht dazu) und wurde zur zweiten großen Überraschung in dieser Sitzung. Vier Punkte hätten die Mitglieder des Gemeinderates beschließen sollen. Die Kenntnisnahme des Realisierungswettbewerbs, die Vergabe der Planleistungen. die Einholung der Straßenplanleistungen sowie die Reservierung von Bäumen. Stadträtin Elisabeth Mayr machte den Gemeinderat aber auf einen fehlenden Beschluß des Gemeinderates für das Gesamtprojekt aufmerksam. Nach einer Besprechung der Klubobleute wurden die Punkte Kenntnisnahme des Realisierungswettbewerbs, Vergabe der Planleistungen sowie Einholung der Straßenplanleistungen von Bürgermeister Georg Willi von der Tagesordnung genommen und auf die erste Sitzung nach der Sommerpause vertagt. Nur der Reservierung der Bäume wurde zugestimmt.

Die Bäume

Das Siegerprojekt sieht für den Bozner Platz eine Neupflanzung von 30 Bäumen im zentralen Platzbereich bzw. an den westlichen und nördlichen Fassaden vor. Die Bäume sind ein wesentlicher Bestandteil des Wettbewerbsbeitrages und für die beabsichtigte Raumwirkung von entscheidender Bedeutung. Um der Bevölkerung unmittelbar nach der Fertigstellung bereits diese Raumwirkung vermitteln zu können wird eine Verpflanzung von großstämmigen Bäumen (d.h. Stammumfang mind. 40-45cm) angestrebt. Bei der im Siegerprojekt vorgeschlagenen Baumsorte (Gleditschie, oder auch Lederhülsenbaum) handelt es sich um eine Sorte, welche erst seit wenigen Jahren vermehrt im europäischen Raum eingesetzt wird. Eine Marktsondierung bei in- und ausländischen Baumschulen durch das Amt Grünanlagen brachte zum Ergebnis, dass nur sehr wenige Baumschulen über großstämmige Exemplare in der erforderlichen Anzahl verfügen. Als Vorleistung für den im Jahr 2022 beabsichtigten Baubeginn erscheint es daher zweckmäßig, verfügbare Bäume vorab auszusuchen und zu reservieren.

Skandal, Desaster, keine Zustimmung

„Wenige Tage vor der kommenden Gemeinderatssitzung am 13. Oktober 2021 wird dem Innsbrucker Gemeinderat in einer noch nie dagewesenen politischen Dreistigkeit von den Innsbrucker Grünen mitgeteilt, dass der Innsbrucker Gemeinderat die stadtrechtswidrige Auslobung des Architekturwettbewerbes Bozner Platz, für welche die Innsbrucker Grünen ressortbedingt selbstverständlich die Verantwortung zu tragen haben, im Nachhinein beschließen soll, was nicht anderes bedeutet, als dass der Innsbrucker Gemeinderat einen grünen Stadtrechtsbruch lt. Bürgermeister Georg Willi und Stadträtin Uschi Schwarzl (beide Grüne) legalisieren soll!“, so GR Gerald Depaoli in einer Aussendung. StR Rudi Federspiel in einer Aussendung: „Die FPÖ ist für eine maßvolle Sanierung des bestehenden Boznerplatzes, wir wollen vor allem die Grünfläche rund um den Rudolfsbrunnen erhalten. Zusätzlich sind weitere Bäume gerne willkommen, aber sicher keine Neugestaltung um 5 Millionen Euro.“ Vizebgm. Johannes Anzengruber und GR Mariella Lutz halten fest: „Das ist ganz klar ein juristisches Desaster. Die politische Verantwortung für dieses Versagen trägt alleine der Bürgermeister und die für dieses Projekt federführende Stadträtin Uschi Schwarzl. Auch wenn eine juristische Sanierung möglich scheint, bleibt ein fahler Beigeschmack, dass in dieser Gemeinderatsperiode immer wieder schwere formelle Fehler bei den Projekten der Stadt auftreten."  

