Pfarrer
"Zu Ostern die eigenen Ansprüche und Maßstäbe neu ordnen"
Pfarrer Alois Dürlinger aus der Stadt Salzburg über das "Miteinander" und eine Öffnung der Kirche.
SALZBURG. Seit dem Herbst 2019 ist Pfarrer Alois Dürlinger für den Pfarrverband Salzburg-Mitte und somit für die Stadtpfarren Herrnau, Morzg, Gneis, Nonntal und St. Paul verantwortlich. Im Interview spricht Dürlinger über das bevorstehende Osterfest und die Wichtigkeit des "Miteinanders".
Herr Dürlinger, wir leben in sehr herausfordernden, schwierigen Zeiten. Die Pandemie hat nach zwei Jahren ihre Spuren bei vielen Menschen hinterlassen; seit einigen Wochen erschüttern uns die Bilder aus der Ukraine und das Leid der Menschen dort. Welche Oster-Botschaften wollen Sie den Menschen hier in diesem Jahr vermitteln?
Alois Dürlinger: Im Licht von Ostern unsere eigenen Maßstäbe neu zu ordnen. Das ganz große Leid erleben derzeit die Menschen in der Ukraine, dieses Leid ist für uns hier unermesslich. Wenn man sich die Breite des Lebens ansieht, sind wir, die hier leben dürfen, sicherlich auf einer der besten Seiten des Lebens. Leider gibt es oft eine Maßlosigkeit des Anspruch-Denkens. Worauf wir nicht alles Anspruch hätten, was nicht alles eine Selbstverständlichkeit wäre – da tut es oft gut, die eigenen Maßstäbe neu zu ordnen.
Seelische Belastungen sind bei vielen Menschen gestiegen, Einsamkeit und Ängste belasten viele, von Jung bis Alt. Wie kann die Kirche hier helfen?
Alois Dürlinger: Diese Nöte müssen wir ernstnehmen. Es gibt zum einen die materiellen Nöte. Ich kenne viele, die nicht mehr wissen, wie sie die Energiekosten bezahlen sollen und ich befürchte, das wird noch weiter zunehmen. Gleichzeitig leben so viele im Überfluss, die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Die verborgenste Not unserer Tage ist die Einsamkeit. Wer einsam ist, zieht sich zurück, die Psyche gerät in Bedrängnis. Die Kirche tut hier vieles, aber gerade weil diese Not so verborgen ist, ist sie oft schwer greifbar. Wir müssen es den Menschen leicht und einladend machen, die Kirchen und Pfarren zu betreten und Gemeinschaft zu erleben.
Der Pfarrverband Salzburg-Mitte stellt den heurigen Oster-Pfarrbrief unter das Motto "Miteinander". Wie soll sich dieses Miteinander ausdrücken?
Alois Dürlinger: Wir müssen das Miteinander möglichst weit denken. Wie zerbrechlich es ist, sehen wir gerade in der Ukraine. Miteinander innerhalb und außerhalb der Kirche zu verstehen, über die Kulturen hinweg. Wir müssen sensibel sein, das Miteinander wächst nicht von selbst, vielmehr müssen wir ihm einen Weg bahnen. Das Miteinander nicht zu behindern, muss der Mindestanspruch sein.
Sofern das Wetter mitspielt, wollen Sie die Feierlichkeiten rund um Ostern auch im Freien gestalten. Soll die Kirche so näher bei den Menschen sein, sich mehr nach außen öffnen?
Alois Dürlinger: Es ist für mich ein Zeichen der Öffnung der Kirche nach außen. Man tut nicht Gutes, wenn man die Feier des Glaubens abgrenzt vom Leben der Menschen draußen. Für manche ist schon das Betreten einer Kirche eine zu große Schwelle, im Freien wollen wir einen niederschwelligen Zugang schaffen, niemanden ausgrenzen. Es ist ein Weg, der etwas mehr an Weite atmet. Menschen brauchen überschaubare Gemeinschaften und diese Gemeinschaften brauchen ein großes, weites Ganzes. Geborgen im Kleinen, offen und weit für das Gesamte: Diesen Spagat sollte man im Auge haben.
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