Alleinerzieherin hofft auf Hilfe
Keiner hilft: Mutter am Ende der Kraft

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Silvia Pletzer ist alleinerziehende Mutter eines schwer behinderten Kindes. Ihre Tochter Anja wird bald fünfzehn, ist fast gleich groß wie ihre Mutter und ist Autistin.

INNSBRUCK. Anja kann nicht reden und wenn sie etwas belastet, klopft sie mit den Händen irgendwo dagegen, manchmal auch mit dem Kopf, und das so heftig, dass Anja anfängt zu bluten. Es ist kaum möglich dazwischenzugehen, ohne sich selbst dabei in Gefahr zu bringen – und wenn der Mutter etwas passiert oder sie ohnmächtig wird, wer kümmert sich dann um Anja? Anja hat außerdem Schlafstörungen, das heißt solche Anfälle passieren auch nachts. Das hat zur Folge, dass Nachbarn wegen des Lärms regelmäßig die Polizei rufen und sowohl das Kind als auch die Mutter unter chronischem Schlafmangel leiden. Seit Jahren hat die Mutter keine Zeit für sich, weil sie ständig auf Anja aufpassen muss. Die Wohnung ist spartanisch eingerichtet: Anja mag die meisten Möbel, Vorhänge und Teppiche nicht und „verräumt“ diese.

Am Ender der Kräfte

Silvia Pletzer kümmert sich um ihr Kind so gut sie kann und versucht alles, um ihrer beider Leben so schön wie möglich zu gestalten. Die Innsbruckerin ist aber auch am Ende ihrer Kräfte, das Kind ist groß und schwer und es wird immer schwieriger, vor allem in der Öffentlichkeit, wo z. B. teure Autos stehen, sie davon abzuhalten, diese nicht zu beschädigen, wenn Anja innerlichen Stress hat. Der Schlafmangel verursacht zusätzlichen psychischen Druck. Daher sucht die Alleinerzieherin schweren Herzens einen Platz für Anja in einem Heim, – "wo es ihr gut geht und wo man sich professionell um sie kümmern kann". Nur leider scheint so etwas nicht zu existieren.

Eine Odyssee

Die Mutter ist bei den diversen Ämtern und Stellen mittlerweile gut bekannt, sie war ja auch überall: Stadt, Land, Bund, Bürgermeisterbüro, Diskriminierungsbeauftragte – keiner fühlt sich zuständig. Das Sozialamt hat zwei Heime vorgeschlagen, beide in Deutschland und beide offensichtlich ungeeignet für Anja (z. B. weil sie auf Berufsvorbereitung ausgelegt oder für maximal ein Jahr sind). Dann sollte es Pletzer bei "Aurea" versuchen, einer Einrichtung zur Förderung junger Menschen mit Autismus. Allerdings hat diese Einrichtung keine Unterbringungsmöglichkeit. Frau Pletzer war trotzdem dort und man versprach ihr, man würde sich melden. Das war im August. Nachdem sich keiner gemeldet hat, wandte sich Frau Pletzer Ende September wieder hilfesuchend ans Sozialamt, "und wieder fühlte sich keiner zuständig", so Frau Pletzer. Im Dezember wollte sich dann endlich jemand von Aurea Anja anschauen. Danach haben sie sich nicht mehr bei Frau Pletzer gemeldet. Nachdem diese im Jänner wieder hinterher telefonierte, "war die Zuständige nicht da, dann krank, dann auf Urlaub. Anscheinend hat sie niemand vertreten, kein anderer wollte sich kümmern", berichtet die Mutter.

Finanzielle Mittel fehlen

Frau Pletzer versucht es weiter und weiter, sie versucht jemanden zu finden, der sich politisch verantwortlich fühlt. Sie berichtet Haarsträubendes: Ihr sei von Beamten der Stadt unterstellt worden, sie wolle im Vordergrund stehen und das Ausmaß von Anjas Behinderung sei angezweifelt worden. Auf der anderen Seite melden sich andere Betroffene bei der Alleinerzieherin, denn diese ist mit ihrem Schicksal nicht alleine, auch andere Eltern autistischer Kinder sind verzweifelt. Besonders schade ist, dass das Elisabethinum in Axams Anja aufnehmen würde, aber aus finanziellen Gründen nicht kann: „Wir haben keinen Platz, aber wir schaffen für Anja einen“, heißt es laut Frau Pletzer dort. Dazu brauche es allerdings finanzielle Mittel, die weder Stadt noch Land bereit wären zu zahlen, denn das zuständige Amt hätte versäumt Beschlüsse und Anträge einzubringen. Es scheint, als würden alle Bemühungen und jeder erneute Besuch bei einem Amt oder einer Stelle ins Leere laufen. Trotz der dringenden ärztlichen Empfehlung des Krankenhauses Hall, Anja fremdunterzubringen, wird Frau Pletzer weiterhin alleine gelassen, vor allem auch mit den Fragen, wer denn nun eigentlich zuständig sei und „Was passiert mit Anja, wenn es mich eines Tages umhaut?“ Während sich niemand zuständig fühlt, vergehen die Tage, und mit ihnen die Kraft von Frau Pletzer.

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