Gespaltene Elternpersönlichkeit: Lehre sollen die andern machen, mein Kind braucht die Matura

Sonja Zwazl, Präsidentin der Wirtschaftskammer NÖ, Markus Wieser, Präsident der NÖ Arbeiterkammer | Foto: WKNÖ/Bollwein
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Wir befinden uns in einer schwierigen Zeit: Facharbeiter sind heiß begehrt, doch der Weg dorthin – die Lehre – hat ein Akzeptanzproblem in der Bevölkerung. Immer noch wünscht sich die Mehrheit der Eltern eine lange schulische Ausbildung ihrer Kinder. "Es ist der Traum, dass das eigene Kind einmal Arzt oder gar Nobelpreisträger werden kann", bringt es Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ) Präsidentin Sonja Zwazl schmunzelnd auf den Punkt. Dabei bietet gerade die Lehre heutzutage jungen Menschen alle Möglichkeiten.

Lehrlinge sind zufrieden – Eltern sind skeptisch

Niederösterreichs Eltern und Lehrer sehen die Lehre viel skeptischer als eine schulische Ausbildung und unterschätzen nach wie vor die Möglichkeiten, die mit einer Lehre verbunden sind.

Zu diesem Schluss kommt eine von den Sozialpartnern Niederösterreichische Arbeiterkammer (AKNÖ) und Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ) in Auftrag gegebene IFES-Studie „Image der Lehre“, die nun präsentiertiert wurde.

Zu den Ergebnissen: 98 Prozent der befragten Lehrlinge stimmen der Aussage, die Lehre würde ihnen Spaß machen, voll (76%) oder eher (22%) zu. Ähnlich hoch ist die Einschätzung, für den späteren Beruf gut vorbereitet zu werden.

Kritik kommt seitens der Lehrlinge allerdings an der fehlenden schulischen Berufsorientierung. Ein gutes Fünftel der befragten Lehrlinge fühlt sich seitens der Schule nicht bzw. nicht ausreichend auf die Lehre vorbereitet. Andererseits wird gerade das Thema „rechtzeitige Berufsorientierung vor der Lehre“ von der Zielgruppe als wesentlicher Bestandteil für eine richtige und gute Berufswahl wahrgenommen.

„Man kann die Bedeutung der schulischen Berufsorientierung gar nicht hoch genug einschätzen. Es ist daher wichtig, dass diese bereits frühzeitig beginnt und die SchülerInnen bis zum Schulabschluss begleitet“, so Arbeiterkammer Niederösterreich (AKNÖ) Präsident Markus Wieser.

Das erklärte Ziel der Sozialpartner liegt in einer möglichst frühen und verstärkten Berufsorientierung an allen Schultypen. Diesbezügliche Gespräche mit dem Bundesministerium für Bildung und Frauen sind gegenwärtig im Laufen.

Eltern bevorzugen schulische Ausbildung

Skeptischer als die niederösterreichischen Lehrlinge beurteilen die befragten Eltern die Berufsaussichten nach einer Lehrausbildung.

Während etwa Lehrlinge in ihrer Ausbildung zu 85 Prozent die Basis für eine interessante Arbeit sehen, sind es bei den Eltern nur 32 Prozent. Gute Arbeitsplatzaussichten attestieren der Lehre nur 33 Prozent der Eltern und bei den Lehrern sogar nur 27 Prozent.

Umgekehrt unterstützen 72 Prozent der Eltern die Aussage, dass die Lehre aufgewertet und mehr Jugendliche für die Lehre gewonnen werden sollten. „Irgendwo ist zwar offenbar bereits ‚angekommen‘, dass die Lehre hervorragende berufliche Chancen eröffnet, grundsätzlich hängen Eltern aber immer noch einem Bild nach, das allein in Matura und Uni Karriere und Aufstieg sieht – obwohl es gerade Fachkräfte sind, die unsere Wirtschaft dringend braucht“, resümiert Zwazl.

Selbst jene Eltern, deren Kinder in Lehrausbildung stehen, beurteilen die Möglichkeiten im Anschluss an die Lehre zwiespältig: Demnach biete eine Lehre zwar bessere Aussichten auf einen Arbeitsplatz. Im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen, die beruflichen Karrierechancen und den zu erwartenden Verdienst hingegen, ist selbst aus Sicht der Lehrlingseltern die Schule vorzuziehen.

Wieser: "Zeiten haben sich gewandelt" – Lehrlinge verdienen mehr

AKNÖ-Präsident Markus Wieser: „Diese Sichtweise mag vor vielen Jahren zutreffend gewesen sein. Heute ist die Situation anders. Fast 76 Prozent der Lehrabsolventen sind 18 Monate nach Abschluss ihrer Ausbildung erwerbstätig, 5 Prozent in einer weiteren Ausbildung. Im Vergleich dazu liegt der Anteil der Erwerbstätigen unter BMS-AbsolventInnen lediglich bei 55%.

Beim Medianeinkommen liegen die Lehrabsolventen 12 Monate nach Abschluss ihrer Ausbildung mit € 1.900 gleichauf mit Absolventen der BHS und über dem Einkommen von Absolventen berufsbildender mittlerer Schulen (€ 1.500) bzw. allgemeinbildender höherer Schulen (€ 1.300).“

Regionale "Drehscheiben" sollen Eltern und Lehrer zum Umdenken bewegen

Gemeinsam wollen WKNÖ und AKNÖ nun in den Schulen und bei Eltern ansetzen. Neue regionale Drehscheiben sollen das Instrument der Betriebsbesuche weiter stärken. Diese "Drehscheiben" sollen in allen Regionen Niederösterreichs eingerichtet werden und Schulbehörden, Sozialpartner und Betriebe miteinander vernetzen.

Die breite Palette an in NÖ bestehenden Berufsorientierungsmaßnahmen wie etwa der NÖ Begabungskompass, die WKNÖ-Plattform frag-jimmy oder ie AKNÖ-Berufsinfo-Messe Zukunft – Arbeit – Leben werden natürlich weitergeführt, unter verstärkter Einbindung von Eltern und Lehrern. "Denn wer selbst genauer über berufliche Möglichkeiten informiert ist, der kann auch unseren Kindern und Jugendlichen besser helfen, wenn es um die Berufswahl geht", so Sonja Zwazl

ZUR STUDIE

Als Datengrundlage dienten standardisierte telefonische Befragungen in der Zielgruppe der Lehrlinge (n=400), der Lehrbetriebe (n=400), niederösterreichischer Eltern mit zumindest einem schulpflichtigen Kind (n=350) und der Lehrkräfte an niederösterreichischen Volksschulen, neuen Mittelschulen, allgemeinbildenden höheren Schulen, sowie berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (n = 314). Die Befragung fand im Zeitraum November 2013 bis Februar 2014 statt.

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