Alpintote
August, der gefährlichste Monat am Berg beginnt
Mit 45 Alpintoten in Salzburg im Zehnjahresschnitt fordert der Bergsport mehr Todesopfer als der Straßenverkehr oder die Arbeit.
SALZBURG. Tödlicher Absturz vom Hohen Göll; tödlicher Absturz beim Aufstieg Richtung Hochseiler; tödlicher Absturz in Fusch vom Gruberschartenbiwak; tödlicher Paragleiterabsturz in Mühlbach – das sind vier Alpinunfälle mit tödlichem Ausgang in Salzburg innerhalb eines Monats (zwischen 28. Juni und 29. Juli 2022). Dabei beginnt erst der August, der statistisch gesehen "gefährlichste" Monat des Jahres in den Bergen. Im Zehnjahresmittel werden im August die meisten Alpintoten verzeichnet.
Höchstwert 2019: 51 Tote
Im Jahr 2021 wurden insgesamt 35 Alpintote in Salzburg betrauert*). Dabei war 2021 ein vergleichsweise "ruhiges" Jahr. Im Zehnjahresmittel sind es 45 Alpintote im Bundesland Salzburg, mit dem Höchstwert von 51 Toten im Jahr 2019.
(*Die Zahl der Alpintoten beinhaltet auch Forst- und Jagdunfälle sowie Suizide)
Corona dämpfte Unfälle
"Wegen der Corona-Beschränkungen war die Zahl an Alpinunfällen und Alpin-Todesopfern 2020 und 2021 niedriger als davor und im Schnitt. Heuer rechnen wir wieder mit einem Anstieg der Zahlen Richtung Höchstwert aus 2019", heißt es von der Pressestelle der Salzburger Bergrettung.
101 tote Bergsteiger im Schnitt in Österreich
Die meisten Todesfälle gab es österreichweit im Zehnjahresmittel in den Bergsportdisziplinen Wandern/Bergsteigen (101), gefolgt von Pistenskifahren (29), Skitouren (23), Klettern (16) und Variantenskifahren (10). Weniger Todesfälle, aber viele Unfälle mit Verletzungen, gibt es unter den Mountainbikern (16 Todesfälle 2021; 1.038 Unfälle 2021 – beides österreichweit). 23 Prozent aller Betroffenen versterben an Herz-Kreislaufversagen (Zehnjahresmittel österreichweit); über die Hälfte davon beim Wandern oder Bergsteigen.
Berg als Sportgerät zu Trainingszwecken
"Die steigenden Unfallzahlen und Todeszahlen auf den Bergen hängen mit der generellen Zunahme der Menschen auf den Bergen zusammen. Der Berg wird als Sportgerät zu Trainingszwecken verwendet und häufig wird übersehen, dass es fürs 'Training' in diesem Naturraum Tourenplanung braucht", sagt Maria Riedler von der Bergrettung Salzburg.
Bergrettung rechnet mit mehr Unfällen durch Steinschlag
Zunehmen werden künftig Unfälle im hochalpinen Gelände aufgrund von Steinschlag, vermutet man bei der Bergrettung. "Der Klimawandel trägt dazu bei, dass Permafrost schmilzt und sich Felsen lösen. Steinschlag kann in einer Tourenplanung aber nicht berücksichtigt werden", so Riedler. "Manche Hochgebirgs-Touren werden wegen unvorhersehbaren Steinschlags vielleicht bald gar nicht mehr machbar sein."
Freizeit gefährlicher als Straßenverkehr
Mit 45 Alpintoten in Salzburg im Zehnjahresschnitt und 35 im Jahr 2021 fordert der Sport am Berg mehr Todesopfer als der Straßenverkehr (2021: 24) oder die Arbeit (2021: 10 unselbstständig Erwerbstätige). Stefan Schnöll, als Landesrat zuständig für Verkehr und Sport, weist darauf hin, dass das Land Salzburg viele Maßnahmen setze, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. "Die verschärften Strafen gegen Raser beispielsweise zeigen zunehmend Wirkung", so Schnöll. Zu den Todesfällen im Alpinsport möchte Schnöll keine Aussage treffen, zu schwierig sei es hier, mit Zahlen zu arbeiten und zu unterscheiden, was die Gründe für die Unfälle seien.
Bewusstseinsbildung bei Einheimischen eingesetzt
Obwohl 61 Prozent (Zehnjahresmittel) der tödlich verunglückten Personen am Berg aus Österreich stammen, sieht man bei der Bergrettung immer noch potentielle Gefahr durch unvorbereitete und schlecht ausgerüstete Bergsportler unter den Urlaubern und Tagesgästen. "Durch Angebote von alpinen Vereinen und Verbänden sowie Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung in den letzten Jahren sehen wir, dass sich viele Einheimische mittlerweile sehr gut auf ihre Touren vorbereiten. Auch viele Hotels in Salzburg informieren ihre Gäste gut", sagt Riedler. Am Ende liege aber die Verantwortung bei den Wanderern und Bergsteigern selbst.
Quellen: österreichisches Kuratorium für alpine Sicherheit; AUVA Statistik zu unselbstständig Erwerbstätigen; Kuratorium für Verkehrssicherheit; Doppelzählung: Forstunfälle scheinen bei den Alpintoten und Verunglückte bei der Arbeit auf;
*) Die Zahl der Alpintoten beinhaltet auch Forst- und Jagdunfälle sowie Suizide;
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