Nach Podgorschek-Rücktritt
VP-FP-Koalition wird in OÖ fortgesetzt – Klinger neuer Landesrat

Fortsetzung für den VP-FP-Paarlauf in Oberösterreich. FPOÖ-Chef Manfred Haimbuchner ist Landeshauptmann Thomas Stelzer (VP) mit dem Rücktritt des umstrittenen Sicherheitslandesrats Elmar Podgorschek entgegengekommen. | Foto: Land OÖ/Kauder
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  • Fortsetzung für den VP-FP-Paarlauf in Oberösterreich. FPOÖ-Chef Manfred Haimbuchner ist Landeshauptmann Thomas Stelzer (VP) mit dem Rücktritt des umstrittenen Sicherheitslandesrats Elmar Podgorschek entgegengekommen.
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Landeshauptmann Thomas Stelzer hat als Chef der VP Oberösterreich am Montagnachmittag verkündet, dass die Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ fortgeführt wird. Bedingung dafür war laut Stelzer der Rücktritt von Sicherheitslandesrat Elmar Podgorschek, dem der 60-jährige Gaspoltshofener Bürgermeister und Nationalratsabgeordnete Wolfgang Klinger nachfolgt. Auf Bundesebene hat die FPÖ den von Kanzler Sebastian Kurz geforderten Rücktritt von Innenminister Herbert Kickl verweigert, weshalb Kurz bei Bundespräsident Alexander van der Bellen Kickls Entlassung vorschlagen wird. Als Reaktion darauf haben alle FPÖ-Minister ihren Rücktritt erklärt – Kurz will sie bis zur Neuwahl durch Experten und Beamte ersetzen.

Kommentar zu den Ereignissen
von BezirksRundschau-Chefredakteur Thomas Winkler

Die ersten Reaktionen in Oberösterreich
nach Bekanntwerden des Ibiza-Skandalvideos am 17. April

Erste Maßnahmen gesetzt
OÖVP und FPÖ OÖ präsentieren Ergebnisse des Koalitionsausschusses 

LINZ/RIED. "Ich habe ernste Gespräche mit unserem Koalitionspartner geführt, was Voraussetzungen für eine mögliche weitere Zusammenarbeit sind: Eine Distanzierung von den Vorgängen auf Bundesebene. Und null Akzeptanz für extremistische und rechtsextreme Ausritte. Mehr denn je werden Handlungen und Wortwahl auf die Goldwaage gelegt. Der Rückzug von Podgorschek ist ein wesentlicher Schritt und Voraussetzung für weitere Zusammenarbeit." Am Arbeitsübereinkommen mit der FPÖ werde bis zum Ende der Regierungsperiode festgehalten, so Stelzer in einer Pressekonferenz Montagnachmittag.

Haimbuchner widerspricht Stelzer

Sein Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ) widersprach am Dienstag Stelzers Darstellung in Bezug auf Podgorscheks Rücktritt: ""Mir wurden keine Bedingungen gestellt – grundsätzlich höre ich nur auf meine Frau. Podgorschek ist von selbst auf mich zugekommen. Er will sich selbst und die FPÖ aus der Schusslinie nehmen. Es ist Stelzers Sache, was er versteht und sagt, manche hätten gerne, dass die Sache eskaliert, dem ist aber nicht so"
Zu den Vorgängen auf Bundesebene hielt Haimbuchner fest: "Unabhängig wie das Video entstanden ist, solche Aufnahmen darf es nicht geben. Sie haben mich schockiert und tief betroffen gemacht." Die Entlassung Herbert Kickls sei nicht notwendig gewesen.

"Oberösterreich ist anders"

"Aber wir sind hier in Oberösterreich und Oberösterreich ist anders", so Haimbuchner. Auf fachlicher und menschlicher Ebene gebe es kein Problem zwischen ÖVP und FPÖ.
Das war zumindest nach Podgorscheks Auftritt bei einer AfD-Veranstaltung nicht so. Dort hatte er die "Neutralisierung des ORF" gefordert, die Justiz "völlig linksgepolt" genannt, eine "Medienlandschaft, die jenseits von links ist" und die Kirche mit "derartigen Linksdrall, dass ich manchmal schon Bauchweh bekomme" kritisiert. Im Verfassungsschutz gebe es "eine eigene Zelle, die derzeit, so hoffe ich, ausgetrocknet wird". Zudem sprach er offen über Umfärbungen in staatsnahen Betrieben. Er warnte aber auch vor der ÖVP: "Traue keinem Schwarzen". Als ein Video von Podgorscheks Auftritt die Runde machte, hagelte es Rücktrittsauffordungen – nach einer Aussprache mit Landeshauptmann Thomas Stelzer waren die Wogen angeblich geglättet. Vor dem Hintergrund des Ibiza-Videos war Podgorschek für Stelzer nicht mehr länger tragbar. Podgorschek selbst begründete seinen Rücktritt mit der Befürchtung, zur "Zielscheibe einer Schmutzkübelkampagne" in Folge der Ibiza-Affäre zu werden.

