Der Wiener Hafen im Wandel der Zeit
Von alters her wurden Wasserstraßen sehr oft als Transportwege genutzt. Auf einfachen Holzschiffen und Flößen sind Salz, landwirtschaftliche Produkte und andere Waren nach Wien gebracht und am Donaukanalufer verkauft worden.
Das Holz der Schiffe und Flöße wurde als Bau- oder Brennholz ebenfalls veräußert. Die Fährleute und Schiffer gelangten oft nach mühsamer und langer Fahrt mit Pferdefuhrwerken in ihre Heimat zurück.
Caroline im 20.
Erst mit der Erfindung des Dampfschiffes war der Transport von der Fließrichtung des Wassers unabhängig. Der erste Dampfer auf der Donau, die „Caroline“ absolvierte 1818 zwischen der Brigittenau und Nussdorf erfolgreiche Probefahrten.
Am 12. Oktober 1823 ankerte der „Franz I.“ in der Nähe des Lusthauses im Prater und fuhr am nächsten Tag nach Budapest, von wo er Ende Oktober wieder zurückkehrte.
Aufschwung kommt 1830
Im Jahr 1830 war der Bann gebrochen und die Dampfschifffahrt nahm einen gewaltigen Aufschwung. War es nun doch möglich größere Mengen an Waren auf dem Wasserweg zu befördern. Jetzt wurden auch Umschlagplätze errichtet. Bei Wien war dieser Umschlagplatz in Kaisermühlen.
Bei Niedrigwasser war diese Anlagestelle wegen der vielen Schotter- und Sandbänke nicht schiffbar. In diesem Fall fuhren die Schiffe vom Donaukanal, von einer kleinen Anlegestelle nahe dem Lusthaus, ab.
Donauregulierung hilft Schifffahrt
Einen Entscheidenden Aufschwung nahm der Wasserverkehr durch die Donauregulierung in Wien, die am 30. Mai 1870 begonnen und am 30. Mai 1875 beendet werden konnte.
Grundstein für Wiener Hafen
Das erste Wiener Lagerhaus wurde am 23. Oktober 1876 in Betrieb genommen. Die 40.000 m² große Halle war während der Weltausstellung 1873 als Maschinenhalle genützt und anschließend zur Lagerhalle umgebaut worden.
Hauptsächlich wurden Lebensmittel zur Versorgung der Wiener Bevölkerung gelagert. Mit dieser Anlage nahm der Wiener Hafen seinen Ursprung.
An der Donaulände entstanden in den folgenden Jahren Speicher, Straßenanschlüsse und ausgedehnte Bahnanlagen, die bis in das Jahr 1880 fertiggestellt waren.
Zwei Hafenbecken entstehen
Im Zuge der Donauregulierung wurden auch zwei Hafenbecken geschaffen. Das eine, die Kuchelau, war als Wartehafen für Schiffe gedacht, die in den Donaukanal einfahren wollten. Das zweite Becken war in der Freudenau.
Zur Überwinterung wurde damals ein rechter Donauarm benutzt. Ab 1889 begann man diesen auszubaggern und zu befestigen und konnte ihn schließlich am 28. Oktober 1902 in Anwesenheit von Kaiser Franz Josef I. als „Winterhafen“ eröffnen.
Er war als Schutz- und Winterhafen gedacht, bei dem Schiffe vor Hochwasser und Eis Zuflucht finden sollten.
Schon bei der Schaffung dieses Hafenbeckens dachte man an einen späteren Ausbau als Handelshafen. Auch bald entstanden erste einfache Hallen und Lagerplätze, die einen anfänglich bescheidenen Warenumschlag ermöglichten. Um einen geordneten Hafenbetrieb zu ermöglichen wurde bereits 1912 eine Hafenordnung erlassen, welche in den Grundzügen bis in die 1940er Jahre Geltung hatte.
Rhein-Main-Donau-Kanal
Schon 1901 gab es großzügige Pläne das Wasserstraßennetz in Europa auszubauen. Dabei war der Hafen Freudenau im Schnittpunkt. So sollte der „Rhein-Main-Donau-Kanal“ die Nordseehäfen, der „Donau-Oder-Kanal“ die Ostseehäfen erschließen, wobei die Pläne 1910 baureif waren.
Aus verschiedenen politischen und wirtschaftlichen Gründen, sowie der Ausbruch des Ersten Weltkrieges bereitete allen diesen gewaltigen Ausbauplänen ein vorzeitiges Ende.
Zwischen Floridsdorf und Ostbahn
Der Hauptumschlag für Wien entwickelte sich fast ausschließlich an der rund 13 Kilometer langen am rechten Stromufer liegenden Lände zwischen der Floridsdorfer und der Ostbahnbrücke.
Die Frachtschifffahrt entwickelte sich sehr gut und so betrug der Gesamtumschlag 1911 bereits 1,8 Millionen Tonnen. Der Ausgang des Ersten Weltkrieges traf die österreichische Donauschifffahrt schwer.
In der Zwischenkriegszeit ließen sich ausländische Schiffsgesellschaften in Wien nieder und errichteten entlang der Donaulände ihre Niederlassungen. Langsam erholte sich der Frachtverkehr wieder und so wurden 1937 rund 1,5 Millionen Tonnen Fracht umgeschlagen.
