Klimatag
"Gemeinden müssen auf dramatische Entwicklung vorbereitet sein"
Beim ersten Salzburger Klimatag konnten sich die Gemeinden einen Überblick über Unterstützungs- und Beratungsmöglichkeiten in Sachen Klimaschutz verschaffen. Bürgermeister demonstrierten Vorzeigeprojekte und gaben einander Tipps für Aktivitäten in den Gemeinden.
SALZBURG. "Wir erleben, dass unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel keinen Einfluss auf die Politik gewonnen haben. Das geht so weit, dass wir Wissenschafter überlegt haben, zu streiken und nicht mehr zu forschen, weil niemand auf unsere Erkenntnisse hört", sagte Helga Kromp-Kolb, Meteorologin und Klimaforscherin, in einer Videobotschaft beim ersten Salzburger Klimatag.
"Das Fenster schließt sich"
"Das Fenster, in dem wir die Zukunft noch gestalten können, schließt sich. Österreich ist gemessen an der EU eines der Schlusslichter in Sachen Klimaschutz. Man hat das Gefühl, dass mit jedem Schritt vorwärts, ein halber zurückgegangen wird – das gilt zumindest für die Bundesebene", so die Wissenschafterin. Es brauche daher ein Zusammenspiel aller politischen Ebenen und der persönlichen Ebene.
"Das klimafreundliche Handeln muss einfacher und billiger für die Menschen sein, als das klimaschädliche. Das muss die Politik erreichen."
Helga Kromp-Kolb, Meteorologin und Klimaforscherin
"Gemeinden müssen sich auf dramatische Entwicklung vorbereiten"
Den anwesenden Bürgermeistern und Amtsleitern riet Kromp-Kolb: "Vergessen Sie die Maßnahmen zur Klimaanpassung nicht. Die Gemeinde muss auf die dramatische Entwicklung vorbereitet sein. Die Häuser müssen für Wärme und Kälte unempfindlicher gemacht werden. Denken Sie an die Erreichbarkeit der Infrastruktur in Ihren Gemeinden, wenn die Hitze unser täglicher Begleiter wird: Auf dem Weg zum Arzt braucht es Schatten, Bäume und Trinkwasser, damit der Weg überhaupt genommen werden kann."
"Das Ziel, bis 2030 die CO2-Emission zu halbieren, ist Notwendigkeit. Nur zusammen können wir dieses Ziel erreichen. Helfen Sie einander mit Ratschlägen und vergessen Sie Ihre Parteizugehörigkeit."
Helga Kromp-Kolb, Meteorologin und Klimaforscherin
"Bürger werden ihrer Gemeinde folgen"
Mit diesen warnenden Worten startete Salzburg seinen ersten Klimatag im Schloss Goldegg. Geladen waren Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Amtsleiterinnen und Amtsleiter sowie Gemeindebeauftragte in den Bereichen Energie und Klimaschutz – "weil Sie die ersten Ansprechpartner der Bürgerinnen und Bürger sind. Wenn Sie glaubhaft vorangehen, werden die Bürger folgen", sagte die Grüne Landessprecherin, Landeshauptmann-Stellvertreterin Martina Berthold.
Zahlreiche Beratungsmöglichkeiten im Land
Die anwesenden Gemeinden konnten sich bei der Veranstaltung einen Überblick über die breite Palette an Unterstützungs- und Beratungsmöglichkeiten verschaffen und Verbündete in Sachen Klimaschutz finden. Denn genau in den Gemeinden, fange der Klimaschutz an, sagte Bürgermeister Günther Mitterer, Gemeindeverbandspräsident: „Die Akzeptanz ist bei der Bevölkerung dort am höchsten, wo wir die Gemeinden aktiv mitnehmen“, so Mitterer. Und der muss es wissen, schließlich ist seine Gemeinde St. Johann seit 2011 e5*-Gemeinde.
*e5 ist ein europaweites Qualifizierungs- und Auszeichnungsprogramm für Gemeinden, die durch den effizienten Umgang mit Energie und die verstärkte Nutzung von erneuerbaren Energieträgern einen Beitrag zu einer zukunftsverträglichen Entwicklung leisten wollen; sowie sich in bestimmten Bereichen zum Thema Energie vergleichen und verbessern wollen.
Markttag der Informationen
Mehr als 80 Bürgermeister und Beauftragte aus den Gemeinden trafen beim Klimatag in Goldegg auf Fachleute zu Energiewirtschaft und -beratung, zum EU-Leader-Programm, zu den Bundesangeboten, von Umweltservice Salzburg für die Betriebsberatung und für das e5–Landesprogramm für energieeffiziente Gemeinden. Vertreter von Agenda 21, Energiegemeinschaften, Klimabündnis und Fairtrade-Gemeinden informierten und demonstrierten Vorzeigeprojekte.
Berndorf will Energiegemeinschaft gründen
Auch die Bürgermeister selbst gaben einander Erfahrungen weiter. Johann Stemeseder, Bürgermeister aus Berndorf (Flachgau) berichtete von der thermischen Solaranlage im Sportheim und der Photovoltaik-Anlage auf dem Gebäude der Feuerwehr. "Aktuell läuft bei uns über die KEM eine Machbarkeitsstudie, ob wir eine Energiegemeinschaft gründen können. Das wird uns aber nicht einfach gemacht", so der Bürgermeister. Weißbach bei Lofer seinerseits ist bereits eine Erneuerbare Energiegemeinschaft mit dem Reinhalteverband eingegangen.
"Durch die Aktionen der Gemeinde sind Berührungsängste bei den Bürgerinnen und Bürgern abgebaut worden."
Johann Stemeseder, Bürgermeister aus aus Berndorf
Taugler Körberl für Regionalität
In St. Koloman hat Bürgermeister Herbert Walkner die Vision "Klima und Energie Modellregion" zu werden. Ein spannendes Projekt kommt auch aus der "Agenda 21": "Bei uns gibt es das 'Taugler Körberl', das Bauernprodukte aus der Region an die Konsumentinnen und Konsumenten bringt. Gerade arbeiten wir an einem EDV-System für Vorbestellungen. 1.200 Euro Umsatz pro Woche, setzen die Bauern so um", erzählt der Bürgermeister.
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Mikro-ÖV-Lösungen mit Nachahmungswert
Ein Vorzeigeprojekt dafür, wie Mikro-ÖV-Lösungen* funktionieren können, gibt es in Werfenweng. Das "W3-Shuttle" bedient mittlerweile drei Gemeinden (Werfenweng. Pfarrwerfen und Werfen). "Über ein Agenda21-Projekt konnte diese Ausweitung auf die Nachbargemeinden umgesetzt werden. Das Shuttle fährt unsere Bürgerinnen und Bürger sowie Gäste bedarfsorientierte und flexible ans Ziel", sagt Bürgermeister Peter Brandauer.
* kleinräumige, bedarfsorientierte, flexible und an Nutzerinnen und Nutzern orientierte Verkehrsangebote
Die Bürgermeister waren sich einig, dass ihre Projekte zu Akzeptanz und sogar zur Begeisterung der Bevölkerung beigetragen haben. "Junge Leute sind Stolz darauf, was in unserer Gemeinde passiert", sagt Josef Hohenwarter, Bürgermeister in Weißbach bei Lofer.
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