Betteln ist Menschenrecht

Viele Verantwortliche sehen beim Betteln vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr...
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Gedanken zu beabsichtigten Bettelverboten

Die Bilder von den betroffenen Opfern der Unwetter im Sellraintal und im Paznaun bewegen. Sie bewegen Menschen von nah und fern zu helfen. Sie bewegen zu Geld- und Sachspenden. Sie bewegen die Politiker zu schnellem Lokalaugenschein und schneller finanzieller Hilfe. Gut so!
Die alte Frau, mit ihren zahllosen Plastiksackerln, die in den Mistkübeln der Innenstadtt etwas Essbares sucht, bewegt vielen den Kopf – zum Wegschauen, zum Schütteln – hoffentlich manchen zum Zerbrechen.
Das sind unterschiedliche Bewegungen. Beim Kopfzerbrechen über die verschiedenen Erscheinungsformen der Armut und die Anfrage an Passanten wird in den touristischen Zentren länger schon über ein Verbot – ein Bettelverbot – debattiert.
In unserer Gesellschaft gibt es gar nicht wenige, die ihre Grundbedürfnisse nicht so leicht befriedigen können. Ein Blick auf die entstandenen Sozialmärkte für die vielen benachteiligten Menschen genügt. Armut ist ein Stück Realität, auch bei uns. Wer möchte schon daran erinnert werden, dass es Menschen gibt, die das Notwendigste zum Leben nicht haben.
Gern verweist man auf das Sozialamt, das für viele dieser Menschen sich als nicht zuständig erweist.
Manches Schicksal ist, wie durch ein Unwetter – über Nacht –, an den Bettelstab geraten. Wer aufmerksam hinhört, wird Stolpern und Absturz, Leid, Sucht und große Vereinsamung und Leid bei vielen dieser „Bettler“ entdecken. Lassen wir nicht zu, dass sich ein populistisches „Aus-der-Verantwortung- Stehlen“ bei den Stadtpolitikern durchsetzt!
Im touristischen Zentrum will man für "Recht und Ordnung" sorgen. Dort, wo der Rubel rollt, soll Ruhe herrschen – zumal in der Saison und beim Christkindlmarkt… Wohin sich diese Personengruppen in ihrer "Verdrängung" begeben werden, was wirklich mit ihnen passiert, scheint den Betreibern der Vorbotsanordnungen egal. Probleme verlagern ist die Devise. Aber eine „Geiz ist geil“ Gesellschaft ruiniert die Grundlagen unseres menschlichen Zusammenlebens. Wir können menschlich handeln. Wir müssen allerdings die Frage nach Gerechtigkeit neu buchstabieren. Die Schere zwischen Armut und Reichtum muss kleiner werden, nicht größer. Und es wäre ein Zeichen der Unmenschlichkeit, wenn die Stadtpolitik diese Schere, die von ihr mit bedient wird, zum Schnitt zwischen Armen und Reichen einsetzen würde. Bischof Manfred hat es in seinem Oster-Interview mit der Tiroler Tageszeitung auf den Punkt gebracht: „Menschen dürfen betteln. Es ist ein Menschenrecht. Bettelnde Menschen „stören“, weil sie Armut sichtbar werden lassen, die in unserer Gesellschaft sonst verdeckt bleibt. Sie halten uns und der Gesellschaft einen Spiegel vor, der manchmal unangenehm ist. Wenn ich in dem anderen die Person entdecken kann, dann ist er für mich nicht nur ein „Fall von Bedürftigkeit“, sondern ein Mensch.“ Viele haben sich in diesen Tagen von den Bildern der Verwüstung, des Verlustes und menschlichen Leids in unserem Land bewegen lassen - in die richtige Richtung. Warum sollte das im Blick auf die Bettler im Zentrum unserer Städte nicht möglich sein?

Viele Verantwortliche sehen beim Betteln vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr...
„Menschen dürfen betteln. Es ist ein Menschenrecht. Wenn ich in dem anderen die Person entdecken kann, dann ist er für mich nicht nur ein „Fall von Bedürftigkeit“, sondern ein Mensch.“ Bischof Manfred | Foto: Diözese Innsbruck
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