Antrag Mautfreiheit
VP-Entwurf gegen Vignettenflucht ist eine "Lex Kufstein"

Die VP versprach wahlwirksam einen Antrag im Nationalrat zur Mautbefreiung Kufsteins noch vor der Nationalratswahl. | Foto: BB Archiv
  • Die VP versprach wahlwirksam einen Antrag im Nationalrat zur Mautbefreiung Kufsteins noch vor der Nationalratswahl.
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Ein Entwurf der Volkspartei für einen Antrag auf Änderung des Bundesstraßenmautgesetzes liegt vor. Diese "Lex Kufstein" nimmt explizit die Festungsstadt und ihre Umgebung ins Visier: "Die dargestellte Situation in der Grenzregion um die Stadt Kufstein stellt einen außerordentlichen und derzeit einzigartigen Härtefall dar", heißt es im Begründungstext. Im Antrag soll eine Legalausnahme für "die Mautstrecke A 12 Inntalautobahn zwischen der Staatsgrenze bei Kufstein und der Anschlussstelle Kufstein-Süd" sowie eine Verordnungsermächtigung für den Verkehrsminister, um ähnliche Fälle ebenso ausnehmen zu können. Die FPÖ kritisiert "politisches Spiel mit Emotionen und der Gesundheit der Unterländer Bevölkerung".

BEZIRK KUFSTEIN (nos). „Die Vignettenpflicht bis Kufstein-Süd, die 2013 wieder eingeführt wurde, ist neben den deutschen Grenzkontrollen einer der Hauptgründe für die massive Vekehrsbelastung der Menschen im Raum Kufstein", erklärte LH Günther Platter wahlwerbewirksam auch beim Tourstopp von VP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz am 8. September in Kufstein. Auch Kurz kam in der Arena natürlich auf dieses Thema und kündigte einmal mehr an, dass die VP noch vor der Nationalratswahl einen Initiativantrag im Nationalrat einbringen werde. Ein erster Antragsentwurf liegt nun nicht nur bei der Tiroler VP auf den Schreibtischen, sondern auch den Redaktionen vor.

Der Entwurf zur "Lex Kufstein"

Der Antragsentwurf der VP ist eine klare "Lex Kufstein" – explizit findet sich die Festungsstadt mehrfach im Text wieder – und sieht einige Änderungen des bestehenden Bundesgesetzes über die Mauteinhebung auf Bundesstraßen (Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 – BStMG, BGBl. I Nr. 109/2002, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 45/2019)wie folgt vor.

In § 13 solle nach dem Abs. 1 ein Abs. 1a eingefügt werden:

„(1a) Von der Pflicht zur Entrichtung der zeitabhängigen Maut wird die Mautstrecke A 12 Inntalautobahn zwischen der Staatsgrenze bei Kufstein und der Anschlussstelle Kufstein-Süd ausgenommen. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung bestimmte Abschnitte von Mautstrecken von der Pflicht zur Entrichtung der zeitabhängigen Maut ausnehmen, wenn dies erforderlich ist, um eine unzumutbare Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf nicht mautpflichtigen Straßen und eine unzumutbare verkehrsbedingte Lärmbelästigung oder eine unzumutbare verkehrsbedingte Luftverschmutzung zu vermeiden, die sich aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse ergeben.“

Mit dieser Gesetzesnovelle werden zwei Ausnahmen von der Pflicht zur Entrichtung der zeitabhängigen Maut eingefügt: eine Legalausnahme (§ 13 Abs. 1a erster Satz) und eine Verordnungsermächtigung (§ 13 Abs. 1a zweiter Satz). "Beide betreffen besondere Härtefälle", so der Antrag.

SPÖ-Kovacevic: "Antrag schreit nach Populismus & Wahlzuckerln"

"Dass der Kufsteiner Bevölkerung in Sachen Verkehr geholfen werden muss ist völlig klar. Dazu bekennt sich die SPÖ natürlich – sowohl vor, als auch nach der Wahl! Wir haben bereits 2018 einen Antrag zur Vignettenbefreiung eingebracht, der leider von ÖVP und FPÖ vertagt wurde. Warum hat man unseren Antrag nicht damals schon angenommen, oder zumindest diskutiert?", fragt NAbg Christian Kovacevic (SPÖ).
"Dieser kurzfristige Antrag jetzt vor der Wahl schreit sehr stark nach Populismus und Wahlzuckerln, die gerade die ÖVP ja gesetzlich verbieten wollte. Es ist weiterhin offen, ob dieser Antrag überhaupt noch vor der Wahl zur Abstimmung gelangen wird. Wir werden ihn in den nächsten Tagen noch genau prüfen, allerdings scheint es nicht zielführend, die Verantwortung für eine 'Mautausnahme' auf den Verkehrsminister abzuschieben."

