"Rasergesetz" Umfrage
Viele Emotionen und die Frage der Enteignung

Maßnahmen gegen "Raser" sollen verschärft werden, die Beschlagnahmung der Fahrzeuge ist aber umstritten. | Foto: BezirksBlätter Innsbruck
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  • Maßnahmen gegen "Raser" sollen verschärft werden, die Beschlagnahmung der Fahrzeuge ist aber umstritten.
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Ob am Stammtisch, in der Autowerkstatt oder in Rechtsanwaltskanzleien. Das Thema Bestrafung von Verkehrssündern ist wieder Tagesgespräch. Einigkeit herrscht bei einem strengen Vorgehen gegenüber die jeweiligen Täter. Die geplante Beschlagnahme von Autos bei zu hohen Geschwindigkeitsüberschreitungen sorgt für Emotionen. "Rechtlich nicht haltbar", fehlende Verhältnismäßigkeit und Enteignung sind die Stichwörter der Kritik.

INNSBRUCK. 2021 wurden die Maßnahmen gegen extremes Rasen verschärft. Notorische Schnellfahrer, Teilnehmer von illegalen Autorennen und auch ausländische Autourlauber, die zu sehr gegen Tempolimits verstoßen, müssen mit hohen Bußgeldern rechnen. Eine weitere Verschärfung der Gesetzeslage befindet sich aktuell in Begutachtung: In besonders gefährlichen Fällen könnten die Fahrzeuge beschlagnahmt werden, etwa bei einer sehr hohen Geschwindigkeitsüberschreitung von 60 km/h innerorts oder 70 km/h außerorts. Ebenso bei mehrfach wiederholtem Rasen, Fahren nach Abnahme des Führerscheins wegen Rasens oder auch Rasen ohne Führerschein. Wird die erlaubte Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 80 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 90 km/h überschritten, kann die Behörde ein Verfallsverfahren gemäß Verwaltungsstrafgesetz auch schon beim ersten Mal einleiten.

Halten Sie die Beschlagnahmung und Versteigerung des Fahrzeuges für ein geeignetes Mittel?

Strafenkatalog

Wer 30 Stundenkilometer zu schnell fährt, muss seit 2021 mindestens 150 statt 70 Euro zahlen. Die Strafe steigt dann mit überhöhtem Tempo immer weiter auf bis zu 5000 Euro an. Die maximale Geldbuße ist in der Regel aber nur bei sehr schweren Fällen und bei Wiederholungstätern zu befürchten. Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen von mehr als 40 km/h innerorts und mehr als 50 km/h außerorts beträgt die Führerschein-Mindestentzugsdauer seit 2021 vier Wochen. Auch der Straftatbestand "illegale Wettrennen" wurde eingeführt: Wer an solchen Rennen teilnimmt, muss mit dem Entzug des Führerscheins von mindestens sechs Monaten rechnen. Anschließend folgen verkehrspsychologische Überprüfungen. Im Extremfall soll Rasern hier das Auto weggenommen werden können.

Sind Sie für ein strengeres Vorgehen gegen Autoraser?

Dauerthema

Das Thema Geschwindigkeitsüberschreitungen ist im Sachen Verkehrsverstöße ein Dauerthema, wobei es ein doch recht große Vielfalt an falschen Verhalten von Verkehrsteilnehmerinnen und Teilnehmern gibt. Ob Missachtung einer roten Ampel, Nutzung des Handys ohne Freisprecheinrichtung oder alkoholisiertes Lenken eines Fahrzeuges. In Innsbruck wird seit Jahren mit verschiedenen Maßnahmen die Einhaltung der Geschwindigkeit kontrolliert und überwacht. 

Die „Top-Fünf“ mit den meisten Geschwindigkeitsüberschreitungen zwischen Frühjahr 2017 und Jahresende 2021 waren: Die Brennerstraße mit 21,7 Prozent, der Schusterbergweg mit 17,4 Prozent, die Josef-Wilberger-Straße mit 13, 9 Prozent sowie die Höhenstraße und die Siebererstraße mit jeweils 13,7 Prozent.

