Eindrucksvolles Gedenken an den Arbeiterdichter Erich Zwirner

Erich Zwirner junior und Reinhard Zwirner | Foto: heivei
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Der schon im Frühjahr anlässlich seines 10. Todestages angekündigte Erinnerungsabend an den Mürzzuschlager Arbeiterdichter Erich Zwirner (1928 – 2003) ging am 13.11.2013 im Mürzer Kunsthaus über die Bühne. Der Zuspruch des Publikums übertraf die Erwartungen der Veranstalter.

Da in der Print-Ausgabe der Mürztal-Woche der Platz für eine umfangreichere Berichterstattung fehlte, versuche ich hier einige Informationen nachzuliefern, für alle die an mehr Details interessiert sind.

Einstimmung

Kunsthaus-Literaturchef Thomas Eder begrüßte zunächst auf der Bühne zwei Söhne Erich Zwirners, die Bluesmusiker Erich Zwirner junior und Reinhard Zwirner, die mit einem von den Beatles stammenden Workmen-Song die Veranstaltung stimmungsvoll einleiteten.

Es folgten zur weiteren Einstimmung Ausschnitte aus einem vom ORF im Rahmen der „Kunststücke“ im Jahre 1982 ausgestrahlten Film über die „Steirische Werkstatt Literatur der Arbeitswelt“. Man sah eine Zusammenkunft der Literatengruppe, bei welcher Erich Zwirner aus seiner Erzählung „Tod in der Nacht“ liest. Und wie man bei Lesungen gemachte Erfahrungen austauscht.

Lesung

Dann gehörte die Bühne dem Wiener Schauspieler Ottwald John. Gekonnt präsentierte er dem Publikum die zuvor im Film angeklungene Erzählung „Tod in der Nacht“, die in dichterisch-beklemmender Weise einen Arbeitsunfall im Stahlwerk schildert. Erich Zwirner hatte damit 1978 den Literaturwettbewerb der Steirischen Arbeiterkammer gewonnen und war schlagartig erstmals in die literarische Öffentlichkeit getreten.

Nach einem weiteren musikalischen Intermezzo der Zwirner-Söhne folgte die Erzählung „Der Reisebegleiter“. Nicht minder beklemmend schildert der Autor in diesem autobiographischen, magisch-realistisch überhöhten Erlebnisbericht seine Heimfahrt von einer Lesung, bei der es zu Meinungsverschiedenheiten mit Arbeitern kam. Und auch wer diese Geschichte schon seit ihrer Entstehungszeit kannte, zeigte sich betroffen, wie sehr der Dichter vor 30 Jahren politische Entwicklungen der Gegenwart vorhergesehen hatte.

Weggefährten

Nach einer kurzen Pause die Gesprächsrunde mit Freunden und Weggefährten Erich Zwirners. Es moderierte Heimo Gruber, aus Mürzzuschlag gebürtiger Wiener Bibliothekar. Er dankte zunächst Thomas Eder und dem Kunsthaus für das Zustandekommen der Veranstaltung und dem ebenfalls aus Mürzzuschlag stammenden Wiener Werkkreis-Literaten Werner Lang für seine Bemühungen, Erich Zwirner nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Dann kam er auf die bereits im Film gesehene „Steirische Werkstatt Literatur der Arbeitswelt“ zu sprechen, die von 1979 bis 2003 bestanden hatte, und bat mich als Weggefährten um einige Worte.

Ich erzählte, wie ich Erich bei der Gründung der Literaturgruppe kennen gelernt hatte, die sich als Teil der Arbeiterbewegung verstand. In der Steiermark dominierten linke Sozialdemokraten. Erich Zwirner selbst war Vertrauensmann in der SPÖ-Ortsorganisation Hönigsberg und einige Jahre sogar deren Bildungsreferent . Die Erzählung „Der Reisebegleiter“ ließ einiges von seinen Konflikten mit Genossen erahnen, aber auf Landesebene waren Erich und die Werkstatt gut mit Bildungsorganisationen vernetzt. Da war Werkstattgründer Gerhard Winker als Bildungssekretär des ÖGB, da war LAbg. Arthur Ficzko als Landesstellenleiter des Renner-Instituts und da war in der AK die spätere Frauenministerin Helga Konrad als Geschäftsführerin der „Steirischen Kulturinitiative“. Sie verschafften uns Möglichkeiten zu Lesungen und Schreibwerkstätten. Und ich schilderte jetzt, wie ich diese Auftritte mit Erich Zwirner als leidenschaftlichen Diskutierer erlebte.

