Stadtpolitik
Neue Gesprächsrunden füllen politischen Terminkalender

Gemeinderat, Ausschüsse, Stadtsenat, Koordinationsgruppe und ein neues Format sorgen für einen vollen Terminkalender. | Foto: zeitungsfoto.at
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INNSBRUCK. In Sachen Stadtpolitik soll ein weiteres Mitbestimmungs-Format für die Parteien eingerichtet werden. Neben den bekannten Gremien wie Gemeinderat, Stadtsenat und gemeinderätlichen Ausschüssen gibt es in Innsbruck bereits eine Koordinationsgruppe, diese tagt in der Regel wöchentlich und besteht aus allen Stadtsenatsmitgliedern sowie den Klubobleuten des Innsbrucker Gemeinderates. Bürgermeister Georg Willi lädt jetzt zu einem neuen Format, ähnlich der Gespräche zum von ihm initiierten Corona-Wirtschaftspaket, ein.

Stadtrecht

Die in Innsbruck entscheidenden politische Gremien sind im Stadtrecht aufgezählt. Monatlich tagt der 40-köpfige Gemeinderat, wöchentlich der siebenköpfige Stadtsenat (Zwei Mitglieder Grüne, je ein Mitglied ÖVP, Für Innsbruck, SPÖ und zwei Mitglieder FPÖ). Dazu gibt es noch dreizehn gemeinderätliche Ausschüsse (Rechts-, Ordnungs- und Unvereinbarkeitsausschuss; Ausschuss für Finanzen, Subventionen und Beteiligungen; Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft und Tourismus; Kontrollausschuss; Personalausschuss; Ausschuss für Stadtentwicklung, Wohnbau und Projekte; Ausschuss für Soziales und Wohnungsvergabe; Ausschuss für Bildung, Gesellschaft und Diversität; Kulturausschuss; Ausschuss für Sport und Gesundheit; Ausschuss für Umwelt, Energie und Mobilität; Stadtteilausschuss Igls sowie Stadtteilausschuss Vill). Nach dem Ende der Koalition nach dem letzten Gemeinderat gibt es eine Kooperationsrunde und nun einen neuen Vorschlag von Bürgermeister Georg Willi.

Konstruktive Kräfte

Die politischen Rahmenbedingungen haben sich geändert, unverändert bleiben die Herausforderungen, die es im Zusammenhang mit der Covid-Pandemie und die Klimakrise zu meistern gilt. Bürgermeister Georg Willi lädt daher alle Gemeinderatsfraktionen ein, für die Zukunft der Stadt zu arbeiten. Um zeitgemäße Vorschläge auch so schnell und gleichzeitig nachhaltig wie möglich umsetzten zu können, lädt das Stadtoberhaupt zu einem neuen Format – ähnlich der Gespräche zum von ihm initiierten Corona-Wirtschaftspaket ein: „Das Format der Wirtschaftsgespräche hat sich bewährt. In diesem Setting – hoffentlich bald auch persönlich und nicht nur per Livestream – möchte ich mit den Gemeinderätinnen und Gemeinderäte weiterarbeiten“, erklärt Willi.

Gesprächsrunde

Geplant sind Gesprächsrunden mit Vertreterinnen und Vertreter aller Gemeinderatsfraktionen. Zu unterschiedlichen Themen sollen Fachexpertinnen und Fachexperten beigezogen werden. „Das freie Spiel der Kräfte erfordert neue Organisationsstrukturen. Es bietet aber auch die große Chance, die Themen der Zeit nicht nur breit zu diskutieren, sondern Lösungsvorschläge konzentriert und effektiv umsetzen“, betont Bürgermeister Georg Willi. Die Gespräche sollen vierzehntägig, immer dienstags stattfinden, der Auftakt ist für den 13. April geplant.

Koalitionsende

Anlaß für die gesamte Diskussion ist das Ende der Koalition aus Grüne, Für Innsbruck, ÖVP und SPÖ, verkündet von Bürgermeister Georg Willi im Rahmen der März-Gemeinderatssitzung. Ein von den Innsbrucker Grünen eingebrachter Antrag auf Abwahl von Markus Lassenberger (FPÖ) als Vizebürgermeister konnten nach dem Auszug von 28 der 40 Gemeinderätinnen und Gemeinderäte nicht abgestimmt werden. Nach dem Koalitionsende soll das "Spiel der freien Kräfte" die anstehenden politischen Probleme lösen.

Koordinationsgruppe

"Im Wissen um die großen Herausforderungen durch die Pandemie, wollen wir alles daransetzen, dass die Stadt Innsbruck bestmöglich durch die Krise geführt wird. Hierzu braucht es eine enge Zusammenarbeit und ein gemeinsames Verständnis für künftige Arbeitsweisen und Mehrheitsfindungen auf Augenhöhe", teilen die Kluboleute Helmut Buchacher (SPÖ), Christoph Appler (ÖVP & TSB), Lucas Krackl (Für Innsbruck), Andrea Dengg (FPÖ) und Renate Krammer-Stark (Innsbrucker Grüne) in einer Aussendung mit. "Daher haben wir die Schaffung einer politischen Koordinationsgruppe vereinbart." Diese tagt in der Regel wöchentlich und besteht aus allen Stadtsenatsmitgliedern sowie den Klubobleuten des Innsbrucker Gemeinderates. Besprochen werden zu Beginn jedes Treffens die Tagesordnungspunkte des Stadtsenates sowie im Anschluss die von den Klubobleuten gemeinschaftlich festgelegten Gesprächspunkte. Nach jedem Treffen legen die Klubobleute wiederum die Tagesordnung für die Folgewoche fest. Für umfangreichere Themen soll es nach Möglichkeit Themenklausuren geben.

