Kultur
Beginn eines neuen Theatersommers

Der Kulturverein Volkskantine freut sich auf die Dreigroschenoper. | Foto: Volkskantine
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INNSBRUCK. Lisa Hörtnagl und ihr Verein Volkskantine entdecken für Innsbruck einen neuen Freiluft-Spielort. "Und der Haifisch ..." gastiert am Schloß Mentelberg.

Proben

Mittwochmittag am Schloss Mentlberg. Zwischen einem kurzen Regenguss probt Regisseurin Susi Weber gemeinsam mit dem Ensemble den Anfang des dritten Aktes von Brechts Dreigroschenoper. Lisa Hörtnagl alias Spelunken-Jenny stakst gemeinsam mit Juliana Haider und Elena Ledochowski in entschlossen rhythmischem Schritt aus dem Schloss („da wohnen die Huren“) zum Treppenaufgang der Rokokokapelle, die nun einen Dreigroschenoper-Sommer lang Sitz von Peachums Firma „Bettlers Freund“ sein wird. Jenny hat Macheath verraten und will nun ihr Geld, welches Frau Peachum (Brigitte Jaufenthaler) ihr schnippisch verweigert, Thomas Lackner alias Peachum jedoch ausladend generös ausbezahlt, erst recht, nachdem sie ihm den neuen Aufenthalt Mackies verrät. Noch sprechen alle unverstärkt, auch das Orchester und Weills vor allem bei den singenden Darstellern gefürchtete atonale Setzungen muss man sich noch dazu denken, während Thomas Lackner souverän sein „Lied von der Unzulänglichkeit menschlichen Strebens“ anstimmt.

"aber i freu mi"

Brechts Dreigroschenoper, dessen Entstehungsgeschichte sich fast wie ein Krimi liest, denn in Fragen geistigen Eigentums gestand der geniale Theaterunternehmer nach entsprechender Kritik durchaus Laxheit ein, ist auch ohne Pandemiekontext eine Produktion, die den Beteiligten einiges abfordert. Wie selbst Macheath alias Francesco Cirolini dieser Tage auf Facebook eingestand: „ein Horrortrip zum Einstudieren ... aber i freu mi.“. Trotzdem oder gerade deswegen gibt es für diesen verrückten Coronasommer und insbesondere für Tirols Theaterlandschaft wohl kein sinnigeres Stück. Schon bei seiner Uraufführung 1928 markierte es den Beginn einer neuen Ära am Berliner Schiffbauerdamm-Theater. Damals wie heute spiegelt es wie kaum ein anderes Stück den geistigen wie ethischen Zustand einer Welt am Pulverfass. Dass die Mutter aller sommerlichen Tiroler Freilufttheater, die einst natürlich gegründet wurde, um kultur- und gesellschaftspolitisch aufzurühren und sich an Bigotterien aller Art zu reiben, ausgerechnet heuer auslässt, respektive im Widerstreit mit den einstigen Heimstattgebern implodiert ist, kommt ebenfalls nicht von ungefähr.

Wichtiges Publikum

„Wir sind jene Kunstform, die es ohne Publikum einfach nicht gibt“, sagt Susi Weber. „Und jeder von uns ist einfach nur unsagbar glücklich, seinen Beruf endlich wieder ausüben zu dürfen.“ Dass es mit Lisa Hörtnagl, ihrer Schauspielerfreundin Tamara Burghart, die als Lucy zu sehen sein wird, und der ‚Zahlenfrau‘ Jaqueline Schmid als Kassierin nun ausgerechnet drei junge Frauen sind, die in dieser herausfordernden Zeit mit ihrem neu gegründeten Verein Volkskantine zu neuen Theaterufern aufbrechen, war als Zeichensetzung vielleicht ebenfalls schon lange überfällig. Sie machen Innsbruck in diesem Sommer erstmals zum Theater-Hotspot, und das mit einem derart fantastischen neuen Spielort, dass man sich, einmal dort angekommen, nur noch denkt: „Warum eigentlich erst jetzt?“ Premiere ist am 6. August 2020 um 19 Uhr. Gespielt wird dann bei jedem Wetter weitere zehn Mal bis 23. August. Karten können entweder telefonisch unter 0677 63807237 oder per Mail an info@dievolkskantine.com reserviert werden. (CF)

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