Himmel ohne Lerchen
BirdLife Österreich warnt vor Vogelsterben am Feld

Die Vogellerche bangt um ihren Lebensraum. | Foto: M Dvorak
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  • Die Vogellerche bangt um ihren Lebensraum.
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  • hochgeladen von Waltraud Fischer

Das Vogelsterben ist längst keine Utopie mehr, es ist Realität geworden.

Die Feldlerche (Alauda arvensis), Vogel des Jahres 2019, kommt gerade aus ihrem Winterquartier zurück, um im Agrarland zu brüten. Rund 75.000 Brutpaare werden es voraussichtlich sein. Minus 49 Prozent seit 1998. Die Abhängigkeit von der zunehmend industrialisierten Bewirtschaftung der offenen Kulturlandschaft wurde ihr und den meisten heimischen Feld- und Wiesenvögeln zum Verhängnis. Der „Farmland Bird Index für Österreich“ misst minus 42 Prozent des Feldvogel-Bestandes in den letzten 20 Jahren. Das Vogelsterben ist längst keine Utopie mehr, es ist Realität geworden. Gezielte Vogelschutzprogramme lassen einen sanften Hoffnungsschimmer zu.

„In unserer Elterngeneration hat man gesagt: ‘Der Himmel hängt voller Lerchen.‘ Da kann man heute lange suchen. Der Gesang der Feldlerche ist regelrecht verstummt!“, warnt Gábor Wichmann, Geschäftsführer der Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich. Minus 48 Prozent an Feldlerchen innerhalb der letzten 20 Jahre, eine Halbierung des österreichweiten Brutbestandes des einst weit verbreiteten Feldvogels. Das zeigt BirdLife´s jährliches Monitoring der heimischen Brutvögel.

Ökologische Katastrophe

Die Abnahme der Biodiversität ist ein Faktum. Die seit Jahrzehnten mit immer größeren Maschinen praktizierte Landwirtschaft, der Einsatz von Pestiziden und die Zerstörung und Ausräumung von Lebensräumen – all das trägt zur Gefährdung der Vogelwelt und der Natur insgesamt bei! „Der von uns für das Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus erstellte Farmland Bird Index (der offizielle Indikator zur Begleitung und Evaluierung der Gemeinsamen Agrarpolitik GAP) zeigt alarmierende Verluste der 22 häufigsten Feldvogelarten Österreichs“, weiß der Ornithologe. In den letzten 20 Jahren gingen 42 Prozent der Vogelbestände im Agrarland verloren. Statistisch gesehen sind damit mehr als zwei von fünf Vögeln verschwunden. EU-weit spricht man von 300 Millionen Agrarlandvögeln weniger.

Dramatisches Vogelsterben im Agrarland

Die Feldlerche steht als Jahresvogel stellvertretend für viele andere Feldvögel, denen es zum Teil noch schlechter geht.
(Bestandsabnahme in Prozent von 1998 bis 2017 – siehe Grafiken anbei):
Girlitz: minus 83 Prozent
Rebhuhn: minus 81 Prozent
Bluthänfling: minus 52 Prozent
Feldlerche: minus 49 Prozent
Braunkehlchen: minus 48 Prozent
Kiebitz: minus 37 Prozent

Hauptursachen des Vogelsterbens im Kulturland

Durch immer häufigeres, maschinelles Bewirtschaften der Felder und Wiesen (bis zu vier oder fünf Mahden im Grünland pro Saison) wird das Zeitfenster zur erfolgreichen Brutaufzucht zu kurz, Bruten oftmals zerstört. „Bei Bodenbrütern kommt es so zu 100-prozentigen Ausfällen der Erstgelege im April“, weiß Wichmann zu berichten. „Wo durch Störungen des Lebensraums der notwendige Bruterfolg über Jahre hinweg fehlt, erlöschen die Populationen.“ Starke Düngungen führen darüber hinaus zu dichter, einförmiger Vegetation, die kaum durchdringbar ist und zu wenig Nahrung bietet. Nahrungsrückgang zählt ebenso zu den Kernproblemen, mit denen Feldvögel zu kämpfen haben. Werden Insekten und andere Gliederfüßer durch Einsatz an Pestiziden immer weniger, geht die Basis für eine erfolgreiche Jungenaufzucht verloren. „Wo keine Insekten mehr sind, verhungern auch die Vögel“, so der Experte.

Artenschutzprogramm Heidelerche

Die Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich setzt derzeit gemeinsam mit dem Naturpark Mühlviertel ein Artenschutzprojekt für die mit der Feldlerche nahverwandte Heidelerche durch. In Oberösterreich lebt eine Reliktpopulation von nur 20 bis 40 Brutpaaren. Sie soll gestärkt und ihr Bestandsrückgang aufgehalten werden. Konkret geht es um den Erhalt wichtiger Lebensräume für die Heidelerche, wie Feld- und Wiesenraine, Böschungen, magere Wiesenränder sowie Einzelbüsche. „Wir konnten Verträge mit vierzehn landwirtschaftlichen Betrieben schließen, die 82 Prozent der Dauerreviere der Heidelerche umfassen. Mit dem Ergebnis, dass der Brutbestand der Heidelerche nicht weiter sinkt, sondern sich stabilisiert hat!“, erklärt Wichmann. 42 ha landwirtschaftliche Nutzfläche sind so für die Heidelerche gesichert, doch: „Im Kleinen zeigt sich, was im Großen möglich ist.“

Noch nicht zu spät

Auch bei der ehemals sehr häufigen Feldlerche, deren trillernder Gesang noch vor 20 Jahren die traditionelle Klangkulisse unserer Agrarlandschaft bildete, kann das Vogelsterben maßgeblich gebremst werden. „Heute ist ihr Gesang selten geworden, in manchen Gegenden ist der Himmel über den Feldern stumm“, so Wichmann: „Doch wenn wir Maßnahmen wie das Anlegen von Rainen oder von sogenannten Lerchenfenstern fördern, ist es nicht zu spät! Eine verbesserte Zusammenarbeit von Landwirten und Naturschützern kann unsere Feldvögel retten! Viele Landwirte wollen, die Politik aber muss hier den notwendigen Rahmen geben“, fordert Gábor Wichmann.

Forderungen an die Politik

„Erstmals scheint es so, als ob die Agrarumweltmaßnahmen ÖPUL zumindest im Ackerland greifen würden. Der Farmland Bird Index scheint sich auf sehr niedrigem Niveau zu stabilisieren.“ Die Aufgabe der zukünftigen Gemeinsamen Agrarpolitik GAP wäre es, ein ambitioniertes Programm zum Schutze der Feldvögel zu entwickeln. „Sehr erfreulich in diesem Zusammenhang ist die Stellungnahme des Umweltausschusses des EU-Parlaments zur GAP am 14. Februar 2019, eine Zweckwidmung von 15 Milliarden EUR jährlich für Biodiversität einzurichten. Das ist der richtige Weg! Auch das bayrische Volksbegehren „Artenvielfalt“ ist mit einer Beteiligung von 18,4 Prozent eine umweltpolitische Sensation“, schließt Gábor Wichmann, Geschäftsführer der Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich.

Die Vogellerche bangt um ihren Lebensraum. | Foto: M Dvorak
Die Feldlerche | Foto: Michael Dvorak
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