Help@Covid App
Mobile Hilfe für die Psyche

Direktorin Barbara Sperner-Unterweger (M.), Bernhard Holzner (l.) und Mátyas Gálffy präsentierten die erste Help@Covid-App Österreichs.  | Foto: David Bullock
  • Direktorin Barbara Sperner-Unterweger (M.), Bernhard Holzner (l.) und Mátyas Gálffy präsentierten die erste Help@Covid-App Österreichs.
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INNSBRUCK. Bereits im März 2020 entwickelte die Medizinische Universität ein Videoportal, um Menschen mit psychischen oder psychosomatischen Beschwerden zu unterstützen. Nun wurde das Hilfsangebot um eine mobile App erweitert.


Hilfe zur Selbsthilfe

Depressionen, Angststörungen und Long COVID: In Zeiten der Pandemie haben viele Menschen mit psychischen Belastungen zu kämpfen. Vor diesem Hintergrund begann die Universitätsklinik für Psychiatrie II an der Medizinischen Universität Innsbruck am Anfang des ersten Lockdowns damit, einfache Therapieanleitungen und selbstproduzierte Videos mit Informationen auf einer Website zur Verfügung zu stellen.

"Wir haben uns gedacht: Wenn die Menschen nicht zu uns kommen können, dann kommen wir eben zu ihnen"

, erklärt Mátyás Gálffy, Assistenzarzt an der Univ.-Klinik für Psychiatrie II und Mitbegründer des Projekts, den Hintergrund der Online-Interventionsplattform. Seit Frühjahr 2020 wurde die Website über 400.000 mal aufgerufen, angesichts der momentan hohen Infektionszahlen hat die Plattform mit konstant 70 bis 100 Zugriffen pro Tag seitdem nichts an Relevanz und Aktualität eingebüßt. "Wir Menschen können mit akuten Krisen gut umgehen, wenn sich Belastungen aber über eine so lange Zeit hinziehen, kommen viele an ihre Grenzen.", so Barbara Sperner-Unterweger, Direktorin der Univ.-Klinik für Psychiatrie II. Das Portal soll all jenen, die infolge einer SARS-Cov2-Infektion mit Long COVID konfrontiert sind oder aufgrund der komplexen Situation psychosozialen Stress erleben, rasche und vor allem niederschwellige Hilfe zur Selbsthilfe bieten. Laut Datenanalysen nehmen insbesondere Frauen unter 35 Jahren und ohne psychische Vorerkrankungen das Hilfsangebot an. "Wir leisten damit einen Beitrag im Sinne der Aufklärung und Prävention von psychischen Störungen und Krankheiten.", erklärt Sperner-Unterweger. Dies sei besonders aufgrund des Mangels an leistbaren Therapieplätzen in Tirol und Österreich wichtig.

App ersetzt keine Diagnose

Nicht zuletzt, weil rund 75 Prozent der Website-Aufrufe mobil waren, ist nun an die mobile App Help@Covid in den Stores von Apple und Google verfügbar. Diese ist die erste in Österreich, die spezifisch auf die Unterstützung von psychisch kranken und belasteten Menschen in der Pandemie ausgerichtet ist. Neben einer Reihe von psychoedukativen Videos zu Themen wie "Ängste und Sorgen", "Tagesstruktur" oder "Fehler und Schuld" bietet die App verschiedene Tools, anhand derer Nutzerinnen und Nutzer ihren Zustand selbst einschätzen und den Verlauf ihrer Belastung beobachten können. Zudem ist es möglich, freiwillig Selbstevaluationen zu den Symptomen auszufüllen. Im Anschluss erhält man eine automatisierte Rückmeldung, die dabei hilft, sich selbst einzuschätzen: Wo stehe ich? Wie entwickle ich mich? Brauche ich therapeutische Hilfe? Neu ist, dass man die Auswertung der Fragebögen speichern kann und somit einen Überblick über den Verlauf der Belastung erhält. „In Kliniken und im niedergelassenen Bereich können PatientInnen die Ergebnisse ihrer Fragebögenevaluierungen einbringen und bei Bedarf besprechen. Dadurch können Medizinerinnen und Mediziner oder Therapeutinnen und Therapeuten gezielter auf den individuellen Krankheitsverlauf eingehen und gegebenenfalls Risikofaktoren früher erkennen“, erläutert Gálffy. Wichtig sei jedoch zu betonen, dass die App keine Diagnose ersetzt. Ergibt die Auswertung der Fragen jedoch, dass die Nutzerin oder der Nutzer sich selbst oder anderen schaden könnte, stellt die App konkrete Hilfsangebote und Kontaktadressen zur Verfügung. „Wir denken auch daran, das Angebot künftig für weitere Störungsbilder auszubauen, auch eine telemedizinische Sprechstunde wäre möglich“, stellt Sperner-Unterweger in Aussicht. Finanziert wurde die App zu 80 Prozent durch eine Förderung des Austria Wirtschaftsservice (AWS), die übrigen 20 Prozent wurden von der Medizinischen Universität zur Verfügung gestellt. In Zukunft soll der Fokus auf die Langzeitbegleitung und die Reduktion von Langzeitfolgen gelegt werden.

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