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Blaue Jugend hat Probleme mit dem Regenbogen

"Regenbogen-Zebrastreifen" in der Innenstadt. | Foto: BezirksBlätter Innsbruck
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Eigentlich sind die Regenbogenfarben als Symbol für eine vielfältige Lebensweise durchaus akzeptiert. Neben den Fußgängerübergängen in Regenbogenstil gibt es in Innsbruck seit 2019 Sitzbänke im Regenbogenfarbendesign. Im Juni wird weltweit mit dem "Pride Month" auf die Situation der LGBTIQ-Community aufmerksam gemacht. Die Freiheitliche Jugend Tirol scheint damit aber größere Probleme zu haben. Ihre Gegenpropaganda führt zu Anzeigen.

INNSBRUCK. Mit primitivsten Vorurteilen und homophoben Aussagen versucht das rechte Lager im Monat Juni, der allgemein zum „Pride-Month“ ausgerufen ist, auf inakzeptable Weise zur Spaltung unserer Gesellschaft aufzurufen, erklärt die SPÖ in einer Aussendung. „Österreich ist bunt, die Österreicherinnen und Österreicher sind vielfältig und divers. Wir leben in einer offenen Demokratie, die alle in Österreich Lebenden schützt und die Möglichkeit gibt so zu sein, zu leben, zu lieben wie man es selbst empfindet“, ist es für die beiden SPÖ-Frauensprecherinnen LA Elisabeth Fleischanderl und StR Elisabeth Mayr alles andere als ein Widerspruch divers und gleichzeitig heimatverbunden zu sein. Mit der Bundesverfassung, der Ratifizierung der Menschenrechte und unseren Grundwerten ermöglicht uns Österreich frei, selbstbestimmt und sichtbar zu leben. „Der Pride-Month soll genau das sichtbar machen. Er soll helfen Vorurteile abzubauen, die Vielfalt zeigen und das Leben gemeinsam feiern“, streicht SOHO-Landesvorsitzender Albin Schenach-Thaler die Bedeutung und Intention der zahlreichen Veranstaltungen im Pride-Month Juni hervor. „Die österreichische Jugend ist schon um einiges weiter und ist empfänglich für Inhalte, die Diskriminierung und Herabwürdigung von diversen und queeren Personen abbauen, anstatt diese zu verstärken“, weiß der LGBTQIA+-Sprecher der Jungen Generation Tirol Daniel Posch aus persönlichen Gesprächen und Begegnungen. „Österreich ist patriotisch – Österreich ist divers – Österreich ist bunt – und das ist gut so“, wird abschließend festgehalten.

Präsentierten 2019 die zehn neue Regenbogenbänke als Signal für Gleichheit und Vielfalt in Innsbruck: StR Uschi Schwarzl (2. v.r.) und die GR Thomas Lechleitner, Julia Seidl und Dagmar Klingler-Newesely (v.l.).  | Foto: IKM
  • Präsentierten 2019 die zehn neue Regenbogenbänke als Signal für Gleichheit und Vielfalt in Innsbruck: StR Uschi Schwarzl (2. v.r.) und die GR Thomas Lechleitner, Julia Seidl und Dagmar Klingler-Newesely (v.l.).
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Patriotenmonat

Nicht zum erstenmal setzt die Freiheitliche Jugend auf die Wortkombination Patriotenmonat. Schon im Vorjahr haben die Wiener und Kärntner Landesgruppe die Devise: "Unser Regenbogen hat nur zwei Farben" und "patriotsmonth statt pridemonth" ausgegeben:  „Wir feiern stattdessen den Patriotenmonat und zelebrieren unsere Heimatliebe und unser Faible für die normalen Dinge in unserem Land, mit denen viele der Anliegen der vom Mainstream gehypten Pride-Bewegung quasi gar nichts zu tun haben“, erklärt Michael Henökl, Landesobmann der Freiheitlichen Jugend Tirol. „Anstatt dem linken Genderwahnsinn, knapp 70 erfundenen Geschlechtern und weiteren gesellschaftspolitischen Schwachsinnigkeiten unter dem politischen Kampfsymbols des Regenbogens zu huldigen, haben wir uns dazu entschieden die Farben Rot-Weiß-Rot in den Vordergrund zu kehren“, erklärt Henökl weiter. „Was wir in unserem wunderschönen Heimatland Tirol brauchen, sind echte Patrioten und keine linken Fantasten, welche die Bevölkerung und vor allem unsere Kinder und Jugendlichen für ihre politische Agenda in geistige Gefangenschaft nehmen und behaupten, es wäre normal, dass man sich als Mensch jederzeit aussuchen kann, welches Geschlecht oder andere Form man gerade sein will, bspw. ein Bagger“, meint der Jungpolitiker. „Dieser Wahnsinn ist nämlich alles andere als weltoffen und ist in vielen Ausprägungen und Forderungen alles andere als normal“, so Henökl. „Für uns ist die Liebe zur Heimat und ihr bedingungsloser Schutz die ureigene Motivation politisch tätig zu sein und damit der Inbegriff der Normalität. Feiern wir also gemeinsam unsere Heimat und lassen wir den Patriotismus hochleben“, erklärt Henökl abschließend.

