Bauern sehen Höfe in Gefahr

Verstecken der Argumente | Foto: Archiv

Zusagen zur Finanzierung der Agrarmittel werden eingefordert – Demonstration in Wien steht im Raum

(red) Für die Tiroler Bauernvertreter ist die Zeit der Sonntagsreden vorbei. Kürzungen im Agrarbudget auf Bundesebene sind in Diskussion. Die Tiroler fordern die Sicherung der Mittel für die Landwirtschaft, weil dies ein direkter Eingriff in die Bauerneinkommen ist. Es besteht die Gefahr, dass der Bundesanteil der Kofinanzierung um bis zu 40 Prozent zurückgeschraubt wird. „Das kann man mit uns nicht diskutieren“, sagen dazu Tirols oberste Bauernvertreter. Im Gegenteil wird gefordert, die Zusagen, die vor der Wahl gemacht wurden, einzuhalten.

„Der Bund muss sparen und will in die Einkommen der Bauern eingreifen. Denn auch die Agrarmittel sollen massiv gekürzt werden. Das ist vor allem für die kleinstrukturierten Bergbauern ein großes Problem, denn ein großer Anteil ihres Einkommens besteht aus öffentlichen Leistungsabgeltungen“, weiß LH-Stv. Josef Geisler. Die Landwirte gehen dafür einen Vertrag ein und müssen strenge Umwelt- und Bewirtschaftungsauflagen erfüllen.

Geisler sieht aktuell die Bauernhöfe Tirols in Gefahr. „Ein Bergbauer der Zone 4 verdient derzeit im Schnitt 12.898 Euro im Jahr pro Betrieb und hat bereits so mit einem Einkommensrückgang zwischen 2011 und 2012 von 29 Prozent zu kämpfen. Wenn man weiß, dass für Bergbauernbetriebe der Markt wenig Chancen bietet und gleichzeitig der Anteil der öffentlichen Leistungsabgeltungen über 80 Prozent ausmachen, dann wäre ein Eingriff hier fahrlässig“, sagt Geisler. Erste Berechnungen des Bundes liegen am Tisch – mit fatalen Auswirkungen für die Bergbauern. „Auf Gesamttirol gerechnet würde jeder Bauer im Schnitt 1.400 Euro pro Jahr verlieren. Aber speziell für die Bergbauernausgleichszulage und die Agrarumweltprogramme steht ein Minus von 111 Mio Euro, insgesamt von 161 Mio. Euro für die nächste Förderperiode zu Buche. Das ist ein Minus von 23 Prozent, wobei die Inflation noch nicht mitgerechnet ist“, so der Tiroler Bauernbundobmann. „Solche Dinge verhandle ich nicht“, unterstreicht Geisler. Er betont, dass auch die Landwirtschaft einen Beitrag zum allgemeinen Sparen leisten wird. „Aber einen Eingriff in die Bauerneinkommen dürfen wir nicht zulassen“, sagt LH-Stv. Josef Geisler.

„Bauern arbeiten im Sinne der Gesellschaft“
Der Präsident der Landwirtschaftskammer Tirol, Josef Hechenberger erklärt das komplizierte System der Agrarförderungen. „Die Landwirtschaft ist der einzige gemeinschaftlich geregelte Politikbereich der Europäischen Union. Zählt man jedoch EU-Budget und nationale Budgets zusammen, fließen lediglich rund ein Prozent aller Mittel zu den Bauernfamilien“, zeigt Hechenberger auf. Über zwei Säulen gelangen die Gelder zu den Bauern, so der Präsident „In der Säule 1 spricht man von Direktzahlungen. Jeder Bauer erhält auf Basis seiner Betriebsfläche umgerechnet auf ein Regionalmodell einen Ausgleich für die Bewirtschaftung. Gelder aus der Säule 2 – auch ländliche Entwicklung genannt – sind an konkrete Leistungen bzw. an Investitionen oder Tierschutzmaßnahmen gekoppelt. Das betrifft etwa die gesamte Biolandwirtschaft“, erklärt Hechenberger. Aus einzelnen Teilbereichen wird so die Höhe der öffentlichen Gelder berechnet, wobei sich der Landwirt zur Einhaltung über die gesamte EU-Finanzperiode von sechs Jahren verpflichtet. „Wichtig ist: Die Mittel der Säule 2 liegen in besonderem gesellschaftlichen Interesse und werden daher jeweils von Bund und Ländern kofinanziert, sprich verdoppelt. Der Bauer erhält hier seine ihm zustehende Leistungsabgeltung aber nur, wenn Bund und Länder auch mitinvestieren“, verdeutlicht Hechenberger. Die angedachte Kürzung des Bundes bedeutet demnach, dass Gelder in der EU nicht ausgelöst werden. „Zum massiven Schaden unserer Bergbauern“, sagt der Kammerpräsident und ergänzt: „Hier darf es zu keiner Kürzung kommen, sonst müssen viele Bauern ihre Stalltüren schließen.“

Der Bund ist am Zug
Für beide Tiroler Bauernvertreter ist klar: Der Bund muss die Mittel der Bauern außer Streit stellen. Geisler und Hechenberger verweisen auf bereits gemachte Zusagen. Geisler: „Die österreichischen Landesagrarreferenten und alle Landeshauptleute haben sich bereits 2012 für ein ‚gleich hoch dotiertes Programm der ländlichen Entwicklung’ ausgesprochen. Tirol garantiert seinen Anteil. Jetzt ist der Bund am Zug.“ Kammerpräsident Hechenberger ergänzt: „Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Spindelegger müssen jetzt beweisen, was ihnen die Bauern wert sind.“

Aus Tiroler Sicht werde man sich von LH Günther Platter in den nächsten Tagen die Bestätigung dieser Linie einholen. Danach fahren die Agrarvertreter aller Bezirke nach Wien, um dort ihre Anliegen zu präsentieren. „Wir lassen uns offen, ob auch wir auf die Straße gehen und für die Absicherung des Bauernstandes in Wien demonstrieren. Wir Bauern sind eigentlich keine Demonstranten, aber jetzt geht es ans Eingemachte“, sagen Geisler und Hechenberger. Auch bei den Almen hofft man auf Unterstützung durch die zukünftige Bundesregierung.

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