Landesrat Steinkellner (FPÖ)
"Statt Gipfelkreuzen hätten wir Windräder"

Günther Steinkellner ist Landesrat für Infrastruktur in Oberösterreich. | Foto: BRS
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Infrastruktur-Landesrat Günther Steinkellner (FPÖ) spricht im BezirksRundSchau-Interview über die Linzer Ost-Umfahrung, warum er Tempo 100 auf der Autobahn ablehnt, und kritisiert die Windkraft-Forderungen des grünen Landesrats Stefan Kaineder. 

Wie ist der aktuelle Stand bei der Linzer Ost-Umfahrung? Läuft das Projekt eigentlich noch?
Die Straßenbaudirektion in meinem Ressort erstellt derzeit einen Umweltbericht zur Ost-Tangente. Darin werden alle umweltrelevanten Aspekte dargelegt. Dieser Bericht soll wiederum als Grundlage für die strategische Prüfung dienen, damit der Bundesgesetzgeber die Ost-Tangente in das Bundesstraßengesetz aufnimmt.

Wie ist die letzte Rückmeldung der zuständigen Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) zur Ost-Tangente?
Wenn man die Position der Grünen zu den verschiedenen Straßenprojekten ansieht, ist die natürlich negativ. Deshalb warten wir zu und machen einen sehr akribischen Umweltbericht. Denn eine Ablehnung der aktuellen Trasse würde eine weitere Verzögerung des Projekts, das für ganz Oberösterreich entscheidend ist, bewirken.

Also Sie warten darauf, dass die Grünen nicht mehr in der Regierung sind?
... oder sie einsehen, dass der ganze Schwerverkehr mitten durch die Stadt Linz fährt, wenn Tschechien die Autobahn bis Wullowitz 2026 fertiggestellt hat und wir keine Ost-Umfahrung zustande bringen. Wir haben auf der Stadtautobahn für diesen zusätzlichen Verkehr keine Kapazitäten mehr, deshalb brauchen wir die Ost-Tangente.

Für den unwahrscheinlichen Fall, dass die grüne Umweltministerin auf Ihre Argumentationslinie umschwenken sollte, wann würde im besten Fall die Autobahn fertig sein?
Nach Expertenschätzungen im Jahr 2040.

Sie haben nicht nur einen Veto-Player im Bund, sondern auch die Stadt Linz ist gegen das Projekt. Konnten Sie dem Linzer Gemeinderat nicht verdeutlichen, warum das Projekt gebraucht wird?
Ich setze darauf, dass es bei den Gemeinderatsfraktionen, die dagegen waren, zu einem Umdenken führen wird, wenn die tschechische Autobahn fertig ist. Denn der Verkehr wird kommen, egal ob wir die Tangente haben oder nicht.

Also, Sie hoffen auf den Verkehrsinfarkt in Linz, um das Projekt durchzubringen?
Nein, darauf hoffe ich nicht. Aber es wird eine zwingende Notwendigkeit geben. Und ich denke, dass ein Umdenkprozess in Gange ist, denn man muss wissen, dass die Linzer Stadtautobahn überlastet sein wird und das bedeutet für Pendler, Linzer und die Linzer Luft ein riesiges Problem.

Günther Steinkellner (FPÖ). | Foto: BRS
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Die Ostumfahrung bleibt in der Schwebe, der Westring hingegen wird bereits gebaut. Wie siehts bei diesem Projekt bezüglich Baukosten aus – sind die arg gestiegen?
Es wird, wie überall, zu Baukostensteigerungen kommen. Die Gesamtprojektierung geht bis 2031 und ist weiterhin in Plan, die Brücke wird 2024 freigegeben.

Inwieweit wirken sich Baukostensteigerungen auf geplante Infrastrukturprojekte in Oberösterreich aus?
Wenn die Baukosten jedes Jahr um 25 Prozent steigen, dann kann man sich ausrechnen, dass in drei oder vier Jahren kein Geld mehr für die Projekte vorhanden ist – und dann müsste verschoben werden.