Kovacevic wolle "als Vertreter des Bezirkes Kufstein" alles unternehmen, um eine Vignettenbefreiung für Kufstein umzusetzen, "wenn möglich noch vor der Wahl. Ob es eine parlamentarische Mehrheit geben wird, kann ich nicht beurteilen. Dies wird auch von den Gesprächen in den nächsten Tagen abhängig sein".

FPÖ-Abwerzger: „Antrag der ÖVP hat zahlreiche legistische Fehler“

„LH Günther Platter mutiert zum verkehrspolitischen Irrläufer“, mit diesen Worten kommentiert FPÖ-Landesparteiobmann KO LA Markus Abwerzger den Entwurf der VP und erinnert an den gemeinsamen Antrag aller Parlamentsfraktionen im Nationalrat vom Juli dieses Jahres „Bericht über Varianten zur Weiterentwicklung des Mautsystems auf Autobahnen und Schnellstraßen in Österreich unter besonderer Berücksichtigung der Bekämpfung der ‚Maut-Flucht‘“.
Abwerzger konkretisiert:

„Die Aussagen von LH Platter zeigen von keiner vernünftigen Politik, ob der Antrag in dieser Form halten würde, ist mehr als fraglich, denn auch andere Städte und Regionen in Österreich leiden unter der Maut-Flucht-Problematik, daher gab es den gemeinsamen Antrag im Parlament.“

Der Tiroler FPÖ-Obmann ortet beim Landeshauptmann ein politisches Spiel mit Emotionen und der Gesundheit der Unterländer Bevölkerung: „Der vorliegende Antrag der ÖVP hat zahlreiche legistische Fehler, was darauf schließen lässt, dass Platter und wohl auch der Parteiobmann Sebastian Kurz ihn offenbar selber geschrieben haben. Ob wir den Antrag unterstützen werden, halte ich derzeit für offen, es könnte auch möglich sein, dass wir einen eigenen Antrag einbringen werden, dazu werden diesbezügliche Gespräche in den kommenden Tagen geführt.“

Am Montagvormittag meldete sich dann FPÖ-NAbg Carmen Schimanek in einer Aussendung zu Wort und gab dem VP-Entwurf eine klare Absage:

"Ich habe schon lange keinen so schlechten Antrag der ÖVP gesehen. Dieser wird rechtlich keine sechs Monate halten, bis die Klagen aus anderen Regionen kommen und er von Gerichten wieder revidiert werden muss. Ich kann der ÖVP nur raten, diesen Antrag gar nicht einzubringen. Besonders weil sich auch der türkise Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger in seiner Aussendung im August gegen derartige Schnellschüsse ausgesprochen hat."

Schimanek kündigte einen eigenen Antrag der FPÖ diesbezüglich an.

"Einzigartiger Härtefall"

Der Antragsentwurf der VP begründet auch die explizite Erwähnung der Festungsstadt, wie darin weiter zu lesen ist: 

