NAbg. Josef Muchitsch im Sommer-Interview: "Deutschlandsberg spürt die Folgen"
NAbg. Josef Muchitsch lud zum Sommerinterview 2018 – diesmal von der Oppositionsbank.
Sie kämpfen als Vorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz täglich für die Arbeitnehmer gegen den 12-Stunden-Tag in Verbindung mit einer 60-Stunden-Woche, was jetzt ab 1. September beschlossene Sache ist. Was sind die nächsten Schritte?
Josef MUCHITSCH: Wir werden die Bevölkerung weiter darüber informieren, welche Verschlechterungen bei Entlohnung, Freizeit, Familienleben und Gesundheit auf sie zukommen. Dazu wurden bereits über 2.000 Betriebsversammlungen durchgeführt und im Herbst fortgesetzt. Ab Inkrafttreten dieses Husch-Pfusch-Gesetzes mit 1.9. werden wir einzelne Schicksalsschläge sammeln und diese veröffentlichen. Dazu wird eine eigene Hotline für Betroffene eingerichtet. Zusätzlich starten im September die ersten Lohnverhandlungen. Als Gewerkschaft werden wir alles daran setzen, den Angriff dieser Bundesregierung auf die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über unsere Möglichkeiten auf Kollektivvertragsebene abzufedern. Wenn die Bundesregierung glaubt, uns mit ihrem „Drüberfahren“ ruhigzustellen, hat sie sich getäuscht. Das Gegenteil wird der Fall sein.
Solange diese Regierung die Sozialpartner ausgrenzt, werden wir unangenehm bleiben. Ein heißer Herbst steht für Kurz und Strache bevor. Die Klimageräte in den Regierungsbüros bleiben sicher aktiviert.
Bleibt neben diesen harten Brocken, die von der Bundesregierung vorgegeben werden, auch noch Zeit für anstehende Themen im Bezirk Deutschlandsberg?
MUCHITSCH: Mein Arbeitsplatz ist in Wien, dort werden Gesetze beschlossen. Gesetze, die sich auch auf unsere Region auswirken. Der 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche bringen massive Einschnitte für alle Beschäftigten in unsere Region. Auch das Vetorecht der Länder für das Aufrechterhalten von Bezirksgerichten soll aufgehoben werden. Die Aktion 20.000 wurde gestoppt! Allein in unserer Region ist es aber mit dieser Aktion gelungen, 407 Menschen mit 50plus in Jobs zu bringen. Die Mittel zur Kinderbetreuung wurden von Schwarz-Blau um 30 Millionen Euro von 140 auf 110 Millionen gekürzt. Das heißt, weniger Geld für die Länder und Gemeinden, obwohl parallel die Arbeitszeit verlängert und mehr Kinderbetreuung notwendig wird. Aber auch die Anzahl der persönlichen Vorsprachen bei meinen Sprechstunden werden mehr. Dabei geht es immer um sehr persönliche und menschliche Geschichten, wie dringend ausstehende Baubescheide, verlorene Jobs usw.
In Bezug auf PPC Insulators in Frauental: Wie ist der Plan für all jene ausgeschiedenen Mitarbeiter, die noch keinen neuen Arbeitsplatz gefunden haben?
MUCHITSCH: Für alle Beschäftigten haben die Betriebsräte mit Unterstützung der Gewerkschaft und Arbeiterkammer einen sehr guten Sozialplan mit dem Eigentümer abgeschlossen. Aus heutiger Sicht sind von den insgesamt betroffenen 174 Beschäftigten aus dem Jahr 2016 noch 32 als Arbeitssuchende gemeldet. Von diesen 32 Betroffenen nutzen 21 die Stiftung für Umschulungen. Für 10 Personen wurde eine Brücke in die Schwerarbeiterpension gebaut. 28 sind noch in Beschäftigung. Die restlichen 104 konnten in neuen Betrieben untergebracht werden.
Nach dem Aus für die Aktion 20.000 – was sind die Folgen?
MUCHITSCH: Mit viel Verhandlungsgeschick ist es mir gelungen, Deutschlandsberg und Voitsberg als Pilotbezirke 2017 unterzubringen. Beide Bezirke haben ihre Ziele erreicht. In Deutschlandsberg fanden 240 Personen mit 50plus befristet bis zu zwei Jahre einen Job. Was danach mit ihnen passiert, ist nach dem plötzlichen Aus der Aktion völlig offen. Während diese Regierung eine so wichtige Joboffensive für ältere Menschen und damit viel Hoffnung und Wertschätzung „killt“, wird in Deutschland ein eigenes Programm für diese Betroffenen gestartet.
Wie ist die Bilanz der Aktion 20.000 in der Pilotregion Deutschlandsberg?
MUCHITSCH: Sehr positiv. Die Mitarbeiter des AMS Deutschlandsberg haben eine wirklich tolle Arbeit geleistet. Alle vorgegebenen Ziele als Pilotregion konnten erfüllt werden. Leider konnten weitere Anträge nach dem Aus der Aktion nicht mehr positiv behandelt werden. Damit haben Kurz und Strache diesen Menschen die Perspektive auf einen Job genommen.
Kritikpunkte
Neuer Familienbonus ab 1. 9. 2018 hilft und trifft: Um in den Genuss zu kommen, bedarf es bestimmter Voraussetzungen. NAbg. Josef Muchitsch: "Familien mit niedrigem Einkommen, sprich Frauen, die jobsuchend sind, bekommen null Euro Entlastung. Das hat es in Österreich noch nie gegeben, dass man bei Kindern unterscheidet, ob sie aus einem armen oder reichen Elternhaus kommen. Leistungsorientiert ja, aber so spalten wir die Gesellschaft. Manche glauben noch immer nicht, dass es sie treffen wird."
Bedarfsorientierte Mindestsicherung: Aus der Sicht von NAbg. Josef Muchitsch trifft es Menschen, "die nicht zum auserkorenen Kreis gehören, wie z.B. alleinerziehende Mütter".
12-Stunden-Arbeitstag: Rund 50 Prozent der Arbeitnehmer pendeln täglich aus dem Bezirk Leibnitz zur Arbeit. "Somit sind viele Arbeitnehmer künftig 14 bis 15 Stunden pro Tag unterwegs."
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