"Gestandender Lokalpolitiker"

Wie auch immer: Nun übernimmt Wolfgang Klinger die Agenden 1:1 von Podgorschek. "Wo ich eingesetzt werde, gibt es ein konstruktives Arbeiten – egal mit welchem Partner", so Klinger bei seiner Präsentation. Er habe sich als Nationalratsabgeordneter in Wien bereits sehr wohl gefühlt – "aber in so einer Situation werde ich meinem Landeshauptmann-Stellvertreter immer zur Verfügung stehen." Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ) lobte Klinger als "gestandenen Kommunalpolitiker. Diese Entscheidung war für mich ganz einfach.Wolfgang Klinger bewies in seiner Arbeit als Bürgermeister, dass ihm seine Heimat Oberösterreich am Herzen liegt. Er zeigt bereits seit vielen Jahren Einsatz und Engagement in seinen verschiedenen politischen Funktionen in der FPÖ und ist der ideale Nachfolger für Elmar Podgorschek“

FPÖ hat keinen Innviertler mehr in der Regierung

Klinger ist seit 2003 Bürgermeister der Marktgemeinde Gaspoltshofen und seit 2016 Nationalratsabgeordneter. Der Landesobmann des Ringes Freiheitlicher Wirtschaftstreibender in Oberösterreich war oberösterreichischer Spitzenkandidat bei der Nationalratswahl 2017 und davor mehrere Jahre lang Landtagsabgeordneter. „Ich freue mich, dass ich die Projekte, die mein Vorgänger erfolgreich umgesetzt und geplant hat, weiterführen darf. Ich werde mein fachliches Sachwissen auf allen politischen Ebenen einbringen, um mit voller Kraft für unser schönes Bundesland zu gestalten. Auch ich darf mich an dieser Stelle nochmals sehr bei Elmar Podgorschek für seine Arbeit bedanken“, so Klinger.
Nachteil Klingers: Weil er aus dem Hausruckviertel stammt, hat die FPÖ keinen waschechten Innviertler mehr in der Landesregierung. Die Blauen verlieren damit einen strategischen Vorteil, weil man mit Podgorscheks Herkunft bei der Wählerschaft im Innviertel gepunktet hatte.

SP OÖ: "Stelzer klammert an Skandal-FPÖ"

Die Opposition fordert naturgemäß ein Ende der Koalition auf Landesebene.
„Eine einzige Alibihandlung reicht LH Stelzer, um an der Skandal-FPÖ weiter klammern zu können“, übt SPÖ-Landeschefin und Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer harsche Kritik am Fortführen der VP-FP-Koalition auf Landesebene:
„Doskozil im Burgenland trennt sich von der FPÖ, der Linzer Bürgermeister Luger will nicht mehr mit dieser Partei zusammenarbeiten. Nur Stelzer hält an den Skandal-Blauen fest. Ich bin enttäuscht. Diese Entscheidung ist nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger. Und ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass Neuwahlen das Beste für unser Bundesland wären.“
Wenn Stelzer meint, eine einzige Alibihandlung – der heutige Rücktritt Podgorscheks als Landesrat – reiche, dann täusche er sich gewaltig. „Das ist absolut unglaubwürdig. Podgorschek hätte schon vergangenes Jahr nach seiner unsäglichen Rede vor der deutschen AfD zurücktreten müssen, nicht erst jetzt. Damals hat Podgorschek schon tiefe Einblicke in die korrupte Seele der FPÖ gewährt“, so Gerstorfer. Von dieser FPÖ könne man sich nur trennen. „Ernste“ Gespräche, wie sie Stelzer mehrfach mit der FPÖ geführt habe, würden nicht weiterhelfen.
SPÖ-Landtagsklub-Vorsitzender Christian Makor : „Oberösterreich hat sein ‚Ibiza-Video’ vor einem Jahr gehabt.“ Von Anfang 2013 bis Anfang 2019 habe es insgesamt 39 rechtsextreme Einzelfälle der FPÖ OÖ gegeben, die Landeshauptmann Stelzer nicht ernst nehmen würde.