Big Five Modell

„Und wieder eine Chance vertan,“ kommentiert die Alternative Liste Innsbruck (ALI) die neu ausgerufene 5er-Kooperation der Stadtsenatsparteien. „Anstatt sich inhaltlich und strukturell zu öffnen, damit alle Fraktionen an einem Strang ziehen können, steigt nun die FPÖ als fünftes Rad in den verfahrenen Koalitionskarren ein“, beschreibt ALI-Gemeinderat Mesut Onay die aktuelle Situation.  „Durch diese Koordinationsgruppe gehen die Grünen nun also eine stillschweigende Koalition mit der FPÖ ein. Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Wählerinnen und Wähler, die gegen eine FPÖ-Koalitionsbeteiligung gestimmt haben“, so der ALI-Mandatar.

Schlechte Satire

Aus Sicht der Alternativen Liste gelte es jetzt, Maßnahmen zu priorisieren, die das Zusammenleben der Menschen und ihre soziale Situation in der gegenwärtigen Lage verbessern. Stattdessen halte die ehemalige Koalition zwanghaft an den Zielen von 2018 fest, die in einer gänzlich anderen finanziellen und gesellschaftlichen Lage vereinbart wurden und an den aktuellen Bedürfnissen der Bevölkerung völlig vorbeigehen. „Einen Empathiepreis werden die Regierungfraktionen dafür nicht kriegen. Mittlerweile gleicht die Bilanz der Stadtregierung einer schlechten Satire,“ so Onay. Für ihn ändere sich nicht viel, er werde weiterhin versuchen, Mehrheiten für seine Initiativen einzuholen, schließt Onay motiviert.

Das Ruder aus der Hand gegeben

"Gerade die Partei, die noch vor knapp einem Jahr 'Neuwahlen - jetzt - Bürgermeister Willi ist gescheitert' ausgerufen hat, holt Willi jetzt in eine neue Koalition. Wie soll das gut gehen? Dafür fehlt mir wirklich jedes Verständnis," so die GR Julia Seidl von den NEOS. “Zuerst wollen die Grünen den FPÖ Vize los werden und dann holt man sie faktisch in eine neue Koalition. Ein freies Spiel der Kräfte wäre möglich gewesen, statt dessen gibt der Bürgermeister das Heft der ÖVP, FI und der FPÖ in die Hand,” zeigt sich Julia Seidlfassungslos, “alleine, dass die Presseinfo von der ÖVP verschickt wurde, zeigt, wer jetzt die Stadtführung übernommen hat! Georg Willi hat das ‘freie Spiel der Kräfte’ ausgerufen, überlässt die Neuaufstellung der Arbeit im Gemeinderat und Stadtsenat aber dann den anderen! Wenn das kein Scheitern ist, was ist es dann?”

Gemeinderätliche Ausschüsse

“Statt den Ausschüssen, wie im Stadtrecht vorgesehen, die Arbeit zu übertragen und damit die Meinungsbildung in Vorbereitung zum Gemeinderat an alle gewählten Mandatarinnen und Mandataren zu übertragen, gibt es wieder ein ‘Mauschelgremium’ - jetzt zusätzlich mit der FPÖ,” zeigt sich GR Dagmar Klingler-Newesely sehr enttäuscht, “das ist das Gegenteil von einem ‘freien Spiel der Kräfte’. Die Chance für eine breite, thematische Zusammenarbeit hat man nicht genützt. Stattdessen hat man den Weg für eine Arbeitsübereinkommen mit der FPÖ geebnet! Die Grünen haben sich damit selbst aufgegeben!”

Dauerwahlkampf

“Ich befürchte, dass diese Verbindung nicht lange halten wird. Wir sind ab sofort im Dauerwahlkampf und jeder wird versuchen, seine Projekte durchzudrücken. Spätestens ab dem Sommer, wenn es an die Budgeterstellung geht, wird es Brösel geben. Die Opposition hat noch weniger Einblick in diese neue Blackbox! Denn dieses Gremium gibt es rechtlich nicht. Damit hat es auch keine Verpflichtung Informationen an die Gemeinderäte weiterzugeben. Die Entscheidungen werden noch intransparenter. Wie die Grünen das zulassen konnten, ist für mich unbegreiflich,” über Seidl scharfe Kritik.

Ressortforderung

„Ressortzuständigkeiten für freiheitliche Mitglieder des Innsbrucker Stadtsenates“, fordert FPÖ-Stadtparteiobmann und Stadtrat Rudi Federspiel in einer Aussendung. „Finanzpolitisch ist es 5 vor 12, die Stadtfinanzen sind eine Baustelle und es gibt auch bald keinen Finanzdirektor mehr, denn Mag. Johannes Müller hat ja das Handtuch geworfen“, konkretisiert Federspiel, der anfügt: „Die FPÖ muss gleichberechtigter Partner sein, damit Innsbruck finanziell wiederaufgebaut wird, denn wir sind zweitstärkste Fraktion im Gemeinderat.“ Für den freiheitlichen Politiker braucht es einen Neustart in der Stadt: „Das einzige, was der grüne Bürgermeister Georg Willi beherrscht, ist die Ausgrenzung der FPÖ – der zweistärksten Fraktion – etwas anderes hat er bisher nicht zu Wege gebracht“, konkretisiert Federspiel, der auch die anderen bürgerlichen Parteien ÖVP und Für Innsbruck in die Pflicht nimmt: „Ohne uns geht gar nichts.“

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