"Die Legalausnahme in § 13 Abs. 1a erster Satz umfasst die Mautstrecke A 12 Inntalautobahn im Abschnitt zwischen der Staatsgrenze bei Kufstein und der Anschlussstelle Kufstein Süd. Die Grenzregion um die Stadt Kufstein ist nämlich durch die Nutzung von nicht mautpflichtigen Ausweichstrecken („Maut-Flucht“) seit Jahren unzumutbar belastet ist. Der in dieser Grenzregion beinahe durchgehend stattfindende Ausweichverkehr auf nicht mautpflichtigen autobahnnahen Straßen hat regelmäßig eine unzumutbare Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zur Folge und führt zur einer unzumutbaren verkehrsbedingten Lärmbelästigung und einer unzumutbaren verkehrsbedingten Luftverschmutzung.Unter einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs sind insbesondere massive Staubildungen sowie Beeinträchtigungen der Verkehrs- und Versorgungssicherheit wie Behinderung der Durchfahrt von Blaulicht-Einsatzorganisationen oder der Zufahrt zu Krankenhäusern zu verstehen. 
(...)
In der Grenzregion Kufstein, insbesondere der Ortsdurchfahrt Kufstein auf der B 171, besteht rund um die Uhr ein stark erhöhtes Verkehrsaufkommen. Vor allem in den Ortsteilen Zell und Endach ist das Straßennetz regelmäßig überlastet (im Besonderen auf der hoch belasteten Salurner Straße). Die Lärm- und Schadstoffbelastung der direkten Anwohner entlang der B 171 und die Trennwirkung der ohnehin hoch belasteten B 171 werden durch den zusätzlichen (Ausweich-)Verkehr noch weiter erhöht.
Unzumutbar ist insbesondere, dass die Erreichbarkeit des Bezirkskrankenhauses Kufstein sowie anderer öffentlicher Einrichtungen regelmäßig stark eingeschränkt ist und zunehmend Behinderungen bei allfällig erforderlichen Einsatzfahrten der Einsatzorganisationen auftreten. Ein großer Teil der aus Richtung Deutschland kommenden Urlauber, die den Raum Söll-Leukental/Brixental/Kitzbühel anfahren wollen (Tages-Schifahrer, Urlauber), fährt frühzeitig in Deutschland von der Autobahn ab (zB in Kiefersfelden oder in Oberaudorf), um so über die mautfreien Bundesstraßen durch das Stadtgebiet von Kufstein in den Raum Söll-Leukental/Brixental/Kitzbühel zu gelangen (das Gleiche gilt auch in die Gegenrichtung).
Dieser Ausweichverkehr über die B 172 Walchsee Straße in die Skigebiete belastet im Besonderen auch die Ortsdurchfahrten Niederndorf, Walchsee und Kössen. Bei der An- und Abreise im Urlauber-Schichtwechsel treten hohe Verkehrsspitzen auf, die über die Ortsdurchfahrt Kufstein nicht abgewickelt werden können. Mit der Ausnahme von der Pflicht zur Entrichtung der zeitabhängigen Maut von der Staatsgrenze bis zur Anschlussstelle Kufstein Süd wird die Autobahn für den Quell- und Zielverkehr in die großen Schigebietsregionen wieder attraktiv.
Hinzu kommt, dass im Bereich Kufstein-Süd regelmäßig wiederkehrende Rückstaus auftreten und die Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs in diesem Bereich stark eingeschränkt ist, da zahlreiche Schwerfahrzeuge zum Tanken in die Gewerbegebiete abfahren und durch das Zu- und Abfahren zu/von den Tankstellen bzw. durch das verkehrsbedingte Anhalten im Bereich der Kreisverkehre der Reiseverkehr massive Rückstaus bis auf die Autobahn zur Folge hat. Die dargestellte Situation in der Grenzregion um die Stadt Kufstein stellt einen außerordentlichen und derzeit einzigartigen Härtefall dar."

Härtefälle wie Kufstein

Durch die Verordnungsermächtigung in § 13 Abs. 1a zweiter Satz werde die Möglichkeit geschaffen, "in begründeten Ausnahmefällen" auch in Grenzregionen mit ähnlich gelagerten Härtefällen von der Pflicht zur Entrichtung der zeitabhängigen Maut Abstand zu nehmen.

Mit der Einfügung des Abs. 1a zweiter Satz soll die bestehende Ausnahme des Abs. 1, welche sich auf Fahrzeuge bezieht, deren Verwendung im öffentlichen Interesse gelegen ist, auf bestimmte Mautstrecken erweitert werden. 
Notwendig dafür sind zwei Voraussetzungen, die im Einzelfall nachgewiesen werden müssen: erstens eine "unzumutbare Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf den Ausweichstrecken", zweitens eine "unzumutbare verkehrsbedingte Lärmbelästigung oder eine unzumutbare verkehrsbedingte Luftverschmutzung in der betroffenen Grenzregion".

Damit soll ein Instrument zur Vermeidung von künftigen Härtefällen geschaffen werden, die in bestimmten Grenzregionen durch die Nutzung von nicht mautpflichtigen „Ausweichstrecken“ zur Umgehung der Mautpflicht auf Autobahnen entstehen können, so der VP-Antrag.

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