Den Stadtblatt-Beitrag über die Gestaltung des Bozner Platzes finden Sie hier

Nach der Sitzung im Juli kommt der Bozner Platz im Oktober wieder. | Foto: zeitungsfoto.at
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Die Fakten

Nach der Gemeinderatssitzung im Juli wurden StR Elisabeth Mayr und StR Uschi Schwarzl zum Stadtblatt-Interview gebeten.
Stadtblatt: Das Projekt Bozner Platz wurde im Gemeinderat auf die erste Sitzung nach der Sommerpause vertagt. Warum?
Elisabeth Mayr:
Im letzten Gemeinderat hätte die Umsetzung des Projekts Bozner Platz beschlossen werden sollen. Allerdings ist der Wettbewerb zu diesem Projekt nie im Gemeinderat beschlossen worden, was in diesem Fall erforderlich gewesen wäre. Hinzu kommt, dass aufrechte Gemeinderatsbeschlüsse zur Kostenkontrolle ignoriert wurden. Im Gemeinderat letzte Woche habe ich die Zusammenhänge noch einmal ausführlich erläutert. Für mich war es überraschend, dass die anderen Parteien nach meiner Wortmeldung kalte Füße bekommen haben, denn ich habe meine Sicht der Dinge nicht zum ersten Mal erläutert. Das alles hat eine mehr als einjährige Vorgeschichte, auch Zeitungen haben damals berichtet.
Stadträtin Schwarzl meinte in der Gemeinderatssitzung, es handle sich um einen Fehler. Dieser hätte jedoch weitreichende Auswirkungen gehabt?
Wir können froh sein, dass wir den Drüberfahr-Zug gestoppt haben. Ein Gemeinderat kann nicht die Umsetzung eines Projekts beschließen, wenn der Wettbewerb dazu nie rechtmäßig beschlossen wurde. Ich möchte mir nicht ausmalen, welche Konsequenzen das gehabt hätte, rechtliche für die Politik und finanzielle für den Steuerzahler. In diesem Zusammenhang wurde gerade noch rechtzeitig zurückgerudert. Das gehört geklärt und wenn möglich saniert.
Während bei der Idee der Gestaltung ein recht breiter Konsens herrscht, gibt es aber durchaus Kritik, vor allem an der bürokratischen Abwicklung und der Kommunikation. "Keine Befassung des Gemeinderats, Umgehung der begleitenden Kontrolle durch Ausgliederung wichtiger Projektbestandteile, keine Stellungnahme eines Beirats". Wird hier einiges falsch gemacht?
Wir als SPÖ haben den Bürgermeister und die damalige Vizebürgermeisterin mehrfach und rechtzeitig auf unsere Einwände aufmerksam gemacht. Wir haben auf verbindlich beschlossene Kontrollmechanismen verwiesen und auf die Notwendigkeit eines Gemeinderatsbeschlusses, wenn sie daran festhalten wollen, die selbst gezogenen Lehren aus den Patscherkofel-Mehrkosten politisch auszuhebeln. Der Fehler ist also nicht einfach so und zufällig passiert. Die tiefere Ursache liegt in einer bewusst ignoranten Haltung gegenüber Beschlüssen des Gemeinderats als höchstem Gremium der Stadt, letztlich in der Ignoranz gegenüber Demokratie, Transparenz und Rechtsstaatlichkeit. Man könnte sagen: Der „Fehler“ im letzten Jahr war genauso wenig zufällig wie die Abwahl von Uschi Schwarzl als Vizebürgermeisterin.
Wie wird das Projekt jetzt weitergehen?
Über den Sommer soll es Aufklärung geben, ob der Fehler nachträglich repariert werden kann und wenn ja, wie. Sollte das Projekt, das aus dem Wettbewerb als Sieger hervorgegangen ist, umgesetzt werden können, wird es um die genaue Ausgestaltung gehen. Als Zuständige für den Behindertenbeirat werde ich besonderes Augenmerk auf die Sicherheit und Barrierefreiheit für alle VerkehrsteilnehmerInnen legen, auch Behindertenparkplätze werden ein heißes Thema werden, für das ich mich ins Zeug lege!

