Polit-Ticker
Mahnliste existiert immer noch, neuer Vorsitz für Gestaltungsbeirat

Das Radfahrverbot auf dem Emile-Béthouart-Steg wird nicht umgesetzt. | Foto: IKM
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  • Das Radfahrverbot auf dem Emile-Béthouart-Steg wird nicht umgesetzt.
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Sozialstadtrat Hannes Anzengruber wird Versagen vorgeworfen. Die Mahnliste, nach der  Kinder aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten ihrer Eltern aus der Nachmittagsbetreuung an den Pflichtschulen ausgeschlossen werden, exisitiert immer noch. Ein Radunfall am Emile-Bethourat Steg wird verpolitisiert. Das Fehlen von Compliance-Regeln ist eine Lücke im politischen System. Der Innsbrucker Gestaltungsbeirat hat einen neuen Vorsitzenden.

INNSBRUCK. Im Dezember 2022 stellten die NEOS im Gemeinderat den Antrag zur Abschaffung der Mahnliste, um die Chancengerechtigkeit für die Innsbrucker Pflichtschulkinder zu erreichen, die aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten ihrer Eltern aus der Nachmittagsbetreuung an den Pflichtschulen ausgeschlossen werden. „In dieser Sitzung zeigte der Gemeinderat ein einstimmiges Bemühen, diesen untragbaren Umstand zulasten von Schulkindern zu beheben. Christine Oppitz-Plörer stellte einen Ergänzungsantrag für einen Hilfsfonds in Höhe von 150.000 Euro zur Sicherstellung einer durchgehenden Versorgung von Kindern. Beide Anträge wurden dem Stadtsenat zur Erledigung zugewiesen und Bürgermeister Willi wies am folgenden Tag schriftlich an, dass alsbald Lösungen gefunden werden müssen, damit kein wegen Zahlungsschwierigkeiten aus der Nachmittagsbetreuung mehr ausgeschlossen wird“, erinnert sich GR Dagmar Klingler-Newesely.

Komplettes Versagen

Passiert ist in den neun folgenden Monaten nichts. Die Realität zeigt immer noch ein tristes Bild in den Schulen. „Es gibt diese unseligen Mahnlisten immer noch, von einem Hilfsfonds ist nichts zu spüren und unverändert schließt die Stadt zum Schulbeginn 2023/24 in etlichen Innsbrucker Pflichtschulen Kinder via Mahnliste aus der Betreuung aus. Sozialstadtrat Johannes Anzengruber hat hier komplett versagt!“, gibt Klingler-Newesely ihren Unmut kund und führt weiter aus: „Geradezu absurd ist, dass im beginnenden Schuljahr für diese Kinder aufgrund der neuen Tarifstaffelung ermäßigte, leistbare Tarife für die Betreuung gelten würden, sie aber wegen der Hürde der Mahnliste bereits vorher schon davon ausgeschlossen werden und gar nicht in den Nutzen der Tarifstaffelung gelangen können. Die Stadt schließt damit quasi Kinder und Familien von ihrer eigenen sozialen Unterstützung aus!“

Dringende Hilfe

Betroffen sind Kinder, die die Förderung in der Nachmittagsbetreuung und das Mittagessen besonders brauchen, um ihre Schulabschlüsse machen und ein regelmäßiges Leben führen zu können. Aber auch Eltern, die auf die Kinderbetreuung angewiesen sind, um ihrer Berufstätigkeit nachgehen zu können, sind betroffen. Ausgeschlossen wurden auch Kinder, die laut Bescheid des Pflegschaftsgerichts zum Besuch der Nachmittagsbetreuung verpflichtet sind. „Besonders erschreckend ist für mich, dass die vorliegenden Notstände etlicher betroffener Familien der Stadt Innsbruck bereits längst bekannt sind und die vorgeschlagene Unterstützung mit Ratenzahlungen sich nach wie vor als unzulänglich erweist“, sagt Klingler-Newesely. „Unter diesen Umständen ist es aus meiner Sicht alternativlos und die einzige soziale Möglichkeit, die offenen Rechnungen mittels des beantragten Härtefallfonds zu begleichen und den Kindern den Zugang zur Nachmittagsbetreuung sofort zu ermöglichen. Darüber habe ich die Mitglieder des Stadtsenats heute informiert. Da das Schuljahr bereits begonnen hat, ist dringende Eile geboten. Die betroffenen Kinder brauchen dringend Hilfe!“, schließt Klingler-Newesely.