Aber derzeit mussten Sie noch nichts verschieben?
Wir versuchen das Programm abzuarbeiten. Das Problem ist aber, dass überall das Geld knapp wird. Ein Projekt abzusagen oder zu strecken – das könnte man erst tun, wenn das Projekt startreif ist. Als Beispiele: Die Steyrer Westspange, die Spange Ried oder die Umfahrungen in Mattighofen – da sind wir Mitten in den Verfahren und niemand kann sagen, wann die Projekte wirklich spruchreif werden. Aber bevor sie spruchreif werden, gibt es eine sehr genaue Kostenschätzung, und dann muss man entscheiden: Ja oder Nein.

Man hat derzeit den Eindruck, dass derzeit viele Straßen- und Schienenprojekte laufen. Sollte im nächsten Jahr wirklich ein Wirtschaftsabschwung kommen, gibt es dann noch genügend Projekte als „Konjunkturstütze“?
Wir versuchen unsere Bauprojekte parallel baureif zu machen, weil wir ja nie wissen, welches dann tatsächlich vor einem Höchstgericht überprüft wird. Somit haben wir Alternativen, die wir aber nicht alle finanzieren können. Außerdem würde eine Rezession eine Verbilligung des Bauens bedeuten. Also ich sehe nicht, dass uns die Baulust oder die Interessen verloren gehen. Und darüber hinaus haben wir auch sehr langfristige Infrastrukturverträge mit den ÖBB über 725 Millionen Euro abgeschlossen.

Sind Sie besorgt, dass wir auf eine Rezession zusteuern?
Eine Zukunftsprognose ist sehr schwierig, aber ich glaube nicht. Ich hoffe, dass der Krieg in der Ukraine schnell zu Ende geht. Aber der Wiederaufbau dort wird sich wahrscheinlich auch nicht günstig auf die Preise auswirken. Also gehe ich eher von weiteren Preissteigerungen aus. Was aber bei den Energiekosten derzeit passiert, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Es muss uns klar sein, dass wir in Europa nicht alle Bodenschätze haben und andere Länder in puncto Sonnenstrom begünstigter sind – da muss man sich eben austauschen. Ich denke nicht, dass die Welt besser wird, wenn Europa verarmt und auf alles verzichtet.

Also, Sie meinen anders gesagt: Wir werden weiter Gas aus Russland brauchen?
Wir werden weiter Gas aus Russland oder von jemand anderen brauchen. Ich bedauere, dass wir nicht selbst umweltschonendes Fracking-Gas in Österreich produzieren. Aber ich glaube nicht, dass der Import von Gas oder E-Fuels aus Katar oder anderen Staaten umweltfreundlicher ist. Gar nicht zu reden von den Menschenrechten in diesen Staaten. Uns muss aber, trotz des Kriegs in der Ukraine, klar sein, dass die russischen Bodenschätze eine dauerhafte Relevanz für Europas Zukunft haben. Und mir fehlt jedes Verständnis dafür, dass wir meinen, es sei ökologisch sinnvoller, schwerölbetriebene Tanker mit Fracking-Gas aus den USA zu bestellen.

Es gibt eine sehr zurückhaltend geführte Energiespar-Debatte in Österreich. Durch Tempo 100 oder 110 auf der Autobahn würde man viel Energie sparen.
Warum fahren wir dann nicht überhaupt 30 km/h? Nein, so etwas lehne ich ab. Es geht hier auch um die Verkehrssicherheit …

… aber die Verkehrssicherheit würde mit geringerer Geschwindigkeit steigen.
Das glaube ich nicht, ganz im Gegenteil. Wenn man nur mehr 80er-Beschränkungen auf der Landesstraße hätte und keinen Lkw mehr überholen darf, dann wird die Verkehrssicherheit nicht angehoben, weil dann alle nur mehr „illegal“ überholen. Geschwindigkeitsbeschränkungen gehören vielmehr dort eingesetzt, wo sie notwendig und akzeptiert sind. Und, noch ein Wort zum Verzicht: Worauf sollen wir denn alles verzichten? Auf warmes Duschen? Auf warme Temperatur im Winter? Wenn Europa auf eine Wirtschaftsentwicklung verzichtet, wird die Welt keineswegs besser. Wenn wir uns die wirtschaftlichen Erfolge wegnehmen, weil wir die Infrastruktur zerstören, die Produktivität der Industrie aufgrund der Energiekosten kaputtmachen, wir die Welt um keinen Jota besser.

