So funktioniert Demokratie
Ein Schulbeispiel für Mitbestimmung

Lukas Hadda (li.) und sein Klassenlehrer Markus Steiner mit einem Musterblatt zur Unterschriftenaktion. | Foto: Hackl
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Demokratie ist oft ein sehr abstraktes Konstrukt. Ein Schüler der Mürzzuschlager Mittelschule zeigt jedoch, wie praxistauglich demokratische Prozesse sein können.

MÜRZZUSCHLAG. Wo beginnt die Teilhabe am politischen Leben? Wo beginnt Mitbestimmung?
Bestenfalls so früh und so ehrlich als möglich - ein Beispiel aus der Peter-Rosegger-Mittelschule Mürzzuschlag zeigt, wie Empowerment, also Selbst- und Mitbestimmung, in der Praxis funktionieren kann.

Seit längerer Zeit wünschen sich viele Schüler und Schülerinnen der Mittelschule eine neue Beginnzeit des Unterrichts. Irgendwann wurde es Lukas Hadda, Schüler der 3a-Klasse, zu bunt und begann initiativ zu werden: "Halb acht Uhr Früh ist definitiv zu früh. Jene Schülerinnen und Schüler, die mit dem Bus kommen, müssen laufen, damit sie den Unterrichtsbeginn schaffen. Zeit, um unterwegs eine Jause zu kaufen bleibt absolut nicht. Ein späterer Unterrichtsbeginn muss her", erzählt Lukas Hadda.

In das Projekt eingebunden wurde auch Schuldirektor Johann Schellnegger (re.) – im Bild mit Lukas Hadda und Markus Steiner. | Foto: MS Mürzzuschlag
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Wie aber umsetzen? Jetzt kommt Klassenlehrer Markus Steiner ins Spiel und gemeinsam nahmen sie sich nun dieser Frage an. Es wurde eine Unterschriftenaktion gestartet, Fahrpläne der öffentlichen Verkehrsmitteln wurden gecheckt, Tabellen und Unterschriftslisten erstellt sowie Informationen und Gespräche in allen Klassen angeboten. "Lukas hat die Kampagne selbst in jeder Klasse vorgestellt und hat über Vor- und Nachteile informiert", erzählt Markus Steiner. "Ein Nachteil ist sicherlich, dass der Unterricht dementsprechend länger dauern wird oder die Pausen verkürzt werden müssen", so Lukas Hadda.

Kürzere Pausen

Unterstützt vom Schuldirektor Johann Schellnegger nahm das neue Konzept Form an: Schulbeginn 7.45 Uhr (statt wie bisher 7.30 Uhr), dafür werden zwei Pausen von 10 Minuten auf fünf Minuten gekürzt, im Gegenzug wird die große Pause von 15 auf 20 Minuten verlängert – auch ein Wunsch, den es in der Schule schon seit längerer Zeit gibt. Die tägliche Unterrichtszeit verlängert sich somit nur um fünf Minuten.

"Halb acht Uhr Früh ist definitiv zu früh.
Jene, die mit dem Bus kommen, müssen laufen, damit sie den Unterrichtsbeginn schaffen. Zeit, um unterwegs eine Jause zu kaufen bleibt absolut nicht."
Lukas Hadda erklärt, warum er das Projekt gestartet hat

"Eine Verlegung der Unterrichtszeit auf 8 Uhr hätte wenig gebracht, weil es mit den Fahrplänen nicht zusammengepasst hätte, da wäre 8.30 Uhr bzw. 8.45 Uhr schon sinnvoller gewesen, aber da sind wir schon viel zu weit im Vormittag drinnen. Auch das Unterrichtsende haben wir mit den Fahrplänen abgestimmt. Jetzt müsste es funktionieren", weiß Lukas Hadda.

Satte Dreiviertel-Mehrheit

Die Schüler-Befragung brachte eine Beteiligung von nahezu 100 Prozent. Eine satte Dreiviertel-Mehrheit (78,72 Prozent) wünscht sich neue Unterrichts- und Pausenzeiten. "Im nächsten Schritt wird das Lehrerkollegium befragt und in weitere Folge die Eltern. Ich bin jedoch überzeugt, dass es kaum Widerstände gegen den Schülerentscheid geben wird. Diese demokratische Entscheidung sollten wir zur Kenntnis nehmen", sagt Markus Steiner, der das Projekt auch in den Unterricht einfließen ließ: "Das gibt wunderbaren, praxisnahen Stoff für Mathematik und Deutsch her und Lukas selbst hat viel über Präsentationstechniken gelernt."

Bei der Schülerbefragung stimmten mehr als 78 Prozent für einen um 15 Minuten späteren Unterrichtsbeginn. | Foto: MS Mürzzuschlag
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Direktor Johann Schellnegger äußert große Sympathie für das Engagement: "Wir werden dieses Schülerbegehren natürlich sehr ernst nehmen. Ich will es auch umsetzen. Das Engagement freut mich riesig. Starten wir gemeinsam ein Stück gelebter Demokratie in unserer Mittelschule."

"Es hat diesen Funken gebraucht"

Angst, dass man jetzt von Unterschriftenaktionen überrannt wird, ähnlich der großen Flut an Volksbegehren, hat man an der Schule nicht: "Im Grunde haben sich alle einen späteren Unterrichtsbeginn gewünscht, Lukas hat die Initialzündung dazu gegeben. Jetzt haben alle gesehen, wie man Wünsche, Forderungen, Anliegen umsetzen kann und wie demokratische Prozesse funktionieren. Etwas Besseres kann einer Schule nicht passieren", so das Fazit von Klassenlehrer Markus Steiner.

Mitbestimmung in Schulen

Umgesetzt werden soll der Unterrichtsbeginn 7.45 Uhr mit Beginn des neuen Schuljahres. Lukas Hadda kommt dann noch ein volles Schuljahr in den Genuss seines Erfolges. Danach spitzt er auf eine Lehre als Automechaniker.

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