Totaler Umbau

Revolution beim Stadtmarketing

INNSBRUCK. Es ist eine durchaus spannende Lektüre, die sich die Verantwortlichen der Stadtmarketing GmbH zu Gemüte führen dürfen. Immerhin werden in der Aufsichtsratssitzung und der Gesellschafterversammlung wichtige Entscheidungen getroffen. Revolutionäre Entscheidungen, die nicht nur auf Zuspruch und vor allem auf Unverständnis treffen.

Revolution
"Wir bekennen uns zum Stadtmarketing und wollen es mit klaren Zielen und Maßnahmen neu aufstellen. Das Stadtmarketing soll auch einen Fokus auf die Stadtteile zusätzlich zur Innenstadt legen." Das steht im nicht mehr gültigen Koalitionspapier der ehemaligen Regierung aus Grüne, Für Innsbruck, ÖVP und SPÖ. Stattdessen gibt es: Auflösung, Entlassung, Neubesetzung, Neuausrichtung. In den bevorstehenden Sitzungen gibt es weitreichende Vorhaben, die im Strategiepapier festgelegt sind. Der bisherige (freiwillige) Aufsichtsrat wird aufgelöst, die Geschäftsführerposition soll neu besetzt werden.

Fakten

Innsbruck Marketing GmbH, Gesellschafter:
Wirtschaftskammer Tirol, Anteil: 14,00%
Tourismusverband Innsbruck und seine Feriendörfer, Anteil: 24,00%
Stadtgemeinde Innsbruck, Anteil: 49,00%
Verein "Innsbrucker Zentrumsverein", Anteil: 13,00%
Die wichtigsten Eckdaten aus dem Beteiligungsbericht 2020:
Gegenstand des Unternehmens ist die Promotion des Standortes Innsbruck durch Projekte und Events. Stadtmarketing ist eine Querschnittsaufgabe, im Prinzip können folgende Handlungsfelder definiert werden: Tourismusmarketing, Standortmarketing, Verwaltungsmarketing und Eventmarketing. Politische/r ReferentIn: Bgm. Georg Willi. Tätigkeiten: Hüter der Marke Innsbruck, Standortmarketing und Events als Image- und Frequenzgenerierung. Strategische Überlegungen: Die Innsbruck Marketing GmbH möchte langfristig von der "Leistungserstellung" zur "Leistungskommunikation". Besondere Ereignisse: Es erfolgte eine Übersiedelung der Gesellschaft in der Colingasse 5a. Durch die Zusammenarbeit mit den städtischen Dienststellen, insbesondere mit der Geschäftsstelle für Kommunikation und Medien, werden hier langfristig Synergien im Kommunikationsbereich angestrebt. Darüber hinaus soll die Colingasse 5a als zentrale Kommunikations- und Themenplattform in der Stadt Innsbruck fungieren. Finanzierung: Den Hauptanteil finanziert die Stadt Innsbruck, weitere Zuschüsse erfolgen vom Innsbruck Tourismus, Wirtschaftskammer Tirol und den beiden Kaufleutevereinigungen. Darüber hinaus unterstützen noch private Sponsoren anlassbezogen Projekte und Veranstaltungen der Innsbruck Marketing GmbH. 2019 lag der Betriebsaufwand bei rund 1,5 Millionen Euro, die Betriebsleistungbei 667.000 Euro. Interessantes Detail: Das Stadtmarketing Hall hat mehr Mitarbeiter als das Stadtmarketing Innsbruck. Die Mitglieder des Aufsichtsrat: Franz Jirka (Vorsitzender), WK Tirol; Therese Fiegl (Stellv.), Stadt Innsbruck; Karl Gostner, Tourismusverband; Peter Paul Bloder, Verein IAI (Innsbrucker Zentrumsverein);

Dauerthema

Das Innsbrucker Stadtmarketing steht seit Jahren im politischen Mittelpunkt. Eigentlich als einer der wichtigsten Kompetenzzentren und Stakeholder der Stadt, scheitert diese Positionierung nicht an fehlenden Ideen der Geschäftsführung oder dem vollen Einsatz des kleinen Teams. Vielmehr sind die Rahmenbedinungen, trotz zahlreiche Konzepte, nicht ausreichend von der Politik geschaffen. "Die 37. Auflage eines Neubeginns für das Stadtmarketing", meint ein Insider: "wobei die Tinte des alten Konzepts noch nicht einmal getrocknet ist." Irritiert ist man auch bei den politischen Mitbewerbern. Der für Tourismus zuständige Vizebürgermeister Johannes Anzengruber fordert vor allem eine transparente Diskussion über das Stadtmarketing. "Wir befinden uns in einer sehr schwierigen Phase, die durch Corona geprägt ist. Das Stadtmarketing hat wichtige Aufgaben und darf nicht durch überfallartige Konzeptionen "kopflos" gemacht werden." Anzengruber nennt als Beispiele neben den Städtetourismus auch die Vorbereitungen für die Innsbrucker Bergweihnacht oder den Megaevent Bergsilvester. Vizebgm. Markus Lassenberger zeigt sich von der Planung überrascht: "Nach der ersten Stadtsenatspräsentation mit Überlegungen der Stadtmarketingzukunft wurden weitere Gespräche vereinbart, dass es jetzt schon wieder einen Alleingang gibt, ist unverständlich und unverantwortlich." Lassenberger ortet bei Bürgermeister Willi einen neuerlichen Versuch, grüne Personalpolitik und Strukturänderungen unter der Devise "koste es was wolle" umzusetzen. "Einmal mehr gibt es einen unverantwortlichen Alleingang, der wieder im totalen Chaos enden wird."

Schleudersitz

"Alle bisherigen Geschäftsführer des Innsbrucker Stadtmarketings saßen auf dem Schleudersitz. Auch der jetzigen Geschäftsführerin, Sigrid Resch, geht es nicht anders und auch sie scheint ein Opfer der ewigen Diskussionen rund um das Stadtmarketing zu werden." Das schrieb die Stadtblatt-Redaktion im Feber 2010.  Im Jänner 2021 meinte Bernhard Vettorazzi auf die Frage (Was kann man als Leiter des Innsbruck Marketings einer politischen Beeinflussung durch die Struktur der Gesellschafter – WK, TVB, IG Altstadt, etc – entgegensetzen oder gar vermeiden): "Es ist ein legitimes Interesse der Eigentümer der Gesellschafter, ihre Vorstellungen im Innsbruck Marketing verwirklicht zu sehen. Meine Aufgabe ist es, hier einen Konsens zu finden, gleichzeitig aber die Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Die Marke Innsbruck fungiert dabei als die Leitidee für die Stadt. Politische Einflussnahmen wird sachorientiertes Agieren entgegengehalten. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass gute Projekte und Veranstaltungen einen breiten Konsens finden und dementsprechend auch unterstützt werden." Im April betont Bürgermeister Georg Willi den erfolgreichen Beschluss eines Budgets von 1.060.000 Euro für die Stärkung und Neuausrichtung des Stadtmarketings.

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