Grüne: Landeshauptmann setzt Ansehen Oberösterreichs aufs Spiel

Mit Hilfe der ÖVP bleibt diese FPÖ in Oberösterreich an der Macht. Damit setzt Landeshauptmann Stelzer das Ansehen Oberösterreichs weiter aufs Spiel“, reagiert der Grüne Landessprecher, Landtagsabgeordneter Stefan Kaineder, auf die Entscheidung, die schwarz-blaue Koalition in Oberösterreich fortzusetzen. „Der Rücktritt Podgorscheks war also der Preis für die Fortsetzung von Schwarz-Blau. Landeshauptmann Stelzer hat damit gleich zwei Chancen vergeben. Er hätte bereits nach Podgorscheks Rede vor der AfD auf dessen Rücktritt bestehen können, ja müssen – das hat er nicht getan. Und er hätte jetzt den Mut haben müssen, die Zusammenarbeit mit der FPÖ zu beenden und Gespräche für neue Mehrheiten im Land aufzunehmen. Anders als die Bundes-ÖVP bleibt LH Stelzer aber in einer Koalition mit dieser FPÖ. Einer FPÖ die das Ende der liberalen Demokratie anstrebt, durch ein Rattengedicht und Verstrickungen mit Identitären regelmäßig für Aufsehen sorgt und Österreich in eine Staatskrise getrieben hat.“

Neos: Landeshauptmann agiert "zaghaft und mutlos"

“Ein Feigenblatt namens Podgorschek sei zu wenig,” zeigt sich Neos-Landessprecher Clemens Milotta enttäuscht. Das Verhalten von Thomas Stelzer empfinde er als “zaghaft und mutlos”. Trotz dieses Skandals nur eine einzige Person auszutauschen und sich ansonsten mit bloßen Lippenbekenntnissen zufrieden zu geben, sei den Neos einfach nicht genug. "Jetzt ist die Gelegenheit diese Form des Machtmissbrauches systematisch anzugehen und die Sümpfe der strukturellen Korruption trocken zu legen."
Ein erster Schritt sei die Distanzierung aller Parteien von ähnlichen Finanzierungsmodellen auf allen politischen Ebenen. Milotta fordert die Einführung verpflichtender Transparenz aller Parteigelder.

Linzer Bürgermeister beendet Zusammenarbeit mit FPÖ

Während sich also auf Landesebene eine Fortsetzung der Zusammenarbeit von Schwarz und Blau abzeichnet, hat der Linzer Bürgermeister Klaus Luger heute, Montag, das Arbeitsübereinkommen mit der FPÖ aufgekündigt und "Neuwahlen in allen oberösterreichischen Städten und Gemeinden sowie im Land selbst" gefordert. Im Burgenland gibt es wegen der Ibiza-Video-Affäre Neuwahlen – allerdings erst am 26. Jänner 2020, wie Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) und Landeshauptmann-Stellvertreter Johann Tschürtz (FPÖ) gemeinsam angekündigt haben.

Dicke Luft zwischen FPÖ und ÖVP in Wels

In Wels, wo FPÖ und ÖVP in einer Koalition zusammenarbeiten, ist von einem Bruch noch keine Rede – aber es herrscht dicke Luft, denn: VP-Stadtparteiobmann Peter Csar hatte am Sonntag von einer Belastung der Welser Koalition durch die Video-Affäre gesprochen – auch wenn es gute Sachergebnisse der Zusammenarbeit gebe. Der Welser Bürgermeister Andreas Rabl und sein Vize, Gerhard Kroiß, drückten in einer Presseaussendung ihre "Verwunderung" darüber aus und stellten klar: "die FPÖ Wels kann nicht in die Nähe dieser Vorkommnisse gerückt werden."

Welser VP-Stadtparteiobmann Csar: "Unter dem Strich ist die FPÖ eine Familie"

Gegenüber der BezirksRundschau meinte Csar am Montag zwar, "Es gibt Unterschiede zur Bundespartei", betonte aber: "Ich schließe mich Landeshauptmann Stelzer an, es sind drei Ebenen, man darf aber auch nicht alles schönreden, unter dem Strich ist die FPÖ eine Familie. Ein kritischer Blick ist angebracht."

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