Stadtblatt: Sie meinten in der Gemeinderatssitzung, es handle sich bei dem fehlenden Beschluß um einen Fehler. Dieser hätte jedoch weitreichende Auswirkungen gehabt?
Uschi Schwarzl:
Es gibt eine offene Formalfrage zu klären, damit die Detailplanung vom Gemeinderat beauftragt werden kann. Wir sind zuversichtlich, dass das rasch erfolgen und die inhaltlich vorhandene Mehrheit im Gemeinderat dann den nächsten Schritt beschließen kann. Die Neugestaltung des Bozner Platzes ist 2018 von Grünen, Für Innsbruck, ÖVP und SPÖ auf Platz 1 der dringenden Platzgestaltungs-Projekte gereiht worden. Ich gehe deswegen davon aus, dass hier alle Interesse an einem baldigen Beschluss und der Einleitung der Detailplanung haben, so dass 2022 gebaut werden kann. Die Vorlaufzeit für dieses Projekt mit einer öffentlichen Präsentation der Rahmenbedingungen für den Wettbewerb im Jänner 2020 und Präsentation des von der Jury ausgewählten Siegerprojekts inklusive öffentlicher Präsentation im Februar 2021 und einer darauffolgenden mehrwöchigen öffentlichen Ausstellung der Wettbewerbsergebnisse, ist glaub ich von großer Transparenz und Offenheit geprägt.
Während bei der Idee der Gestaltung ein recht breiter Konsens herrscht, gibt es aber durchaus Kritik, vor allem an der bürokratische Abwicklung und der Kommunikation. "Keine Befassung des Gemeinderats, Umgehung der begleitenden Kontrolle durch Ausgliederung wichtiger Projektbestandteile, keine Stellungnahme eines Beirats". Hätte man manches anders machen sollen?
Wir werden in den nächsten Tagen untersuchen, welche Schritte hier noch erfolgen müssen, um so rasch wie möglich in einem Gemeinderat einen Beschluss, der inhaltlich bei der Mehrheit des Gemeinderats unumstritten ist, zu erwirken. Wichtig ist zum momentanen Zeitpunkt die erfolgte Reservierung der 30 Bäume, die dann neu am Bozner Platz gepflanzt werden sollen und deren Bestellung eine lange Vorlaufzeit hat, weil wir bei der Platzgestaltung bereits mit bereits 6-7 Meter hohen Bäumen starten wollen. Nach unserer Ansicht kann der Großprojektebeirat wohl erst nach erfolgter Detailplanung eine sinnvolle Stellungnahme abgeben. Aber diese Formalitäten werden in den nächsten Tagen vor einem neuerlichen Beschluss im Gemeinderat geklärt werden.
Wie wird das Projekt jetzt weitergehen?
Der GR hat die Reservierung der 30 höheren Bäume beschlossen. Das ist wichtig, weil wir von Beginn an möglichst große – übrigens klimafitte – Bäume setzen wollen. Ein neuerlicher Gemeinderatsbeschluss für die Detailplanung wird dann möglich, wenn wir in den nächsten Wochen nach Klärung der Formalfragen die politische Abstimmung geschafft haben.

Gemeinderätinnen und Gemeinderäte soll nachträglich der Ausschreibung zu stimmen. | Foto: zeitungsfoto.at
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Kritik

In der Online-Sitzung zur Neugestaltung des Bozner Platzes wurden die Gemeinderäte informiert, dass es zu schweren Fehlern beim Zustandekommen der Auslobung des Wettbewerbes „Neugestaltung Bozner Platz “ kam und diese nachträglich juristisch saniert werden müssen. Dazu nehmen Vizebgm. Johannes Anzengruber und GR Mariella Lutz von Seiten der ÖVP-Fraktion Stellung: „Das ist ganz klar ein juristisches Desaster. Die politische Verantwortung für dieses Versagen trägt alleine der Bürgermeister und die für dieses Projekt federführende Stadträtin Uschi Schwarzl. Auch wenn eine juristische Sanierung möglich scheint, bleibt ein fahler Beigeschmack, dass in dieser Gemeinderatsperiode immer wieder schwere formelle Fehler bei den Projekten der Stadt auftreten. Durch diesen chaotischen Umgang bei der Umsetzung werden wichtige Projekte immer wieder verzögert und verteuern sich somit auch. Wir werden diese neue Situation im Klub in Ruhe bewerten, grundsätzlich sind wir für eine Umgestaltung des Bozner Platzes. Dieses Projekt ist für den Handel, für die Gastro-Betriebe und somit für den Wirtschaftsstandort Innsbruck sehr wichtig. Die Attraktivierung des Platzes soll neue Impulse für Events und Märkte bringen, dadurch wird die Aufenthaltsqualität erhöht.“ „Es wäre wohl im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sich mehr um die eigenen Fehler, laufenden Projekte und offenen Angelegenheiten in der Stadt Innsbruck zu kümmern als ständig bundespolitische Themen zu kommentieren“, stellt Anzengruber in Richtung von Bgm. Willi fest, der sich gestern wieder zu einer höheren Besteuerung des Diesels zu Wort gemeldet hat.

