Gesundheitsversorgung
Kapellener Landärztin stellte sich gegen Online-Riesen

Kathrin Pammer darf ihren Bereitschaftsdienst nun wieder verrichten. | Foto: Hofbauer
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Wieder im Dienst: Die klare Haltung der Kapellener Ärztin Kathrin Pammer machte sich am Ende bezahlt.

Ein gutes Jahr lang durfte Kathrin Pammer aus Kapellen keinen Wochenend-Bereitschaftsdienst machen bzw. wurde dieser vom dafür zuständigen Gesundheitsfonds Steiermark nicht honoriert. Grund dafür: Die Landärztin war nicht bereit, die notwendige Handy-App aus dem Google Playstore zu übertragen. Seitdem der Bereitschaftsdienst 2019 umgestellt und das Gesundheitstelefon 1450 eingerichtet wurde, ist eine Teilnahme am Ordinationsdienst an den Wochenenden nur mit bereitgestellter Handy-App möglich. Darüber findet die Kommunikation mit dem Gesundheitstelefon und die Zuweisung der Patienten statt. Die Ärzte, die einen Bereitschaftsdienst übernehmen, müssen sich an- und abmelden, damit ihr Dienst honoriert wird. "Öffentliche Dienstleistungen und Aufträge sowie die Gesundheitsvorsorge sollen nicht zu einem Gut der Gig-Ökonomie* werden", erklärt Pammer ihre Beweggründe, sich gegen den Download zu entscheiden. "Sobald bei der Gesundheitsvorsorge Unternehmen im Spiel sind, die sich einen kommerziellen Nutzen versprechen, da bin ich nicht dabei. Wir gehen ohnehin schon so 'schleißig' mit unseren Daten um", konkretisiert sie ihre Bedenken in diesem Zusammenhang.

Bezirksärztevertreter Günther Hirschberger stärkte ihr im letzten Jahr den Rücken. | Foto: Hofbauer
  • Bezirksärztevertreter Günther Hirschberger stärkte ihr im letzten Jahr den Rücken.
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Verwunderlich für sie, dass es kaum weiteren Widerstand aus der Ärzteschaft gab: "Ich weiß, wenn man sich gegen so etwas stellt, bekommt man schnell einen gewissen Ruf, aber man kann sich doch nicht alles so aufs Auge drücken lassen", sagt Pammer und weist darauf hin, dass jeder niedergelassene Arzt selbst für den Datenschutz seiner Patienten verantwortlich ist.

Lösung gefunden

Nach diversen Korrespondenzen mit dem Gesundheitsfonds, der Ärztekammer, einem Brief an die Gesundheits-Landesrätin und der Hinzuziehung einer Anwältin wurde eine Lösung gefunden. "Es gab hier leider viel Misskommunikation, daher sind wir umso glücklicher, dass wir das Problem lösen konnten und Frau Dr. Pammer wieder ihren Bereitschaftsdienst verrichten kann", erzählt Klaus Pessenbacher vom Gesundheitsfonds Steiermark. "Wir haben ihr die App nun über einen externen Server zur Verfügung gestellt, damit sie den Google Playstore umgehen kann. Ich kann aber versichern, dass Google oder andere Unternehmen keinen Zugriff auf gesundheitliche Daten der Patienten haben. Die App wurde vom Roten Kreuz entwickelt. Google ist da völlig draußen, es werden nur die gängigen Plattformen für den Download verwendet", erklärt Pessenbacher.

Für Pammer ist die Sache damit erledigt: "Ich bin sehr glücklich, dass ich meinen Dienst wieder wie gewohnt verrichten kann, und wie man sieht, geht es auch ohne Google." Beistand im letzten Jahr lieferte ihr Bezirksärztevertreter Günther Hirschberger. "Die Technik sollte unsere Arbeit erleichtern, in vielen Fällen ist aber das Gegenteil der Fall. Früher haben wir Ärzte einen Juristen als Beistand gebraucht, heute brauchen wir einen EDV-Spezialisten an unserer Seite", so Hirschberger, der genau wie Pammer noch Verbesserungspotenzial am neuen Bereitschaftsdienst ortet.

Gesundheitswesen am Scheideweg?

*Die von Kathrin Pammer angesprochene Gig-Ökonomie bezeichnet einen Teil des Arbeitsmarktes, bei dem Aufträge kurzfristig an unabhängige Selbstständige vergeben werden. "Ein Arzt darf nicht zu einem Lieferdienstfahrer werden", sagt sie in diesem Zusammenhang. Bezirksärztevertreter Günther Hirschberger zu diesem Thema: "Der neue Bereitschaftsdienst ist seit zwei Jahren in Betrieb. Im dritten Jahr wird evaluiert und es gibt diverse Stellschrauben." Sorge bereitet beiden die Zukunft der Gesundheitsversorgung im ländlichen Bereich. "Derzeit funktioniert das System noch, weil wir noch funktionieren", so die beiden unisono.

Kathrin Pammer darf ihren Bereitschaftsdienst nun wieder verrichten. | Foto: Hofbauer
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