25 Kräne
Zu Beginn des zweiten Weltkrieges befanden sich auf der Donaulände 25 Kräne unterschiedlicher Bauart, 6 Elevatoren, 8 Sauger, eine Waggonkippanlage, 8 Schiebebühnen und eine große Zahl von Förderbändern im Einsatz.
Unter deutscher Leitung wurde ein großzügiger Ausbau des Wiener Hafens beschlossen. Der Hafen sollte das Tor des Deutschen Reiches zum Balkan werden, verwirklicht wurde nur der Ölhafen in der Lobau und der Alberner Hafen für Massen- und Getreideprodukte in Simmering.
Das Freudenauer Hafenbecken sowie die obere Alte Donau diente auch Wasserflugzeugen als Start- und Landeplatz. Die Hafenanlagen in Wien, deren Verladeeinrichtungen und Lagerplätze wurden zu einem wichtigen Ziel der alliierten Luftangriffe.
Wracks blockierten die Donau
Bei Kriegsende waren mehr als die Hälfte der Lager und Ladekräne an der Donaulände vernichtet oder schwer beschädigt, während die Hafenbecken verhältnismäßig wenig beschädigt waren.
Unzählige Wracks gesunkener Schiffe blockierten die Donau. Die sowjetische Besatzung konfiszierte alle Einrichtungen des Hafens und der dort angesiedelten Firmen als deutsches Eigentum.
Alle Ereignisse im Hafen wurden von den Russen unter strenger Geheimhaltung gehalten, wobei so manches Schiff die Donau stromabwärts fuhr und nie wieder nach Hause kam.
Sehr bald nach Kriegsende begann man Wracks und Brückenteile, welche die Schifffahrtsrinne blockierten wegzuräumen. Langsam begann wieder die Frachtschifffahrt auf der Donau, und anfangs fuhren hauptsächlich russische Schiffe der Besatzungsmacht.
Wechsel in die Freudenau
In den 1950er Jahren ergab sich die einmalige Gelegenheit, dem langersehnten Wunsch der Politik, den Warenumschlag von der Donaulände weg in die Freudenau zu verlegen.
Die damaligen Pläne sahen vor, den Hafen Lobau weiterhin als Ölhafen zu verwenden, den Hafen Albern als Getreide- und Massenguthafen und den Hafen Freudenau als Stückguthafen mit einem Fassungsvermögen von rund 400 Schiffen auszubauen. Nur dem engagierten Einsatz des damaligen Bürgermeisters Bruno Marek, des Stadtrates Felix Slawik und Gemeinderates Rudolf Bednar ist es zu verdanken, dass am 30. Mai 1962 nach langwierigen Vorarbeiten die „Wiener Hafen Betriebsgesellschaft m.b.H.“ gegründet wurde.
Schrittweiser Ausbau
Mit dem Ausbau der bescheidenen Anlagen wurde umgehendst begonnen. Der Freudenauer Hafen gliederte sich damals in drei Hafenbecken, den Vorhafen, einen Innenhafen und den Seitenhafen. Der rasche Aufschwung des Frachtumschlages erzwang einen weiteren Ausbau der Verlade- und Lagereinrichtungen.
Der schrittweise Ausbau und die Umgestaltung der Hafenbecken allein reichte dafür nicht aus. Aus diesem Grund beschloss der Wiener Gemeinderat einen Flächenumwidmungsplan, der großzügige Ausbaumöglichkeiten erschloss, die bis heute noch immer nicht zur Gänze ausgeschöpft wurden.
60er Jahre: Mehr Zollfreizone
Durch die mehrmalige Ausweitung der 1963/64 errichteten Zollfreizone, wurde nach und nach der für den Warenumschlag bedeutungslose Seitenhafen zugeschüttet. Mit Fertigstellung des Rhein-Main-Donaukanals 1992 war die Donau als internationale Wasserstraße ausgebaut. Vom Wiener Hafen, der im Schnittpunkt dieser Wasserstraße liegt, ist das Schwarze Meer rund 1.900 Kilometer und die Nordsee rund 1.600 Kilometer entfernt.
Sowohl die Fracht- als auch die Passagierschifffahrt nahm anschließend einen gewaltigen Aufschwung. Augenscheinlich dafür sind die vielen Kreuzfahrtschiffe welche in den Sommermonaten in Wien anlegen. In der Frachtschifffahrt sieht man viele Lastkähne mit Flaggen aus ganz Europa.
Container-Umschlagplatz
Einen weiteren Aufschwung brachte die Errichtung des Container-Umschlages im Hafengelände. Mit leistungsfähigen Krananlagen ist es möglich Container rasch vom Lkw oder Bahn auf die Schiffe zu verladen oder je nach Bestimmungsort umzuladen.
Es werden jährlich rund 130.000 Container umgeschlagen. Der Wiener Hafen ist durch seinen großzügigen Ausbau zum Umschlag- und Logistikzentrum geworden. Mit einer Fläche von 3,5 Millionen m² ist der Hafen einer der größten Güterumschlagplätze Österreichs. Durch die guten Anschlüsse an Straße und Schiene nutzen auch etwa 150 andere Firmen das Hafengelände. Für einen raschen und sicheren Güterumschlag stehen 8 Kräne mit einer Tragkraft von 6 bis 240 Tonnen, sowie eine Container-Brücke mit 40 Tonnen Tragkraft zur Verfügung.
Erstellt von Franz Haas Bezirksmuseum Leopoldstadt
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