Spritpreise explodieren
Ein Blick ins Innenleben einer Tankstelle
Gerhard und Barbara Prusnik "schupfen" seit 23 Jahren die Eni-Tankstelle in Kindberg. Von den stark steigenden Spritpreisen profitieren sie nur indirekt.
KINDBERG. So teuer waren Benzin und Diesel noch nie. Die magische Zwei-Euro-Grenze an den Tankstellen wurde in den vergangenen Tagen zum ersten Mal überschritten. Eigentlich sollten die Zapfsäulen verwaist sein, weil sich die Autofahrer:innen jede Tankfüllung wohl zweimal überlegen würden.
Falsch gedacht! Es ist Freitag knapp vor 12:00 Uhr. An der Eni-Tankstelle in Kindberg staut es sich richtiggehend vor den Zapfsäulen. Warum, das erklärt sich für Tankstellenpächter Gerhard Prusnik so: "Einmal am Tag dürfen die Preise an den Tankstellen erhöht werden, das passiert immer um 12 Uhr. Traditionsgemäß zählen wir zu den günstigsten Tankstellen im Mürztal, deswegen haben wir gerade jetzt einen verstärkten Zulauf, somit profitieren wir indirekt von der eklatanten Preissteigerung."
Die Preise dürfen aber auch gesenkt werden, und das sogar mehrmals am Tag. "Wenn wir die Preise senken, dann passiert das so um 15 Uhr. Was bei uns gilt – und was sich auch bewährt hat: Wir erhöhen nicht am Wochenende und an Feiertagen", so Prusnik. Der Freitagspreis gilt demnach bis Montag 12:00 Uhr.
Teil der Hochhauser Gruppe
Gerhard Prusnik ist seit 23 Jahren Tankstellenpächter in Kindberg, zuvor hat er eine Tankstelle in Bruck in Pacht gehabt. Wenn er in der Wir-Form spricht, dann meint er damit die Hochhauser Tankstellen-Gruppe mit Hauptsitz in Neunkirchen, die insgesamt 16 Tankstellen umfasst. Dazu gehört unter anderen auch die Eni-Tankstelle in Mürzzuschlag.
"Eben weil wir nicht zu den großen Ölmultis gehören, haben wir auch eine sehr flexible Preisgestaltung", erklärt der Tankstellenprofi. Mittlerweile ist er schon so lange im Geschäft, dass die Familie Hochhauser ihn in die Preisgestaltung miteinbezieht. Um eine Beobachtung des Mitbewerbs kommt man nicht umhin. "Wobei wir bei der Preisgestaltung den Takt vorgeben, der Mitbewerb richtet sich zumeist nach uns. Dieser kann es sich nicht leisten, zu weit von unserem Preisniveau entfernt zu sein", sagt Prusnik verschmitzt lächelnd.
"So eine günstige Konstellation wie ich sie hier in Kindberg erleben durfte – mit der Übernahme durch die Familie Hochhauser – wird es kein zweites Mal mehr geben. Eingespannt in einen großen Tankstellenkonzern ist das Leben eines Tankstellenpächters wahrlich kein Honigschlecken mehr."
Gerhard Prusnik
Jeder Liter zählt
Als Tankstellenpächter profitiert er nicht von höheren Spritpreisen. "Ich bekomme eine gewisse Cent-Zahl pro getankten Liter, unabhängig davon, wie hoch der Preis ist." Rund vier Millionen Liter werden an der Tankstelle in Kindberg pro Jahr vertankt. "Angefangen habe ich mit 2,3 Millionen Litern." Das Hauptgeschäft an der Tankstelle ist für einen Pächter der Shop. "Hier haben wir freien Gestaltungsspielraum", erzählt Prusnik. Von den Punschkrapferln bis zu den Babywindeln gibts alles im Tankstellenshop und das täglich; Ruhetag gibts keinen.
Der Ruhestand naht
Mit Ende April 2023 ist jedoch Schluss für Gerhard und Barbara Prusnik mit dem Tankstellengeschäft. Sie treten ihren wohlverdienten Ruhestand an. Neuen Pächter wird es keinen mehr geben, den Tankstellenbetrieb übernimmt die Familie Hochhauser selbst. Die drei übrigen Mitarbeiterinnen bleiben der Tankstelle in Kindberg erhalten. Eines ist für Gerhard Prusnik fix: "Ich bin stolz auf meine Damen, ohne sie wären wir nicht so ein erfolgreiches Team."
Eine einmalig günstige Konstellation
Ob er als junger Mann noch einmal eine Tankstelle übernehmen würde? Gerhard Prusnik: "Nein! So eine günstige Konstellation wie ich sie hier in Kindberg erleben durfte – mit der Übernahme durch die Familie Hochhauser – wird es ein kein zweites Mal mehr geben. Eingespannt in einen großen Tankstellenkonzern ist das Leben eines Tankstellenpächters wahrlich kein Honigschlecken mehr. Aber, unseren Job haben wir gerne gemacht und ich denke, die vielen zufriedenen Kunden geben uns recht."
Jetzt muss er das Gespräch beenden. Das Telefon läutet Sturm. Alle wollen wissen, wie hoch der momentane Preis ist – und wann umgestellt wird.
Kleine Tankstellen-Geschichte
Seit 1970 gibt es die Tankstelle in Kindberg. Was sich jetzt als strategisch günstiger Tankstellenplatz direkt an der Auf- und Abfahrt zur Schnellstraße erweist, war damals ein reiner Zufallstreffer. Von einer Schnellstraße war damals noch keine Rede. 1983 wurde die Tankstelle erweitert. 1999 haben Gerhard und Barbara Prusnik die Tankstelle vom damaligen Pächter Karl Kern übernommen – damals noch als BP-Tankstelle. 2002 übernahm Hochhauser die Tankstelle, die 2013 zur Eni-Tankstelle wurde.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.