Anzeigen

Das Plakat der Freiheitlichen Jugend Tirol in den sozialen Medien zum "Patriotenmonat" sorgt auch für Arbeit bei Gericht. "Hier wird offen zu Hass aufgestachelt, das geht schlicht nicht, ich bringe eine Sachverhaltsdarstellung ein", erklärt Ewa Ernst-Dziedzic. „Wir werden nicht zulassen, dass in Österreich eine Atmosphäre wie z.B. in Polen oder Ungarn im Umgang mit LGBTIQ-Personen herrscht, wo diese keinen Schutz mehr genießen“, betont die Abgeordnete und bringt daher heute eine Sachverhaltsdarstellung gegen die Freiheitliche Jugend Tirols ein, und zwar wegen der Verbreitung eines Sujets, bei dem eine Person eine Regenbogenfahne in einen Mistkübel wirft. Die Staatsanwaltschaft wird in diesem Fall zu prüfen haben, ob hier ein Straftatbestand erfüllt wurde." Yannick Shetty erklärt seine Anzeige: "§ 283 Abs 1 Z 1 StGB: Wer öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird, gegen (...) eine nach der sexuellen Orientierung definierten Gruppe zu Hass aufstachelt ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen." 

In Katar (Fußball-Weltmeisterschaft) ist die Regenbogenfahne verboten, in Tirol soll sie nach Meinung der FJ im Mülleimer landen. | Foto: FJ
  • In Katar (Fußball-Weltmeisterschaft) ist die Regenbogenfahne verboten, in Tirol soll sie nach Meinung der FJ im Mülleimer landen.
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Freiheitliche Jugend

"Die Freiheitliche Jugend ist Tirols einzige patriotische politische Jugendorganisation und als Vorfeldorganisation der FPÖ auch das Sprachrohr von Tirols patriotischer Jugend." So sieht sich der Verein selbst auf seiner Homepage. Und weiter ist zu lesen: "Nachdem wir als patriotisch politische Jugendorganisation der FPÖ nahe stehen, haben wir auch ein Programm mit unseren politischen Standpunkten für Tirols Jugend entwickelt. Das beginnt beim grundsätzlichen Wert des Patriotismus bis hin zu jugendrelevanten Themen wie Sicherheit, Familie, Beruf & Bildung." Im Mai 2022 wurde der Haller GR Michael Henökl zum neuen Landesobmann gewählt. GR Marcel Kammerlander aus Gerlos sowie der Kufsteiner Noah Faber sind seine Stellvertreter. Henökl meinte nach der Wahl „Wir sind das letzte Bollwerk der normaldenkenden Jugend, die sich nicht durch Bevölkerungsaustausch verdrängen lassen will, für die zwei Geschlechter mehr als genug sind und die durch ehrlich gelebten Patriotismus die Heimat ebenso wie die Freiheit an erste Stelle stellen.“

GR Michael Henökl,  FP-Landesparteiobmann LA Markus Abwerzger und GR Christofer Ranzmaier, stv. FJ-Bundesobmann & FPÖ-Jugendsprecher im Landtag | Foto: FPÖ
  • GR Michael Henökl, FP-Landesparteiobmann LA Markus Abwerzger und GR Christofer Ranzmaier, stv. FJ-Bundesobmann & FPÖ-Jugendsprecher im Landtag
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Regenbogenfarben

Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett – diese sechs Farben sind seit Jahrhunderten immer wieder als Symbol zu finden. Im Glaubensbereich wird wird Jesus öfters sitzend auf einem bunten Bogen dargestellt, der mit seiner Farbenpracht die Verbindung zwischen Himmel und Erde symbolisiert. Gelegentlich wird die Gottesmutter Maria von einem Regenbogen umgeben gezeigt, um ihre Heiligkeit auszudrücken. Auch als Flagge besitzen die Farben des Regenbogens eine lange Tradition. In den Bauernkriegen im 16. Jahrhundert wurde sie vom Reformator und Revolutionär Thomas Müntzer benutzt. Im Reich der Inka soll der Regenbogen ein Teil der Herrscherflagge gewesen sein. Heute ist sie Regenbogenflagge offizielles Symbol der Stadt Cusco in Peru. Als Zeichen der Friedensbewegung ist seit 1961 die Pace-Flagge bekannt, die alle sieben Farben des Regenbogens (samt Indigo) zeigt, jedoch oben mit Violett beginnt. Während der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr kam der Regenbogen als Hoffnungszeichen in Italien zu neuem Ruhm: Gemeinsam mit dem Motto "Andrà tutto bene" ("Alles wird gut") prangte er auf selbstgestalteten Plakaten oder Bannern von Wohnungsfenstern und Balkonen herab, um sich gegenseitig Mut  zu machen. 1978 entwarf der US-amerikanische Künstler Gilbert Baker die Flaggen, die sechs der sieben Regenbogenfarben wiedergibt, für den "Gay Freedom Day", den Vorläufer der späteren "Gay Prides".

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