Innsbrucker Polit-Ticker
Rückwind für Ablehnung und fehlendes Gesamtkonzept

Innsbrucks Politik diskutiert über Downhill-Trails und die autofreie Innenstadt. | Foto: MTBInnsbruck, Blanchard
  • Innsbrucks Politik diskutiert über Downhill-Trails und die autofreie Innenstadt.
  • Foto: MTBInnsbruck, Blanchard
  • hochgeladen von Georg Herrmann

INNSBRUCK. Das Konzept "autofreie Innenstadt" der Grünen und die Downhill-Trails bewegen die politischen Gemüter.

Rückwind für Ablehnung

„Das Ergebnis der Stadtblatt-Umfrage ist Rückenwind für unsere ablehnende Position zur autofreien Stadt“, hält Gemeinderätin Mariella Lutz fest. 63% der Leserinnen und Leser der gestern zu Ende gegangenen Stadtblatt-Umfrage halten eine autofreie Innenstadt für keine gute Idee. Nur 22% befinden dieses Vorhaben für gut. Weiters wollen 80% der User keine Verteuerung bei den Anwohnerparkkarten. Und 73% sind gegen eine Verlagerung der Parkplätze aus der Innenstadt.

Meinungsbild

„Dieses Meinungsbild ist eindeutig, es ist eine ganz klare Absage zum verkehrspolitischen Vorstoß der Grünen in Innsbruck. Es zeigt aber auch, dass sich die Bürgerinnen und Bürger nicht von den Grünen an der Nase herumführen lassen und sehr wohl erkennen, dass dieses Verkehrskonzept vollkommen unausgegoren ist und das Papier nicht wert ist. Wir fühlen uns durch das Ergebnis der Stadtblatt-Umfrage in unserer ablehnenden Position zu einer autofreien Stadt bestätigt“, ordnet heute die Obfrau des Innsbrucker Verkehrsausschusses, GR Mariella Lutz, das Ergebnis der aktuellen Stadtblatt-Umfrage ein. Die Stadtblatt-Umfrage deckt sich übrigens auch mit einer vorhergehenden Online-Abfrage eines Tiroler Printmediums. Dort votierten 52% gegen die Vision der Innsbrucker Grünen, die Stadt autofrei zu machen.

Keine Melkkühe

„Eine massive Verteuerung der Anwohnerparkkarten kommt mit uns nicht in Frage. Die Autofahrer sind nicht die Melkkühe der Stadt Innsbruck. Wir werden auch diesen Irrweg der autofreien Stadt nicht mitgehen. Einzelnen Maßnahmen, wie z.B. Initiativen für Fußgänger, stehen wir aber offen gegenüber. Hier sind wir gesprächsbereit und werden diese -wie immer- ideologiefrei mit Sachkriterien bewerten“, stellt GR Lutz fest.

Keine Inhalte

FPÖ-Vizebürgermeister, Markus Lassenberger, erneuert in einer Aussendung seine Kritik an der Studie der Grünen bzgl. einer autofreien Innenstadt: „Diese Studie besteht aus Überschriften und keinen Inhalten. Es wird nicht erklärt wie die verschiedenen Maßnahmen umgesetzt werden sollen, sondern im Gegenteil, die Studie wirft mehr offene Fragen auf, als sie klärt. Allein schon die unterirdische Zusammenlegung von verschiedensten Innenstadtgaragen, die großteils in privater Hand sind, ist technisch wie finanziell kaum zu bewerkstelligen“, erörtert Lassenberger, der auch die Verfügbarkeitszahlen an unterirdischen Pkw-Stellplätzen anzweifelt.„Es gibt nämlich sehr viele Menschen, die bereits gemietete Parkplätze in Tiefgaragen haben. Aber auch der mögliche Bau einer Pkw-Tiefgarage am Sportplatz Fennerareal, um die Fahrzeuge der Anrainer in der Innenstadt unterzubringen, sorgt für Kopfschütteln, nachdem sich die Innsbrucker Grünen ja schon so massiv gegen eine Bustiefgarage wehrten, die man auch anderweitig nützen hätte können“, schlussfolgert Lassenberger.

Ankündigungspolitik

Für den FPÖ-Vizebürgermeister steht hingegen fest, dass die Studie mehr eine klimapolitische Ankündigung ist, als realpolitisch praktikabel. „Jedenfalls bleibt für die FPÖ eines klar. Dieses Thema betrifft alle Stadtteile von Innsbruck. Es ist nur Gut und Recht die Innsbrucker Bevölkerung, wie auch die Gewerbetreibenden, in dieser Sache mitreden zu lassen. Die Volksbefragung ist dafür das geeignete demokratische Instrumentarium“, erinnert Lassenberger an die Position der FPÖ.

