Trofaiacher Stimmungsbilder
Brigitta Ruhm: "Die Leute sollen bitte durchhalten!"

Das Stricken ist für Brigitta Ruhm in der dritten Woche der Ausgangsbeschränkungen zu einer ihrer Hauptbeschäftigungen geworden. | Foto: KK
  • Das Stricken ist für Brigitta Ruhm in der dritten Woche der Ausgangsbeschränkungen zu einer ihrer Hauptbeschäftigungen geworden.
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Der dritte Teil des Projektes "Trofaiacher Stimmungsbilder" von Jacqueline Juri zeigt, wie sich das Leben der Trofaiacher in der dritten Woche der Ausgangsbeschränkungen verändert hat. 

TROFAIACH. Das Projekt von Jacqueline Juri, der Obfrau des Museumsvereins Trofaiach, geht bereits in die dritte Runde. Das Ziel: Das Stimmungsbild einiger Menschen in einer kleinen Stadt in einer Krisenzeit zu archivieren. Nachdem Brigitta Ruhm ihre Gedanken und Erfahrungen bereits nach den ersten beiden Wochen der Ausgangsbeschränkungen geteilt hat, folgt nun ein weiteres Fazit nach Woche drei.

Fällt Ihnen zu dieser Situation, in der wir uns nun seit geraumer Zeit befinden, ein Zitat, eine Geschichte, ein Bild, ein Satz oder vielleicht eine Textzeile von einem Lied ein, das Ihre Gefühlslage oder Ihre Gedanken gut beschreiben könnte? 
BRIGITTA RUHM: 
Nach dem Regen scheint die Sonne wieder, genau so – und die Sonne wird wiederkommen, für uns alle!

Hat sich der Umgang mit der für Sie zur Verfügung stehenden Zeit in irgendeiner Form, sei es nun im privaten Bereich, als auch auf beruflicher Ebene, verändert? Bezogenen auf die Qualität der Zeit in Ihrem Alltag.
BRIGITTA RUHM: Mir geht die Familie sehr ab. Wir telefonieren zweimal am Tag. Jetzt kommen die Ostern, ich war sonst zu Ostern immer in Graz, das wird heuer nicht der Fall sein. Ich weiß es nicht, vielleicht holen sie mich ab, aber ich habe Angst, dass man sich anstecken könnte. Ich fordere nichts heraus. Normalerweise gehe ich einmal pro Woche in den Club, um Karten zu spielen. Wir sind alle Witwen, außer einem Mann der verwitwet ist. Nach dem Tod seiner Frau haben wir uns ausgemacht, dass wir uns einmal pro Monat bei ihm treffen, wenn seine Tochter von Wien kommt, um Karten zu spielen. Am vergangenen Sonntag wäre das Treffen gewesen. Ich habe abgesagt, weil ich mich das nicht traue, das tut mir auf der einen Seite leid, man hätte tratschen können, aber was soll man machen? Damit es ein bisschen abwechslungsreicher ist, gehe ich hinaus, hin und wieder brauche ich den Spaziergang.

Was wollen Sie mir in der dritten Woche erzählen?
BRIGITTA RUHM:
Die Leute sollen bitte durchhalten! Man hört, Kranke werden wieder gesund, das ist ein großer Lichtblick, auch für mich. Es dauert bestimmt nicht mehr so lange, bis Ende April vielleicht, und dann wird bestimmt wieder einiges lockerer werden. In der Zwischenzeit stricke ich, die Wolle ist leider ausgegangen, ich habe sie schon bestellt, leider ist sie noch nicht gekommen. Aber dann mache ich weiter. Die Nachbarn warten schon, dass sie eine Kleinigkeit von mir bekommen. Ich habe eine Freude, wenn ich den anderen eine Freude machen kann, ich habe wahrscheinlich mehr Freude daran, als die anderen.Wenn ich jemanden mit der Handarbeit beglücken kann, freut mich das. Meine Schwester und ich gingen in Eggenberg in eine private Klosterschule, weil es meiner Mutter, sie war Schneiderin, wichtig war, dass wir gut handarbeiten können. Sie hat immer gesagt, falls die Zeiten schlechter werden, kannst du dir mit Handarbeit ein Geld verdienen. In Eggenberg, wo wir gewohnt haben, ist auf der anderen Straßenseite ein riesengroßer Bauernhof gewesen. Die Familie hatte elf oder zwölf Kinder und meine Mutter hat für die Familie genäht. Geld haben wir keines bekommen, das war knapp, aber wir bekamen jeden Tag einen Liter Milch, wenn sie die Tiere geschlachtet haben, bekamen wir auch Fleisch oder Kartoffeln. Es wurde in Naturalien bezahlt. Das war sehr viel wert. Als ich 14 Jahre alt war, ich war dann die Jüngste, weil mein jüngerer Bruder mit sieben Monaten bei einem Fliegerangriff verschüttet wurde, ist dann auch noch meine Mama verstorben. Mein Vater lebte noch. Ich pflegte ihn, da er invalid vom Krieg zurückgekommen war. Es war keine schöne Zeit. Ich habe schon wirklich viel erlebt, als mein Mann und ich gleichzeitig an Krebs erkrankt sind, war das furchtbar, ich weiß gar nicht mehr wie ich es geschafft habe für mich und meinen Mann zu sorgen, aber mit Humor schafft man es. Es geht weiter und muss weitergehen und es ist auch weiter gegangen. Ich bin zufrieden, jetzt ist alles vorbei.

Sie haben die Möglichkeit Ihren Mitmenschen eine Frage zu stellen, welche wäre das?
BRIGITTA RUHM:
Mich würde interessieren, wie die anderen Menschen so tun, wenn sie alleine sind, wie sie durchhalten, wie sie die Zeit verbringen. Vielleicht kann mir das wer schreiben. Meine Frage ist: Wie verbringen Sie jetzt so Ihren Tag?

Interview: Jacqueline Juri

>>Hier gibt‘s weitere Stimmungsbilder und die Interviews der vergangenen Wochen<<

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