Aktuelles aus der Stadtpolitik finden Sie im Polit-Ticker der BezirksBlätter Innsbruck

Radunfall 

Am 12.09.2023 gegen 17:29 Uhr fuhr ein 70-jähriger Österreicher mit seinem Fahrrad in Innsbruck auf dem Rennweg am „Emile-Bethourat Steg“ in südliche Richtung, als es beim Vorbeifahren an einer Personengruppe zu einer Berührung mit einer unbekannten männlichen Person kam, teilt die Polizeidirektion in einer Aussendung mit. Dadurch kam der 70-Jährige nach rechts und stieß mit dem Fahrradlenker gegen das dortige Brückengeländer, wodurch er zu Sturz kam und sich leicht verletzte. Die bislang unbekannte männliche Person verblieb offensichtlich bis zum Eintreffen der Rettung vor Ort, verließ aber dann ohne die Personalien zu hinterlassen die Örtlichkeit. Die unbekannte männliche Person sowie allfällige Zeugen des Unfalles werden ersucht, sich mit der Verkehrsinspektion Innsbruck unter der TelNr.: 059133/7591 in Verbindung zu setzen.

Politreaktionen

" Nachdem Bürgermeister Georg Willi den Gemeinderatsbeschluss über ein Radfahrverbot nicht umgesetzt hat, trägt er auch mutmaßlich Mitschuld beim Unfall am Emile-Béthouar-Steg!“, meint GR Gerald Depaoli in einer Aussendung. „Auch wenn der Unfall noch relativ glimpflich ausgegangen sein mag, was muss eigentlich noch passieren, damit Bürgermeister Georg Willi endlich seine ideologische Brille abnimmt, und erkennt, dass der Emile-Béthouar-Steg für Fußgänger gefährlich ist? Muss erst ein Kind überfahren werden, oder ein älterer Mensch auf seinem Heimweg ins anliegende Altenwohnheim?“, will Gemeinderat Gerald Depaoli von Bürgermeister Georg Willi wissen? „Ich fordere daher Bürgermeister Georg Willi mit Nachdruck auf - noch heute den Gemeinderatsbeschluss für ein Fahrverbot für Fahrräder am Emile-Béthouar-Steg umzusetzen. Egal, ob als Bürgermeister oder als ausführendes Organ der Bezirksverwaltungsbehörde!“, so Gemeinderat Gerald Depaoli, welcher mitteilt, dass die angekündigte Aufsichtsbeschwerde aufgrund Georg Willis Nichtumsetzung des gegenständlichen Gemeinderatsbeschlusses noch diese Woche bei der Gemeindeaufsicht eingebracht wird.

Sicherheitsbedenken

„Dieser bedauerliche Vorfall verdeutlicht, dass die gemeinsame Nutzung dieses schmalen Stegs durch Radfahrer und Fußgänger möglicherweise doch nicht so sicher ist, wie von den Grünen stets behauptet wird. Unsere im Juli aufgezeigten Sicherheitsbedenken sind -wie sich jetzt zeigt- absolut berechtigt. Es wäre vernünftig, die Situation an diesem neuralgischen Übergang zu verbessern, indem Fußgänger und Radfahrer voneinander getrennt werden, wie es eine Mehrheit im Juli-Gemeinderat vorgeschlagen und beschlossen hätte. Es ist jetzt zu hoffen, dass dieser Unfall Bürgermeister Georg Willi und Verkehrsstadträtin Uschi Schwarzl dazu bringt, ihre starre Position zu überdenken und ihre ablehnende Haltung zum Radfahrverbot aufzugeben“, so bewertet die Obfrau des Innsbrucker Verkehrsausschusses, GR Mariella Lutz, den jüngsten Vorfall beim Emile-Bethourat Steg.

Ethische Maßstäbe

Dass es für Politikerinnen und Politiker in Innsbruck keine verbindlichen Compliance-Regeln gibt, ist für den Klub Lebenswertes Innsbruck eine Lücke im System, die schnellstens geschlossen gehört. Österreichweit gibt es zumindest mit Linz eine Stadt, die 2022 einen Verhaltenskodex für die Mitglieder des Stadtsenats und des Gemeinderats beschlossen hat. Gleiches gilt für den oberösterreichischen Landtag und seine Abgeordneten. Der unter der schwarz-blauen Regierung erarbeitete Kodex umfasst 80 Seiten. Anlass dafür war eine Empfehlung der Staatengruppe gegen Korruption des Europarats (GRECO). Diese wurde bereits 1999, vor fast 25 Jahren (!) mit dem Ziel gegründet, die Korruption auf politischer Ebene zu bekämpfen und hat derzeit 49 Mitglieder, unter anderem auch Österreich, das 2006 beigetreten ist. Des Weiteren gibt es seit 2019 einen Verhaltenskodex für die Mitglieder des Europäischen Parlaments, in dem die Annahme von Geschenken oder Vergünstigungen in einem Wert über 150 EUR untersagt ist (Art. 5/1). „Schon lange vor der Causa Anzengruber wäre es spätestens Aufgabe eines Grünen Bürgermeisters gewesen, solche Regeln für den Gemeinderat vorzuschlagen. Transparenz war und ist immerhin seit Jahrzehnten eines der wichtigsten politischen Themen der Grünen, auch in Innsbruck. Außerdem gelten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Magistrat bereits strenge Regeln. Und die Grünen betiteln sich selbst immer als Europapartei, die mit ihren Parlamentsmitgliedern in ständigem Austausch steht. Zusätzlich sind die Mitglieder des Europäischen Parlaments auch regelmäßig im Innsbrucker Gemeinderat zu Gast “, sagt GR Renate Krammer-Stark.