Keine Zustimmung

Zum fehlenden Beschluss des Gemeinderates für den durchgeführten Architektenwettbewerb zur Neugestaltung des Boznerplatzes fordert FPÖ-Stadtrat Rudi Federspiel die Fraktionen im Gemeinderat auf, diese Rechtspanne nicht im Nachhinein abzusegnen: „Bürgermeister Georg Willi und seine grüne Stadträtin Uschi Schwarzl haben wiederholt das Stadtrecht gebrochen, auch in dieser Angelegenheit, daher muss man beiden Grünpolitikern den Spiegel vorhalten, und der Rechtsbruch darf nicht im Nachhinein repariert werden“, erörtert Federspiel, der zugleich festhält, dass die gesamte Neugestaltung überdacht werden muss. „Wir haben einfach kein Geld mehr und daher darf der Platz nicht komplett umgebaut werden.“ Federspiel konkretisiert: „Die FPÖ ist für eine maßvolle Sanierung des bestehenden Boznerplatzes, wir wollen vor allem die Grünfläche rund um den Rudolfsbrunnen erhalten. Zusätzlich sind weitere Bäume gerne willkommen, aber sicher keine Neugestaltung um 5 Millionen Euro“, führt der FPÖ-Politiker aus, und fügt an: „Wenn man aber ein Wettbewerbsergebnis vorliegen hat, für welches der Beschluss des Gemeinderates fehlt, welches den gesamten Boznerplatz gepflastert darstellt, und diesen nur mit ein paar amerikanischen Bäumen behübscht, ist die Chance - mehr Grün in die Stadt zu bringen - für die FPÖ komplett vertan.“

ALI-Gemeinderat Mesut Onay zeigt sich über die Vorgehensweise der Stadtregierung beim Projekt „Neugestaltung Boznerplatz“ in einer Aussendung verärgert. So liessen sich nach Prüfung der Unterlagen klare Verfehlungen und eine Verletzung des Stadtrechts seitens der verantwortlichen Amtsführung feststellen. Schlimmer noch: Offenkundig hätten die Grünen und Für Innsbruck keinerlei Lehren aus dem Patscherkofel-Debakel gezogen. Der Stadtsenat hat in seiner nichtöffentlichen Sitzung vom 24.06.2020 die Auslobung eines Realisierungswettbewerbes beschlossen. Für Onay besteht kein Zweifel: "Der Gesamtakt hätte in der Folge dem Gemeinderat zeitnah zur Beschlussfassung vorgelegt werden müssen, zumal sich das Projekt angesichts der Bestellung der Bäume bereits in der Umsetzungsphase befindet. Dies ist nicht erfolgt." Noch schwerer ins Gewicht fällt, dass die Kosten für Leitungsumlegungen und Beleuchtungsausstattung gemäß vorliegendem Akt im Kostenvorschlag nicht berücksichtigt sind. Da es sich hierbei um essentielle Projektbestandteile handelt, ist absehbar, dass der Budgetrahmen von € 4,18 Mio nicht eingehalten wird. Mit großer Wahrscheinlichkeit überschreitet das Projekt vielmehr die Grenze von € 5 Mio, ab der eine begleitende Kontrolle verpflichtend ist.

GR Gerald Depoli meint abschließend in seiner Aussendung: "Es kann nicht sein, dass der Innsbrucker Gemeinderat die stadtrechtswidrig erfolgte Auslobung des Architekturwettbewerbes für den Bozner Platz im Nachhinein beschließen muss, nur um einen neuerlichen Stadtrechtsbruch der Innsbrucker Grünen zu legalisieren! Das Gerechte Innsbruck fordert daher unmissverständlich, dass die Auslobung des Architekurtwettbewerbes für den Bozner Platz, wenn überhaupt, stadtrechtskonform neu erfolgen muss, und die Kosten für die stadtrechtwidrig erfolgte Auslobung die Innsbrucker Grünen zu übernehmen haben.“

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