Prozess: Teils hohe Geldbußen für Tischlereikartell
Wettbewerbsbeschränkende Absprachen im Bereich Bau- und Möbeltischlereien stehen im Zentrum eines Prozesses am Landesgericht St. Pölten.
KREMS. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft klagte 28 Männer und Frauen, sowie elf Unternehmen, die in 107 Ausschreibungsverfahren jeweils zugunsten eines Betriebes Scheinangebote an Auftraggeber vorgelegt hätten, die diesen veranlassen sollten, dem von ihnen jeweils begünstigten Unternehmen den Zuschlag zu geben.
Peis-Absprachen
Zu dem mutmaßlichen Tischlereikartell gehörten zwischen 2013 und 2019 Betriebe im gesamten Bundesgebiet. In Niederösterreich sollen Firmen aus den Bezirken St. Pölten, St. Pölten Land, Krems Land, Mödling, Wr. Neustadt, Neunkirchen, Scheibbs und Bruck /Leitha an den rechtswidrigen Absprachen beteiligt gewesen sein. Als mögliche Absprache-Opfer nannte die Staatsanwaltschaft unter anderem das Land Niederösterreich etwa bei Aufträgen im Zusammenhang mit Landeskrankenhäusern oder Landesberufsschulen, die Stadt Wien, Wiener Krankenfürsorgeanstalten, die Österreichische Nationalbibliothek, Stift Herzogenburg, sowie die Bundesimmobilien-Gesellschaft.
Circa 100 Beschuldigte
Es handelte sich dabei um sogenannte „beschränkte Ausschreibungen“, bei denen aufgrund eines relativ geringen Auftragsvolumens nur eine beschränkte Anzahl von Unternehmen zur Abgabe von Angeboten aufgefordert wird.
Ursprünglich konnten rund 100 Personen als Beschuldigte ausgeforscht werden. Viele von ihnen erhielten aufgrund ihrer geständigen Verantwortung bereits vor dem Prozess Diversionsangebote, wobei nach der Zahlung der entsprechenden Geldbußen das Verfahren gegen sie eingestellt wird.
Diversionsangebot
Auch für jene Angeklagten, die sich am ersten Prozesstag schuldig bekannten, endete der Prozess mit einer Diversion, wie etwa die Mandanten der Verteidiger Philipp Zeidlinger und Hans Peter Pflügl. Auch Verteidiger Roland Schöndorfer rechnet mit einem Diversionsangebot. Sein Mandant konnte beim Prozess nicht anwesend sein, fällt jedoch ebenfalls in die Kategorie der „kleinen Fische“. Während Geschäftsführer und Angestellte, je nach Beteiligung an den Straftaten und ihrem Einkommen mit Geldbußen zwischen 220 und 12.750 Euro bedacht wurden, stiegen die Geldbußen für Firmen bis zu 66.510 Euro. Eine der Beschuldigten wurde von den Vorwürfen freigesprochen. Seitens der Staatsanwaltschaft gab es vorerst keine Erklärung.
Belastende Aussagen
Der „harte Kern“, darunter auch der Mandant von Verteidiger Alexander Enzenhofer, sitzt vermutlich noch zumindest zwei Tage auf der Anklagebank. Nachdem im Zuge von Durchsuchungen, die aufgrund von Hinweisen des Wiener Stadtrechnungshofs 2019 stattfanden, unter anderem E-Mails mit belastenden Inhalten sichergestellt wurden, kam es auch zu belastenden Aussagen gegen jene Angeklagten, die sich auch im Prozess keiner Schuld bewusst sind. Den Angeklagten, allesamt bis dato unbescholten, drohen im Falle eines Schuldspruchs bis zu drei Jahre Haft.
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