ST. GEORGEN OB JUDENBURG
Windräder kritisch betrachtet

Veranstalter, Referenten und Ehrengäste beim Informationsabend der Plattform gegen den Windpark Habering - Bocksruck im Veranstaltungssaal des Kulturheimes St. Georgen ob Judenburg. Fotos: Pfister
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  • Veranstalter, Referenten und Ehrengäste beim Informationsabend der Plattform gegen den Windpark Habering - Bocksruck im Veranstaltungssaal des Kulturheimes St. Georgen ob Judenburg. Fotos: Pfister
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Die einen sprechen von Windparks, die anderen von Windindustrieanlagen. Windräder stehen zunehmend in der Kritik.

„Geld verdienen um jeden Preis?“. Diese und weitere provokante Fragen dominierten bei einer Info-Veranstaltung im Kulturheim der Gemeinde St. Georgen ob Judenburg, die auf großes Interesse stieß. Rund 250 Besucher lauschten aufmerksam den Ausführungen der Referenten. Univ.-Prof. Dr. Manfred Maier (Uni Wien, Facharzt für Allgemeinmedizin), ging in seinen Ausführungen auf „Gesundheitliche Auswirkungen von Windkraftanlagen“ ein. Maier ist zudem gerichtlich beeideter und zertifizierter Sachverständiger. Zum Thema „Windkraft und Tierwelt“ nahm Karl Liechtenstein Stellung und einen besonders ausführlichen und detailverliebten „Blick über den Tellerrand“ lieferte Herbert Jungwirth, MBA, vom Österreichischen Alpenverein Oberös-terreich. Jungwirth kommt aus der in Bezug auf ihre kritische Einstellung zur Windkraft als „gallisches Dorf“ bekannten Marktmeinde Molln.

Zahlreiche Ehrengäste

Moderator Hubert Galler konnte eingangs neben den vielen Besuchern auch zahlreiche Ehrengäste begrüßen. Darunter auch den „Hausherrn“ Bürgermeister Hermann Hartleb (St. Georgen) und seinen Amtskollegen Alois Mayer aus der Gemeinde Pölstal. Weiters Vizebgm. Otto Rottensteiner (Oberwölz), den Rottenmanner Bürgermeister Alfred Bernhard, Sieglinde Wrabl (Tourismusobfrau „Urtal“), GK Markus Schiffer (Unzmarkt), Ing. Hans-Helmut Helm (Obmann des Steirischen Aufsichtsjägerverbandes), Walter Berger (Obmann-Stv. der Naturfreunde Steiermark), DI Clemens Neuber, Bezirksjägermeister Jörg Regner und Jagdschutzvereins-Obmann Herbert Pojer.

Besonders kritisch hinterfragt

„Windkraftanlagen in unseren Bergen - saubere Energie?“ Unter diesem Titel stand die Informationsveranstaltung, zu der die „Plattform gegen den Windpark Habering - Bocksruck“ in Konkordanz mit den Gemeinden St. Georgen und Pölstal eingeladen hat. Zum Auftakt seiner Darstellungen stellte Univ.-Prof Dr. Manfred Maier gleich eines klar: „Ich bin heute als Referent nicht gegen Bezahlung hier“. Der Bogen in Maiers Ausführungen spannte sich in Bezug auf die Windräder vom Schattenwurf, Lärm, Infraschall, eine Darstellung des menschlichen Hörens, den wissenschaftlich erforschten und noch nicht erforschten Bereichen bis hin zu den sonstigen Problemen, die Windkraftanlagen verursachen würden. Aus den bisherigen Erkenntnissen leitete er Forderungen der Windkraftkritiker ab. Es sei im Übrigen auch falsch, zu glauben: „Was man nicht hören kann, schadet auch nicht. Die schallempflindlichen Sinneszellen im Innenohr werden auch durch Infraschall gereizt und übertragen diesen Reiz an das Gehirn (EARS 2014)“, so Univ.-Prof. Maier. Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse würden belegen, dass „negative Auswirkungen auf die Gesundheit nicht ausgeschlossen werden können. Infrage stellte er auch Gutachter und deren Gutachten. Hierbei stelle sich immer die Frage, wer gibt diese Gutachten in Auftrag?

