Klippenspringer aus Trofaiach
Osama Ali lebt für den Moment des freien Falls
Als gebürtiger Trofaiacher verfolgt Osama Ali ein eher ungewöhnliches Hobby: Der 23-Jährige ist neben seinem Brotberuf Schlosser als Klippenspringer erfolgreich und lebt für den Moment des freien Falls. Im Gespräch mit MeinBezirk.at erzählt der junge Mann von seinen Anfängen, dem Gefühl während des Sprungs und Social Media als Sprungbrett.
TROFAIACH. "Wenn du einen Sprung machst, den du zu 100 Prozent kannst, dann ist das purer Genuss und totale Freiheit. Dieser Moment des freien Falls – das sind nur ein bis zwei Sekunden, aber die vielen Eindrücke, die vielen Gefühle – das fühlt sich an wie Stunden", fasst Osama Ali seine Faszination fürs Klippenspringen in Worte. Der 23-jährige Trofaicher, der als "ossy0815" mittlerweile eine riesige Fangemeinde auf Social Media um sich schart, lebt für den Adrenalinrausch. Und das, obwohl es anfangs gar nicht danach aussah, als könnte er sich jemals mit dem Sport anfreunden.
Sein älterer BruderSayd Ali sei es gewesen, der Osama an seiner Faszination fürs Klippenspringen teilhaben lassen, den kleinen Bruder ebenfalls für den Sport begeistern wollte. "Mir hat das aber anfangs überhaupt nicht gefallen. Ich bin auf dem Ein-Meter-Brett gestanden und der Puls ist gegangen", erinnert sich Osama Ali. Immer wieder habe er es probiert, immer wieder sei er aber auch vom Sprungturm heruntergestiegen.
"Irgendwann, da hat mein Bruder eigentlich schon aufgegeben gehabt, habe ich mir gedacht, ich probiere es noch einmal und dann ist plötzlich der Stein ins Rollen gekommen und es hat mich 'gecatcht', dieses Gefühl."
Osama Ali, Klippenspringer aus Trofaiach
Meter für Meter herantasten
So habe er sich langsam Meter für Meter hinauf gearbeitet. Von drei auf fünf Meter, von 15 auf 20 Meter und mehr. Mittlerweile nutzt der Trofaicher, der im Brotberuf Schlosser ist und seit sieben Jahren bei der Voestalpine in Leoben-Donawitz arbeitet, jede freie Minute, um seiner größten Leidenschaft nachzugehen: Den Winter überbrückend mit Trockentraining im Trampolinpark, Krafttraining oder Ausdauersport, den Rest des Jahres dort, wo das Abenteuer wartet.
"Jeder fragt mich immer, wie ich das mache, ob ich mehr Urlaub habe als andere. Nein, habe ich nicht. Aber ich kann mich am Freitag um 14 Uhr ins Auto setzen nach Kroatien fahren und am Sonntag wieder zurück rauf fahren – und das jedes Wochenende", so Ali. Schon in wenigen Stunden erreiche man wunderschöne Spots in Deutschland, Slowenien, Kroatien oder Ungarn, das habe er inzwischen herausgefunden. Den richtigen Urlaub nutze er für Reisen nach Frankreich, Spanien oder Portugal, wo es eine tolle Community gebe. „Von meinen fünf Wochen gehen sicher 24 Tage fürs Klippenspringen drauf“, lacht Ali.
Von sich selbst behauptet der Trofaiacher, "eher auf der vorsichtigen Seite" unterwegs zu sein, eine gute Selbsteinschätzung zu haben. Er wage sich erst dann hinauf auf die Klippe, den Sprungturm oder die Brücke, wenn er sicher sei, den Sprung zu beherrschen. Mit der Höhe nehme aber natürlich das Risiko zu.
"Man muss sich wirklich fragen, bin ich heute bei mir, geht's mir gut? Wie ist meine körperliche, meine mentale Verfassung? Da muss man mit offenen Karten spielen und ehrlich zu sich selbst sein."
Osama Ali, Klippenspringer aus Trofaiach
Spiel mit dem teuersten Werkzeug
Auch nach vielen Jahren des Klippenspringens kenne er dennoch auch das Gefühl der Angst, gesteht der 23-Jährige. Wenn er beispielsweise in 27 Metern Höhe auf dem Sprungturm stehe – der Körper im Überlebensmodus. "Ich stehe da oben und es könnte jemand mit mir reden, es könnten die Vögel zwitschern, es könnte ein ganzes Haus neben mir zusammenkrachen. Ich würde es nicht merken. Ich bin zu 125 Prozent beim Sprung." Es sei der Moment, in dem das Adrenalin einschieße. "Da geht's um alles. Da spiele ich mit dem teuersten Werkzeug, das ich habe – meinem Körper." Dann folgt der Absprung, das Eintauchen ins Wasser, das Auftauchen, das Jubeln der Menge und plötzlich ein Schwall an Gefühlen – "als könntest du die Welt zerreißen", beschreibt Ali.
Millionen Aufrufe auf Social Media
Auf Instagram will Ali genau dieses Gefühl vermitteln und teilt Beiträge und Videos, die den Handynutzer beziehungsweise die -nutzerin auf den Sprung mitnehmen – die Welt plötzlich aus einer ganz anderen Perspektive wahrnehmen lassen.
"Ich will das Gefühl, das ich in der Luft habe – das Gefühl von Freiheit, Lebendigkeit und Travel in das Handy packen, so dass die Leute zuhause sich denken: wow."
Osama Ali, Klippenspringer
Sieben oder sogar acht Jahre lang sei auf seinem Account vergleichsweise wenig passiert, dann plötzlich ganz viel auf einmal. Mittlerweile gebe es Tage mit bis zu 15 Millionen Aufrufen, erzählt der 23-Jährige. "Heute hat mir Instagram sogar angezeigt, dass ich mit einem Reel einfach einmal 24 Millionen Konten erreicht habe – mit einem einzigen Video!", staunt er selbst über die enorme Reichweite, die er mittlerweile hat. Neben seinem Account "ossy0815" wirkt er auch am Gruppenaccount "InsaneMoveProduction" mit, den sein Bruder Sayd Ali ins Leben gerufen hat. Social Media diene aber nicht nur der Unterhaltung, sondern auch dazu, sich mit anderen Klippenspringerinnen und -springern zu vernetzen, sich zu vergleichen und auszutauschen. Denn obwohl man als Klippenspringer bei jedem Sprung auf sich allein gestellt sei, gebe es Alis Ansicht nach kaum einen Sport, wo die Gemeinschaft derart stark sei.
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