Es folgte ein Gespräch mit Barbara Magg. Sie hatte als Pädagogikstudentin für ihre Diplomarbeit „Schreiben – Lernen – Schritte setzen“ zahlreiche Interviews mit Mitgliedern der Steirischen Werkstatt gemacht und Erich Zwirner als außenstehende wissenschaftliche Beobachterin erlebt. Sie erzählte jetzt von diesen Gesprächen mit Erich und zitierte aus den Interviews, welche die literarische und persönliche Entwicklung des Autors anschaulich zum Ausdruck brachten.

Der Historiker und Musikethnologe Helmut Brenner war der Nächste in der Runde der Freunde und Weggefährten. Er bezeichnete sich als zweifach mit Erich Zwirner verbunden. Einerseits als Mitglied der Steirischen Werkstatt und anderseits als Verfasser der umfangreichen Chronik „Im Schatten des Phönix“ über die Geschichte der Schoeller Bleckmann Stahlwerke. Da zählte Erich Zwirner wie der bei der Gedenkveranstaltung gleichfalls anwesende Herbert Simonics, zu jenen schreibenden Arbeitern, die ihn als Forscher die wichtigsten Hinweise lieferten und bei der Arbeit als Zeitzeugen unterstützten.

Und dann wandte sich der Moderator an Erich Zwirner jun.: "Du bist ein vielseitig kreativer Mensch. Das Publikum hat Dich heute bereits als Musiker erlebt, aber Du warst ebenso Werkstattautor und betätigst Dich auch als Zeichner. Hat Dir für diese Talente Dein Vater Anstösse gegeben?" Und es folgte ein Gespräch über die vielfachen musischen Anlagen des Vaters und dessen Griff zur Gitarre in Berghütten.

Dann kam das Publikum zu Wort. Zunächst Werkstattgründer Gerhard Winkler. Er bezeichnete Erich Zwirner als Glücksfall für die Arbeiterbildung, besonders geeignet für den Einsatz bei Gewerkschaftsschulen.

Und dann stand ein ehemaliger Stahlarbeiter auf. Er erzählte, wie er im Werk Erich Zwirner bei seinen Kontrollgängen als Kesselwärter eher als unnahbar empfunden habe. Doch das habe sich grundlegend geändert, als er später neben Zwirner im Krankenhaus lag. Und es folgten Anekdoten von Erichs Hilfsbereitschaft bei einem Rehabilitationsaufenthalt. Er habe Erich Zwirner unendlich viel zu verdanken.

Rosegger-Text

Nach dieser starken Wortmeldung verzichteten wir am Podium auf die Schlussrunde. Es musizierten nochmals die Zwirner Söhne und dann trat Ottwald John vor das Publikum und verlas einen Brief Peter Roseggers aus dem Jenseits, in welchem er zu Problemen unserer Zeit Stellung nimmt. Mit dem besonders im heurigen Jahr bemerkenswerten Satz in der Einleitung: „Es freut mich auch sehr, wenn ich sehe, wie viele Menschen meine Bücher heute wieder lesen, doch fürchte ich, daß nicht so sehr mein geistiges Schaffen der Grund ist, der Euer Interesse an mir wieder geweckt hat, meine lieben Seelenverkäufer und andere Krämer, sondern Eure Geschäftstüchtigkeit, als Ihr innewurdet, wie leicht und gut man mich vermarkten kann.“

Geschrieben hat diesen Rosegger-Text Erich Zwirner vor 30 Jahren, und Peter Turrini, der Volksbildner Hubert Lendl und Sabine Marketz vom Krieglacher Rosegger-Museum haben ihm als Juroren dafür den Rosegger-Preis der Stadt Mürzzuschlag verliehen. Auf der Projektionswand des Kunsthauses erschien ein Bild. Es zeigt Erich Zwirner wie er bei der Preisverleihung diesen Text am Nationalfeiertag des Jahres 1983 im neu eröffneten Rathaus vorträgt.

Zu Abschluss bedankten sich die Zwirner-Söhne für die stimmungsvolle Gedenkveranstaltung. Zu der sie auch mit ihrer Musik sehr viel beigetragen hatten.

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