Pflegenotstand
Mehr als 2.000 Menschen beteiligen sich am Protestmarsch

Gewerkschaftsvertreter und mehr als 2.000 Pflegekräfte gingen erneut auf die Straße, um au den Pflegenotstand aufmerksam zu machen. | Foto: Michael Steger
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Um erneut auf den Pflegenotstand aufmerksam zu machen, sind mehr als 2.000 Menschen, der Großteil von ihnen selbst in der Pflege tätig, am Tag der Pflege  in Innsbruck auf die Straße gegangen. Das am Vormittag von der Regierung verkündete Maßnahmenpaket, sei ein Schritt in die richtige Richtung, dürfe aber nur der Anfang sein. 

Um 13.30 Uhr setzte sich der Demonstrationszug vom Innsbrucker Hauptbahnhof in Bewegung, um auf den Notstand in der Pflege aufmerksam zu machen. Unter musikalischer Begleitung führte der Marsch durch die Innenstadt und vorbei am Klinikareal, wo sich ein noch größerer Teil an Pflegekräften der Demonstration anschlossen. Über die Maximilianstraße und die Salurnerstraße führte der Weg bis zum Landhausplatz, wo die Kundgebung mit mehreren Redebeiträgen ihren Höhepunkt fand. Unter den Demonstrierenden befanden sich neben vielen Pflegekräften aus Tirol, auch eine größere Anzahl an Salzburger und Vorarlberger Pflegekräfte, die extra für die Demonstration angereist waren.

Überstunden und Personalmangel

„Seit Monaten müssen auch in Tirol Betten leer stehen, weil sie aufgrund des eklatanten Personalmangels nicht belegt werden können. Die noch verbliebenden MitarbeiterInnen haben unzählige Überstunden, Urlaub und Gesundheitstage gut, allerdings keine Chance, diese in absehbarer Zeit abzubauen. Die Beschäftigten sind völlig ausgelaugt – beim verdienten Urlaub herrscht allerdings Fehlanzeige" erklärt Gehard Seier, Vorsitzender der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD). Margit Luxner Vorsitzende der Gewerkschaft GPA im Bereich Soziales gab Einblicke in die prekären Bedingungen für Pflegekräfte: "Unsere Arbeit wird viel zu oft als selbstverständlich hingenommen: Spontanes Einspringen, besonders in der Nacht oder am Wochenende, passiert ohne Bitte oder Danke. Man funktioniert nur noch – anders kann man es nicht beschreiben. Pflege ist für uns Beschäftigte eine absolute Herzensangelegenheit, aber wir können einfach nicht mehr!"

Versorgungskollaps

ÖGB-Vorsitzender Philip Wohlgemuth machte darauf aufmerksam, dass die vom Sozialminister Johannes Rauch in Aussicht gestellten Maßnahmen "ein erster Schritt seien, aber weitere schnellstens verbindlich folgen müssten." Auch in Tirol sei man von einer Pflegereform noch weit entfernt: "Trotz zahlreicher Gespräche mit Landesrätin Leja ist bislang Verbesserung für die derzeit im Pflegebereich Arbeitenden komplett schuldig geblieben. Ich habe diese Ankündigungspolitik satt! Es brennt an allen Ecken und Enden im Pflegebereich -die Politik schaut tatenlos zu, obwohl sie den Feuerlöscher in die Hand nehmen könnte und müsste!“, fordert Wohlgemuth endlich Taten statt Worte.

Forderungen

"Es braucht endlich bessere Besetzungsschlüssel im Tag- und Nachtdienst, eine Erhöhung des Pflegeminutenschlüssels, um mehr Zeit für die zu Pflegenden zu haben, eine Erhöhung der Tagsätze bzw. des Pflegegeldschlüssels, um diese Maßnahmen zu finanzieren und Personalreserven über dem absoluten Minimum, um reibungslose Vertretungen für Urlaube, Krankenstände usw. gewährleisten zu können. Ebenfalls enorm wichtig wäre eine verbindliche Dienstplangestaltung, denn das ständige kurzfristige Einspringen zehrt an den Nerven und sorgt für zusätzliche Belastung der Beschäftigten“, fordert Dietmar Königsecker, Vorsitzender in der Arbeitsgemeinschaft Pflege in der younion_Die Daseinsgewerkschaft wesentlich mehr Personal. Außerdem wird eine deutliche Erhöhung der von Sozialminister Rauch angekündigten Ausbildungsentschädigung von 600 Euro gefordert. „Vor allem junge Menschen müssen motiviert werden, sich für den Pflegeberuf zu entscheiden. Darum braucht es eine faire Bezahlung bereits in der Ausbildung analog zu der von PolizeischülerInnen und die Errichtung einer berufsbildenden höheren Schule (BHS) für Pflege in zumindest jedem Tiroler Bezirk." sagt Luxner.

Vizebürgermeister will Lehrberuf 

Wie die Bundesregierung am Vormittag angekündigt hat, soll 2023 ein siebenjähriger Modellversuch der Pflegelehre starten. Dieser Ball wurde heute von Vizebürgermeister Anzengruber aufgegriffen. „Wir haben immer gesagt, wenn die Pflegelehre kommt, stehen wir in Innsbruck als Modellregion zur Verfügung. Dieses Angebot steht immer noch. Wir stehen Gewehr bei Fuß und würden gerne dieses Pilotprojekt jetzt beim ISD umsetzen. Der ISD verfügt über eine breite Palette von Ausbildungsorten, von den mobilen Pflegediensten, über die Wohn- und Altenheime bis hin zu den Seniorenwohnungen. Die theoretischen Fachinhalte und allgemeinbildende Fächer können in den naheliegenden Berufsschulen oder beim Ausbildungszentrum West für Gesundheitsberufe – AZW vermittelt werden“, so Anzengruber. Wohlgemuth hält wenig von dieser Idee: "Jugendliche gehören nicht ans Pflegebett."

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