Corona-Experte Lamprecht
Impfung verringert Long Covid-Risiko laut Studie um 80 %

Primar Bernd Lamprecht ist Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde / Pneumologie am Kepler Universitäts Klinikum, stellvertretender Dekan an der Medizinischen Fakultät der JKU und
wissenschaftlicher Leiter der Pneumologischen Rehabilitation, Rehaklinik Enns. | Foto: Kepler Universitäts Klinikum
  • Primar Bernd Lamprecht ist Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde / Pneumologie am Kepler Universitäts Klinikum, stellvertretender Dekan an der Medizinischen Fakultät der JKU und
    wissenschaftlicher Leiter der Pneumologischen Rehabilitation, Rehaklinik Enns.
  • Foto: Kepler Universitäts Klinikum
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Rund um die 2000 Corona-Neuinfektionen wurden zuletzt täglich gezählt – trotz vergleichsweise geringer Testzahlen. Der Anteil an positiven Tests und auch Abwasseranalysen legen nahe, dass die Dunkelziffer deutlich höher ist. Von einigen Experten wird die grassierende Variante BA.5 auch wieder mit schwereren Erkrankungsverläufen in Verbindung gebracht. Wie er die Lage sieht, erläutert der Vorstand der Uniklinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Lungenheilkunde, Bernd Lamprecht, im Interview mit der BezirksRundSchau.

Trotz geringer Zahl an Tests verzeichnen wir hohe Infektionszahlen – sind wir bereits voll in einer neuen Corona-Welle durch die Variante BA.5?
Lamprecht: Ja, BA.5 ist derzeit für den überwiegenden Teil der Infektionen verantwortlich und damit die Virusvariante, die diese (erste) Sommerwelle dominiert.

Laut dem Prognosekonsortium soll es einen Rückgang der Infektionen geben - erwarten Sie den auch?
Diese Annahme beruht auf dem entzerrenden Effekt des Schulferienbeginns, aber selbst bei Stabilisierung auf hohem Niveau oder etwas rückläufigen Infektionszahlen wäre noch im August ein neuerlicher Anstieg möglich.

Es mehren sich die Meldungen, dass BA.5 nicht nur nochmals infektiöser sondern auch gefährlicher ist, weil wieder tiefere Lungenabschnitte betroffen sind. Sehen sie diese Entwicklung ebenfalls - die Zahl der Intensivpatienten ist ja wieder gestiegen. Ist das wegen der schwereren Symptome durch BA.5 oder einfach eine Folge der vielen Infektionen, die dann auch wieder mehr schwer erkrankte Personen bringen?
Schwere Erkrankungen mit Beteiligung der tiefen Atemwege sind bei der vorherrschenden Virusvariante und dem aktuellen Immunitätsniveau der Bevölkerung erfreulicherweise die Ausnahme, aber gerade ältere und vorerkrankte Personen tragen ein höheres Risiko. Der nun wieder deutlich erkennbare Anstieg an Krankenhausbelegungen ist die Folge der ausgesprochen hohen Infektionszahlen.

Überlastung des Gesundheitssystems nicht in Sicht

In Deutschland geraten zumindest einzelne Krankenhäuser angesichts der Zahl schwer symptomatischer Patienten und durch die Personalausfälle wieder in eine angespannte Situation – ist Ähnliches auch für Österreich zu erwarten?
Die Belastung für Intensivstationen hat sich über die Dauer der Pandemie reduziert, weil durch Impfungen und Genesungen ein guter Schutz vor sehr schwerer Erkrankung aufgebaut werden konnte. Normalstationen werden weiterhin stark gefordert sein, weil gerade bei älteren und vulnerablen Personen bereits moderate Symptome ausreichen können, um einen medizinischen Unterstützungsbedarf hervorzurufen. Persönlich nehme ich nicht an, dass es ein Kapazitätsproblem geben wird, aber die Höhe der Infektionszahlen und die daraus in bestimmter Relation erwachsenden Krankenhausaufnahmen bestimmen selbstverständlich das Ausmaß der Verdrängung anderer medizinischer Leistungsangebote.