Weitere Maßstäbe

Darüber hinaus hätte es laut Lebenswertes Innsbruck für Vizebürgermeister Anzengruber selbst auch noch andere Maßstäbe für sein politisches Handeln bezüglich der Erlebniscards-Geschenke im Wert von mehreren Hunderttausend Euro gegeben. „Wenn ein:e Stadträt:in 3000 EUR zwar ohne Beschluss vergeben darf, die Vergabe aber in einer Liste dokumentiert werden muss, und jeder andere Betrag im Stadtsenat oder im Gemeinderat zu beschließen ist, dann hätten bereits diese Summen ein Maßstab für Anzengruber sein können bzw. müssen“, erklärt GR Thomas Lechleitner an.

Der Gestaltungsbeirat tagte am 11. und 12. September im Innsbrucker Rathaus. Im Bild die Architektinnen und Architekten (v.l.) Josef Fink, Kornelia Gysel, Marie-Theres Okresek und Bernd Vlay. | Foto: IKM
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Innsbrucker Gestaltungsbeirat

Seit dem Jahr 2013 beurteilt der Innsbrucker Gestaltungsbeirat (IGB) Projekte, Konzepte und Entwicklungen im Stadtgebiet hinsichtlich ihrer Qualität in den Bereichen Architektur, Stadtgestaltung, Städtebau und Stadtentwicklung. Ziel ist es, gemeinsam mit allen Beteiligten – in der Planung, beim Bau sowie mit den NutzerInnen oder BewohnerInnen – Baukultur in der Stadt Innsbruck weiter zu fördern. In seiner jüngsten zweitägigen Sitzung wählte das Gremium einen neuen Vorsitz. Nachdem Architekt Andreas Cukrowicz auf eigenen Wunsch seine Funktion als Mitglied des IGB zurückgelegt hat, wurde der Bregenzer Architekt Josef Fink als neues Mitglied bestellt. Zum neuen Vorsitzenden wurde der Wiener Architekt Bernd Vlay gewählt. „Bernd Vlay verfügt über langjährige Erfahrung und wertvolle fachliche Expertise als praktizierender Architekt, als Mitglied in Architekturbeiräten und -jurys. Ich gratuliere dem neuen Vorsitzenden zur Wahl und möchte mich bei allen Beteiligten für das bisherige Engagement bedanken“, zeigt sich Bürgermeister Georg Willi erfreut.

Lebensqualität im Fokus

Der Gestaltungsbeirat ist ein Team von Expertinnen und Experten mit besonderen Kenntnissen auf den Gebieten der Architektur, des Städtebaus und der Landschaftsplanung. Er wird konsultiert, wenn das Bauvolumen 5.000 Kubikmeter überschreitet oder städtebaulich relevante Projekte zu bewerten sind. Als unabhängiges Sachverständigengremium unterstützt und berät er die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger sowie die stadtplanerischen Verantwortlichen. Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Baukultur und deren ganzheitliche Bedeutung für eine Stadt, räumliche und gestalterische Qualitäten von Stadträumen und Gebäuden für ein wertiges und gelingendes Zusammenleben als Stadtgesellschaft, die Entwicklung des gemeinsamen Lebensraumes und die damit verbundene Lebensqualität. Die Funktionsdauer der Mitglieder und Ersatzmitglieder des IGBs beträgt mindestens zwei und höchstens fünf Jahre.

Aktuelle Zusammensetzung

Der Innsbrucker Gestaltungsbeirat besteht aktuell aus folgenden Mitgliedern:
· Vorsitz: Arch. Dipl. Ing. Bernd Vlay (Architekt, Wien)
· Stellvertretung: Dipl. Ing. (univ.) Marie-Theres Okresek (Landschaftsplanerin, Wien)
Dipl. Arch. Kornelia Gysel (Architektin, Zürich)
Arch. DI Josef Fink (Architekt, Bregenz)

Ersatzmitglieder:
Dipl.-Ing. Heike Langenbach (Landschaftsplanerin, Wien)
Dipl. Arch. Daniele Marques (Architekt, Luzern)
Dipl. Arch. Dieter Jüngling (Architekt, Chur)
Arch. Mag.arch Andreas Cukrowicz (Architekt, Bregenz)

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