Trofaiacher Stimmungsbilder
Andrea Judmaier: "Die Bäume wachsen nicht in den Himmel"
Stimmungsbilder von Menschen in der Stadt Trofaiach angesichts der Coronakrise hat Jacqueline Juri in Form von Telefoninterviews erstellt.
TROFAIACH. "Ich möchte ein Stimmungsbild einiger Menschen in einer kleinen Stadt in einer Krisenzeit archivieren. Für uns, aber im Speziellen für jene Generationen, die nach uns kommen. Im besten Fall ergeben sich dadurch Denkanstöße, Inspirationen oder Ideen, hin und wieder vielleicht auch ein Gefühl von Leichtigkeit, wie man dieser herausfordernden Zeit begegnen kann", so beschreibt Jacqueline Juri, die Obfrau des Museumsvereins Trofaiach, ihr neues Projekt. Dabei hat sie auch Andrea Judmaier, in Windischbühel bei Trofaiach befragt. Judmaier ist Landwirtin und Mutter von vier Kindern sowie Oma von zwei Enkelkindern.
Wie verbringen Sie Ihre Zeit bzw. Ihren Alltag seit dem 16. März 2020, als die Ausgangsbeschränkung in Österreich begonnen hat?
ANDREA JUDMAIER: Da ich schon fast der gefährdeten Zielgruppe angehöre, bin ich sehr diszipliniert. Außerhalb unseres eigenen Hofes bewege ich mich nur mehr in einem minimalen Umfeld. Ich bin glücklich Bäuerin zu sein und meiner Arbeit täglich nachgehen zu können. Meine Zeit ist jetzt ruhiger, stressfreier, meine Arbeit mache ich gelassener. Ich mache jetzt Arbeiten, zu denen ich sonst nicht komme. Aber natürlich gehe ich weiterin täglich in den Stall, um die Tiere zu versorgen.
Was beschäftigt Sie derzeit?
ANDREA JUDMAIER: Mich beschäftigt am meisten die Wirtschaftskrise, verbunden mit der Hoffnung, dass die Menschen danach wieder eine sinnvolle Beschäftigung haben. Viele Menschen müssen jetzt ihr Leben umstellen, sie müssen umdenken, was wir wirklich zum Leben brauchen. Wir Bauern sind 365 Tage im Jahr da und produzieren Lebensmittel. Ich frage mich natürlich, wann ich meine Enkelkinder wiedersehen kann, ich vermisse sie alle, sie sind mein soziales Umfeld.
Was hat sich für Sie maßgeblich verändert?
ANDREA JUDMAIER: Für mich ist es wie eine Vollbremsung aber auch eine Entschleunigung. Ich kann meine Enkelkinder nicht sehen, es gibt keine Besuche, keine Veranstaltungen. Eine kleine Isolation würde ich es nennen, mein gesellschaftliches Leben hat sich von 100 auf Null reduziert. Ich verbringe meine Tage nun ruhiger und habe keine Eile mehr, wohin zu kommen.
Was möchten Sie Ihren Mitmenschen mitteilen?
ANDREA JUDMAIER: Egal wie hoch die Belastung für jeden Einzelnen von uns ist, wir müssen uns alle in Geduld und Gelassenheit üben. Wir müssen uns eingestehen, dass wir mit diesem Tempo des Wachstums weltweit einfach nicht mehr mithalten können. Ich möchte, dass wir uns gegenseitig mehr schätzen und dass unsere bäuerlichen Produkte den Wert bekommen, den sie verdienen. Meine Großmutter hat immer gesagt: Die Bäume wachsen nicht in den Himmel!
Interview: Jacqueline Juri
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