Windindustrie & Vogelwelt

Unter diesem Titel lieferte der Adelige Karl Liechtenstein geharnischte Argumente gegen den Bau von Windkraftanlagen. Liechtenstein nannte Gefährdungsfaktoren durch Windräder und deren negative Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes. Zu denken gab den Anwesenden das Ausmaß der von den Rotoren beanspruchten Fläche (Annahme Bocksruck). Bei 130 Metern Rotordurchmesser ergebe das 13.266 Quadratmeter. Hochgerechnet auf 20 Windräder seien das 265.330 Quadratmeter. Das sei 22 Mal die Spielfläche der Allianz-Arena. Die Rotoren der Windräder bezeichnete er als Vogelschredder. Anhand einer Statistik, die im Rahmen eines Gutachtens von DDr. Veronika Grünschachner-Berger erstellt worden ist, zeigte Liechtenstein die „Meidung des Lebensraumes am Beispiel des Birkhuhnes im Tauernwindpark Oberzeiring“ auf und ging in seiner Darstellung unter anderem auf „Birkhahnverluste im Bereich einer Windkraftanlage“ ein. Auch den Totschlag bei Fledermäusen und Insekten führte er ins Treffen. Die Zugvögelthematik visualisierte der Vortragende anhand von BirdLife-Studien. Beleuchtungen in der Nacht würden Vögel magisch anziehen. Einer kritischen Betrachtung unterzog Karl Liechtenstein auch das Behördenverfahren. Mit den Worten: „Schau'n Sie, dass Sie den hässlichen Windpark in dieser Gegend verhindern“, schloss er seinen Beitrag unter Beifall.

Einteilung in drei Zonen

Besonders eindringlich warnte Herbert Jungwirth vom Alpenverein Oberösterreich vor den negativen Folgen von „Windindustrieanlagen“. Er bevorzuge diesen Ausdruck, weil der Begriff Windpark für ihn nicht zutreffend beschreibe, worum es bei der Errichtung von Windkraftanlagen gehe. Die Flächen, auf denen die Windräder stehen, seien nämlich als Industriegrund gewidmet. Das Land unterscheide in seiner Beurteilung zwischen Ausschlusszonen, Vorrangzonen und Eignungszonen. Oberzeiring gelte als Vorrangzone. Jungwirth machte darauf aufmerksam, dass die Begutachtungsfrist mit 21. Juni 2019 ende und für Gemeinden nur noch bis zu diesem Datum die Möglichkeit einer Stellungnahme beim Land Steiermark bestehe. Die Steiermark gehe mit diesem Flächenwidmungsplan einen besonders radikalen Weg, erklärte Herbert Jungwirth. 400 Windräder sollen in der Steiermark errichtet werden. Jungwirth zeichnete anhand von Beispielen ein wahres Horror-Szenario. In der beschaulichen Naturlandschaft entstehe durch Windräder in Windindustrieanlagen eine dauernde Unruhe.

Weitere Wortmeldungen

Als deklarierte Gegner eines Windparks Habering - Bocksruck meldeten sich u. a. auch Bgm. Hermann Hartleb, Bgm. Alois Mayer, Norbert Brunner (Lachtal Lifte), 3 G-TVB-Obfrau Sieglinde Wrabl, StAJV Ing. Hans-Helmut Helm, Walter Berger (Naturfreunde Steiermark), der Unzmarkter Gemeindekassier Markus Schiffer und DI Clemens Neuber zu Wort. Interessant auch ein schriftliches Statement des Tauernwindpark-Betreibers Johannes Trauttmansdorff, welches vom Pölstaler Bürgermeister Alois Mayer verlesen wurde. Darin wurde die Wirtschaftlichkeit in der Vorrangzone Habering - Bocksruck infrage gestellt. Auch in allen Wortmeldungen wurde die vorgesehene Widmung dieses Gebietes als Vorrangzone durchwegs als „nicht geeignet“ bezeichnet. Besonders erfreut zeigten sich die Veranstalter darüber, dass auch Vertreter und Befürworter der Windkraft, darunter Franz-Josef Lang von der Energie Steiermark, zum Infoabend gekommen sind.

Hoffnung auf Rücknahme

In Konkordanz mit den Veranstaltern dieses Info-Abends gab DI Clemens Neuber am Schluss des offiziellen Teils seiner Hoffnung Ausdruck, dass es im Rahmen des rechtlich vorgesehenen Begutachtungsverfahrens zu einer Rücknahme der Widmung in der Vorrangzone Bocksruck - Habering kommt.

Einen Bericht darüber finden Sie auch in der aktuellen Print-Ausgabe Ihrer Murtaler Zeitung.

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