Landesrat Stefan Kaineder (Grüne) sagt im BezirksRundSchau-Interview, dass Schwarz-Blau in OÖ zu wenige Windräder baut und weiterhin auf russisches Gas setzt.
Der Herr Kaineder hat nicht nur ein Energiewunschdenken, sondern er soll sich mal das Höllengebirge mit Windrädern in der Dimension des Linzers Doms vorstellen. Der Herr Kaineder fordert immer, aber bringt keine Vorschläge wo die Windräder hin sollen. Und seine eigenen grünen Parteifreunde protestieren dann vor Ort – mit Recht – dagegen. Man soll nicht vergessen, dass ein Windrad Leitungen braucht und dann hätte man schlussendlich Leitungen auf den Wanderwegen und Windräder statt Gipfelkreuze.
Und trotzdem brauchen wir Ersatzstromkapazitäten, weil der Wind doch nicht immer so bläst, wenn man ihn braucht. Wenn also die Sonne nicht scheint und der Wind nicht bläst und wir keine Atomkraftwerke haben: Wie machen wir es dann?

Steinkellner ist neben Manfred Haimbuchner der zweite FPÖ-Landesrat. | Foto: BRS
  • Steinkellner ist neben Manfred Haimbuchner der zweite FPÖ-Landesrat.
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Ja, wie machen wir es dann?
Das ist eine gute Frage, aber es wird so nicht funktionieren, man muss den Menschen die Wahrheit sagen. Wir werden E-Fuels brauchen, wir werden Wasserstoff brauchen…

… also Sie denken, die Elektromobilitätswende wir so nicht kommen?
Da müssten wir mehrere Atomkraftwerke bauen. Aber das wollen wir in Österreich nicht, deshalb muss man den Menschen klar sagen, welchen Strom wir brauchen – und es wird ohne E-Fuels und Wasserstoff nicht funktionieren.

Themenwechsel: Das 1-2-3-Ticket ist sehr erfolgreich. Sie waren früher immer skeptisch, haben argumentiert: Zuerst die Infrastruktur ausbauen, dann den Preis senken. Sehen Sie das jetzt anders?
Nein. Denn jeder, der schon ein Ticket gehabt hat und nun ein billigeres Ticket nutzen kann, wird das tun. Was denn sonst?! Das ist natürlich eine gute Sache, aber die ökologische Wirkung habe ich nur dann, wenn der Autofahrer wirklich umsteigt. Und da spielt der Preis natürlich eine Rolle…

…derzeit wahrscheinlich noch mehr.
Ja, mit den derzeitigen Benzinpreisen, klar. Aber ein Autofahrer kann nur umsteigen, wenn es eine Alternative gibt. Was nützt es, wenn jemand aufgrund der Zeiten oder der Region die öffentlichen Verkehrsmittel einfach nicht nützen kann? Ich wollte immer ein Ticket ab 9 Uhr einführen, um die Hauptverkehrszeit zu entflechten. Denn jetzt haben wir das Problem, dass viele Bahnen und Busse in der Hauptverkehrszeit überbelastet sind, es aber keine Ersatzmöglichkeit gibt.

Also Sie sind nach wie vor skeptisch gegenüber billigen Preisen statt Angebotsausbau?
Grundsätzlich brauchen wir mehr Kapazitäten. Man sieht es, wenn die ÖBB gezwungen sind, Fahrgäste wieder aus dem Zug zu entfernen, um weiterfahren zu können, dann stimmt was mit der Planung nicht.

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