Im November 2021 fuhr ein Pkw-Lenker anstelle der erlaubten 60 km/h 147 km/h im Baustellenbereich auf der A12 bei Wörgl. Dem Mann wurde der Führerschein entzogen. Im August 2021 wurde auf der B 197 Arlbergpassstraße ein Motorradlenker im Bereich einer 60 km/h Beschränkung mit einer Geschwindigkeit von 141 km/h gemessen. Im Juni 2017 wurden in Innsbruck drei Raser aus dem Verkehr gezogen. Interessantes und kurioses Details am Rande: Die Tiroler Polizei hat im Jahr 2021 insgesamt 532.666 Fahrzeuglenker/-innen wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit beanstandet. Davon entfielen 506.357 Delikte auf Radar- bzw. Lasermessungen (stationär und mobil) und 26.309 Übertretungen auf Zivilstreifeneinsätze. Angemerkt werden muss, dass auch Einsatzfahrzeuge (z. B. Feuerwehr, Polizei, Rettung etc.) gemessen und zur Anzeige gebracht und daher auch anzeigenmäßig erfasst wurden. 

Aus dem Archiv: Zusammenarbeit bei der Geschwindigkeitsüberwachung. BezirksBlätter Artikel

Verfassungswidrig

Verkehrsministerin Leonore Gewessler rechnet laut Medienberichten mit 400 bis 450 Beschlagnahmungen im Jahr. Das Fahrzeug soll dann versteigert werden. Vom Erlös gehen 70 Prozent an den Verkehrssicherheitsfonds und der Rest an die jeweilige Gebietskörperschaft.

"Wer kein Auto mehr hat, kann nicht mehr rasen", erklärt die Ministerin.

 Der ÖAMTC sieht einen Zugriff auf fremdes Eigentum "klar verfassungswidrig". Martin Hoffer, Leiter der Rechtsdienste, weiter:

"Wir glauben, dass eine grundlegende Überarbeitung notwendig werden wird, denn eine Verwaltungsbehörde wird diese neuen Vorgaben (...) nur schwer umsetzen können."

In den sozialen Medien wird das Thema kontrovers diskutiert. Kritische Stimmen verwiesen auf das Problem der Beschlagnahmung von Miet- oder Leasingfahrzeugen:

"Da ein großer Teil der Autos nicht im Eigentum der betroffenen Autolenker ist (Mietwagen, Leasing, dgl.), ist die Handhabung der Grünen Idee sehr problematisch! Ebenso die Unverhältnismässigkeitkeit der Strafe, wenn man die unterschiedlichen Fahrzeugwerte in Betracht zieht." 

Die Details

  • Wird mit technischen Hilfsmitteln festgestellt, dass der Lenker die erlaubte Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 60 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 70 km/h überschritten hat, haben die Straßenaufsichtsorgane das Fahrzeug vorläufig zu beschlagnahmen.
  • Die Behörde hat binnen zwei Wochen zu entscheiden, ob eine weitere Beschlagnahme zur Sicherung des Verfallsverfahrens erforderlich ist, wenn dem Lenker innerhalb der letzten vier Jahre die Lenkberechtigung wegen einer der in § 7 Absatz 3 Z 3 oder 4 Führerscheingesetz (FSG) genannten Übertretungen entzogen worden ist, oder der Lenker die erlaubte Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 80 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 90 km/h überschritten hat.
  • Der Verfall eines beschlagnahmten Fahrzeugs gemäß § 17 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) wird zusätzlich zu einer Geldstrafe vorgesehen, wenn das geboten erscheint, um den Täter von weiteren gleichartigen Übertretungen abzuhalten. Das Fahrzeug wird in diesem Fall entschädigungslos verwertet.

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