Seit dem Frühjahr haben sich ja viele bereits mit Omicron infiziert - ist eine symptomatische Infektion mit einer Impfung gleichzusetzen?
Das Nationale Impfgremium betont sehr klar, dass eine Infektion kein gleichwertiger Ersatz für eine Impfung ist. Dennoch kommt es bei einer Infektion jedenfalls zu einer gewissen Auffrischung und daher kann der Zeitpunkt einer weiteren Impfung durch eine Infektion zeitlich verschoben werden.

Infizierte können mit Impfung warten

Nachdem jetzt auf EU-Ebene die vierte Imfpung ab 60 empfohlen wird: Wie bald nach einer symptomatischen Infektion soll die vierte Impfung gemacht werden?
In Österreich empfiehlt das Nationale Impfgremium eine vierte Impfung allen Personen ab 65 Jahren, sowie altersunabhängig all jenen, die durch chronische Erkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Erkrankungsverlauf haben. Ein zeitlicher Abstand von mindestens vier, noch besser sechs Monaten wird zur letzten Impfung empfohlen. Kam es zwischenzeitlich zu einer Infektion, so kann von diesem Ereignis aus der empfohlene Zeitabstand eingehalten werden.

Wer mit Omicron symptomatisch infiziert und davor schon dreimal geimpft war - kann so jemand auf den Omicron-Impfstoff warten?
Der an Omicron angepasste Impfstoff wird für September erwartet. Wenn das letzte immunologische Ereignis – eine Impfung oder Infektion – im März oder noch später gewesen ist, dann könnte jedenfalls bis zum Herbst abgewartet werden.

Es läuft ja so etwas wie eine Durchseuchung - der Infektion zu entkommen, ist kaum noch möglich. Werden wir dadurch in der Bevölkerung ein Immunitätslevel aufbauen, das mittelfristig große Wellen mit Überlastung der Kankenhauskapazitäten unwahrscheinlicher macht?
Eine Erweiterung und auch Auffrischung der Immunität wird mit sehr hoher Wahrscheinlicht dazu führen, dass das Verhältnis von Infektionszahlen zu Erkrankungszahlen bzw. Hospitalisierungszahlen immer vorteilhafter bzw. unproblematischer wird.

Weniger Long Covid-Fälle durch zunehmende Immunität

Verbunden mit dieser Durchseuchung sind ja für die Gesellschaft und die Volkswirtschaft durchaus problematische Folgen. Es ist immer wieder die Rede von rund zehn Prozent der Infizierten, die mit Long Covid & Co zu kämpfen haben. Es gibt Meldungen von Kinderärzten der eine starke Häufung von PIMS, von Internisten über eine starke Zunahme von Patienten mit Erschöpfungssyndromen und Herzerkrankungen, die mit Corona in Verbindung gebracht werden. Gibt es sowas wie eine Long Covid-Welle, die sich zwar langsamer aufbaut aber gewaltige Auswirkungen haben wird?
Long Covid kann zwar prinzipiell aus jedem Erkrankungsverlauf resultieren, also auch aus milden Verläufen, aber es gibt schon eine sehr klare Assoziation mit schweren Erkrankungen. Insofern ist zu erwarten, dass mit zunehmender Immunität und dadurch abnehmender Häufigkeit von schweren Erkrankungen in Zukunft auch weniger anhaltende Probleme wie Long Covid entstehen werden.

Gibt es dazu inzwischen valide Studien, die zeigen, ob und wie viel häufiger nicht Geimpfte von Long Covid und anderen auf Corona zurückführbaren Syndromen betroffen sind.
Eine retrospektive Untersuchung in Großbritannien hat beispielsweise gezeigt, dass das Risiko für Long Covid bei geimpften Personen im Vergleich zu altersgleichen ungeimpften Personen um 80 Prozent reduziert ist, aber eine vollständige Risikoelimination gelingt auch mit der Impfung nicht.

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