Jahresrückblick aus dem Fischerhof für Ganz Mürzzuschlag?

Fischerhof in den 40er Jahren
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Der Jahresrückblick 2013 von TV Mürz wurde auf Bitte des Mürzzuschlager Bürgermeisters aus dem sogenannten Fischerhof gestaltet, ein Gebäude im Zentrum von Mürzzuschlag, im Eigentum der Gemeinde Ganz und in den letzten Jahren vom Jugendkultur-verein KUMZ mit viel Engagement revitalisiert.

Da ich ganz gut ohne Kabel-TV auskomme, sehe ich die Sendungen von TV Mürz immer etwas zeitversetzt auf YouTube. Und als ich heute auf den letzten Beitrag des abgelaufenen Jahres klickte, da war es der Jahresrückblick mit einer Dauer von über einer Stunde, und er kam aus dem Fischerhof.

Das Gebäude liegt mir am Herzen, denn dort habe ich 14 Kindheitsjahre verlebt. Als sich jetzt Sendungsgestalter und Bürgermeister vor dem alten Tor des Hauses Wiener Straße 18 trafen, war ich emotional bewegt. Nein, nicht wegen dieser Begegnung, sondern weil ich einst hinter diesem Tor in der Hofeinfahrt spielte, als die Fliegerbomben auf Mürzzuschlag fielen und nicht weit weg in jenen Häusern einschlugen, wo heute Volksbank und Sparkassenhauptgebäude stehen. Und ich denke, möglicherweise könnte ich heute nicht diesen Beitrag schreiben, wenn vor fast 69 Jahren der Bomberpilot einen Sekundenbruchteil früher auf den Knopf gedrückt hätte.

Dann springen meine Gedanken zurück in Gegenwart, Zukunft und nahe Vergangenheit. Während der Bürgermeister die Revitalisierung des Fischerhofs mit der Rettung des Altbaubestandes von Wien-Spittelberg vergleicht, fallen mir Altstadtgebäude auf der gegenüberliegenden Seite der Mürzer „Wohnstraße“ ein, die nicht mehr revitalisiert wurden. …..

Nach dem ersten Teil des Jahresrückblickes lässt sich das Stadtoberhaupt in einem Innenraum des Fischerhofes über das abgelaufene Jahr interviewen. „Auch 2013 war ein gutes Jahr für die Stadt Mürzzuschlag“, beginnt er einleitend. Es folgen Ausführungen über Bevölkerungsentwicklung, Arbeitsplätze, Wohnen, Gemeindeaktivitäten, wie man sie in ähnlicher Form vor einem Monat bei der schlecht besuchten Bürgerversammlung gehört hat.
Aufhorchen lassen mich folgende Feststellungen: „Deswegen hat die Stadtgemeinde auch auf besonderes Drängen der Handelstreibenden die Parkgebühren aufgehoben. Auch eine vielleicht teilweise umstrittene Entscheidung. Es sagen sehr viele, eine tolle Sache, sie freuen sich dass sie keine Gebühren mehr bezahlen müssen, andere meinen, es ist keine so gute Idee, weil man nun schwieriger einen Parkplatz findet, aber seitens der Stadtgemeinde ist das einfach eine Initiative um hier die Geschäfte zu stärken …“
Dass er zugab, es sei eine umstrittene Entscheidung gewesen, freute mich zuerst, aber was dann als Begründung folgte, empfand ich für den Bürgermeister einer Klimabündnis- und e5-Gemeinde sehr beschämend.

Nach dem zweiten Teil des Jahresrückblicks wird das Interview 3 Minuten lang mit Zukunftsthemen fortgesetzt. „Ein weiteres Projekt ist die Gemeindestrukturreform. Auch die wird uns beschäftigen. Wie wir schon wissen, wird also die Gemeine Ganz und die Gemeinde Mürzzuschlag eine neue Gemeinde bilden. Ob das jetzt jedermann gut findet oder nicht, ist sicherlich noch zu diskutieren. Aber es ist eben vom Land verordnet: es soll so sein. Ich persönlich empfinde das auch als eine sehr positive Entscheidung. Ich werde mich besonders bemühen, den Ganzerinnen und Ganzern hier Bedenken oder ihre Ängste zu nehmen, vielleicht können wir hier gemeinsame Vorbereitungsveranstaltungen durchführen. Jedenfalls wird mit Ende 2014 die Gemeinde Ganz und die Gemeinde Mürzzuschlag aufhören zu existieren in dieser Form. Ab 2015, ab dem 1.1. wird es eine neue gemeinsame Gemeinde geben.“

Na ja, das kann ja noch spannend werden. Der Bürgermeister empfindet es als eine sehr positive Entwicklung, aber der Gemeinderat hat einen „Dringlichkeitsantrag zur Übernahme der anfallenden Mehrbelastungen durch die Zwangszusammenlegung mit der Gemeinde Ganz an die Steirische Landesregierung“ beschlossen.

„Ganz Mürzzuschlag“ lautete der Titel eines 1988 erschienenen Buches von Hubert Thurnhofer, welches heimische Einrichtungen, Politiker und Kulturschaffende porträtierte. Der Autor ist in Langenwang aufgewachsen, war Schulkollege von Karl Rudischer am Mürzer Gymnasium, und leitet heute in Wien eine Galerie und eine PR-Agentur. Sein Buch ist immer noch lesenswert. Vielleicht findet man noch ein Exemplar in der Mürzer Stadtbibliothek, wo es einst präsentiert wurde.

Nach dem dritten Teil des Jahresberichtes stoßen der Mürzer Bürgermeister und sein Interviewer auf das kommende Jahr an. Von den engagierten Jugendlichen, die den Fischerhof mit Unterstützung der Gemeinde Ganz als autonomes Jugendkulturzentrum revitalisierten, war im ganzen Beitrag niemand zu sehen. -

Fischerhof in den 40er Jahren
August 2002: hellgrüner Fischerhof im Hintergrund - abgetragene Altstadtreste im Vordergrund
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