Gesamtkonzept überfällig

Seit Jahren heißt es, die Nutzungskonflikte zwischen Wanderern, Downhillern und Mountainbikerinnen und -bikern in den Wäldern Innsbrucks spitzen sich zu. „Neben undurchdachten Einzellösungen, fehle aber immer noch ein umfassendes Gesamtkonzept!“, beklagt Innsbrucker Gemeinderätin Julia Seidl, “wir fordern seit drei Jahren die Erarbeitung eines Gesamtkonzept und werden von den politisch Zuständigen in Innsbruck vertröstet! Wie lange wollen wir uns noch von einer Einzellösung zur nächsten hanteln?”

Angebot fernab der Nachfrage

Wie kürzlich wieder diskutiert, ist das Gebiet Paschberg eine vielbefahrene Destination der Innsbrucker Downhill- und Mountainbike-Szene. Der Berg-Radsport boomt, vor allem unter den Kindern und Jugendlichen. Die mittlerweile beachtliche Größe der Szene erfordert ein entsprechendes Angebot; ein solches fehlt in Innsbruck und Umgebung immer noch. Der Aussage des LHStv. Josef Geisler, wonach Tirol Spitzenreiter beim Angebot an legalen Mountainbikestrecken und Singletrails sei, widerspricht Lukas Schobesberger, stv. ÖH-Vorsitzender JUNOS, selbst Downhiller, vehement: „Ich glaube nicht einmal, dass das auf dem Papier stimmt und vor allem ist Strecke nicht gleich Strecke. Dieser Sport lebt von der Diversität der Trails und einem breiten Angebot verschiedener Schwierigkeitsgrade; ein solches Angebot gibt es aber rund um Innsbruck einfach nicht. Deshalb pilgert die Szene Jahr für Jahr nach Frankreich oder Italien.“

Stadtwald Trail

Der geplante neue Stadtwaldtrail von der Hungerburg nach Mühlau bietet wieder kein diverses Angebot. Statt der Nachfrage nach schwierigeren Trails, wie jenen illegalen am Paschberg, gerecht zu werden, wird erneut ein Familientrail errichtet, obwohl auf demselben Hang bereits ein solcher Trail besteht. „Sogar die meisten Kinder fahren mittlerweile so gut, dass selbst ihnen auf den Familientrails bereits langweilig ist und sie sich mehr ‚coole Trails‘ wünschen,“ so Lukas Schobesberger, der die Szene sehr gut kennt.

Fehlendes Gesamtkonzept

„Die Stadt muss es schaffen, für diese immer größer werdende Sportgruppe ein entsprechendes Angebot bereitzustellen,“ spricht sich Seidl für die schnellstmögliche Erarbeitung eines Gesamtkonzepts aus, bei dem Politik mit Stakeholdern der Szene und dem Tourismus an einem Tisch zusammenarbeiten sollen. “Ein medienwirksamer Radausflug mit dem Vizebürgermeister ist das Papier nicht wert, auf dem das Foto abgedruckt ist, wenn es nach einem Jahr immer noch kein Gesamtkonzept gibt,” kritisiert Seidl. Auch den touristischen und wirtschaftlichen Nutzen eines solchen Angebots solle man nicht unterschätzen. Kanada, Frankreich, aber auch Teile Salzburgs haben den Trend vor 20 Jahren erkannt und entsprechend reagiert. “Innsbruck, die Sportstadt, hat bisher in diesem Bereich geschlafen und muss sich endlich dahinter klemmen, um den wirtschaftlichen und touristischen Nutzen auszuschöpfen. Nur genug Angebot entzerrt und hat das Potential die Konflikte am Berg zu minimieren,” schließt Seidl Julia.

Kommunikation

Aktuell werden wieder Diskussionen über die Umsetzung von Trail-Projekten aus dem Mittelgebirge nach Innsbruck geführt. Jüngst teilte die Gemeinde Lans mit, dass sie von Projekten gar nichts wüssten und außer mündlichen Ankündigungen von Vizebürgermeister Anzengruber nichts vorliegen würde. Verständnis zeigt Für Innsbruck Gemeinderat und langjähriger Sport- und Forstreferent Christoph Kaufmann für dessen Herausforderungen in der Zusammenarbeit mit den Umlandgemeinden. „Die Umsetzung von Trailprojekten erfordert das Bohren vieler harter Bretter, gute Kommunikation und vor allem das Wollen aller Beteiligten. Die Landeshauptstadt ist sicherlich immer der Motor für jegliche Entwicklungen, es braucht aber auch das ehrliche Engagement der Umlandgemeinden, wenn gemeinsam etwas erreicht werden soll. Ich denke die Trail-Anbindung von Lans nach Innsbruck wäre ein gutes und wichtiges Angebot und daher unterstütze ich das für Ende des vergangenen Jahres angekündigte Projekt und hoffe auf ein rasches Mitwirken aller Beteiligten“, so Für Innsbruck Gemeinderat Christoph Kaufmann.

Weitere Nachrichten aus Innsbruck finden Sie hier

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.