Sommergespräch
Heinrich Schellhorn: "Träumer stoßen oft auf Widerstand"

- Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn (die Grünen).
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VIDEO: Die diesjährigen Bezirksblätter Sommergespräche haben gestartet. Erster Gesprächspartner ist Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn, der Grüne Landessprecher.
SALZBURG. Heuer stellen die Bezirksblätter die Sommergespräch unter das Motto „Träum dein Salzburg“. Warum? Weil schon aus vielen Träumen Wirklichkeit geworden ist und weil wir beim Träumen kreativer an herausfordernde Fragestellungen herangehen können. Wir sprechen mit den Parteispitzen des Landes über ihre Visionen für Salzburg und über Möglichkeiten, Salzburg weiterzubringen.
Herr Landeshauptmann-Stellvertreter sind Sie Träumer oder Realist?
HEINRICH SCHELLHORN: In einer politischen Funktion wie meiner, muss man Realist sein. Man braucht aber auch Ideale, um so ein Aufgabe erfüllen zu können. Eigentlich muss man beides sein. Man braucht Visionen, muss diese aber auch umsetzen können.
Haben Sie es in Ihrer politischen Laufbahnen geschafft, einen anfänglichen Traum Realität werden zu lassen?
HEINRICH SCHELLHORN: Wir haben für Menschen mit Behinderung bahnbrechendes geschafft – ein vollkommenes Neudenken. Wir konnten den Weg von großen Einrichtungen für Menschen mit Behinderung zu ortsnahen, kleinstrukturierten Einrichtungen gehen. Ein Beispiel dafür ist "Provinzenz" in Schwarzach. Das ist uns trotz anfänglicher, enormer Widerstände – auch in der Gemeinde – gelungen. Eine wirklicher Traum.
"Auch das ist Politik: Wenn man ein Ziel hat, muss man es beharrlich verfolgen. Träume stoßen häufig auf Widerstand."
Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn

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Welchen Traumberuf hatten Sie als Kind?
HEINRICH SCHELLHORN: Ich wollte immer etwas für Menschen tun und mich für Gerechtigkeit einsetzen, ein Fürsprecher sein. Das war mein Traum. Daher habe ich Jus studiert und wollte Anwalt werden. Auch in der Politik kann ich Fürsprecher sein.
Haben Sie einen „Lebenstraum“?
HEINRICH SCHELLHORN: Mein Lebenstraum ist ein erfülltes Leben zu führen und für "etwas" oder jemanden da zu sein.

- Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn (Grüne) im Sommergespräch mit BB-Chefredakteurin Julia Hettegger.
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Vor allem in Ihrem Ressort „Energie, Klima, Umweltschutz“ braucht man visionäre Köpfe, um Salzburg voranzubringen. Welches sind die Träume, mit denen Sie sich im Ressort gerade beschäftigen?
HEINRICH SCHELLHORN: Es gibt ganz klare Ziele, die wir bis 2050 umsetzen wollen. Da sind wir alle gefordert mitzuziehen – auch die Bürger. Ein Ziel/ein Traum von mir, der auf erheblichen Widerstand stößt, ist die Windkraft. Wir brauchen Windenergie in Salzburg als Ergänzung, gerade im Winter, wo wir einen hohen Energieverbrauch haben. Ich sehe diese Windräder in Skigebieten, wo mit den Liftstützen schon in die Natur eingegriffen wurde und um auch genau diese Lifte mit erneuerbarer Energie zu betreiben.
HIER finden Sie das Video vom Sommergespräch.
Das Land Salzburg gründete mit 1. Juli einen eigenen Klimaschutzfonds. Zehn Millionen Euro – zusätzlich zu den 13 Millionen im Ressort – stehen für die kommenden 18 Monate zur Verfügung. Welche Probleme löst dieses Geld?
HEINRICH SCHELLHORN: Wir wollen damit einen Impuls für die Wirtschaft in der Corona-Krise setzen sowie einen Impuls im Klimaschutz. Ein Schwerpunkt ist "Raus aus Öl", wofür wir die Förderungen erhöht haben. Gemeinsam mit den Förderungen vom Bund kann man 10.000 Euro erhalten, wenn man die Ölheizung gegen einen Pelletskessel tauscht.
Rund 15 Prozent der Gesamtausgaben des Landes, 422 Millionen Euro flossen 2019 in die soziale Sicherheit. Heuer werden es 450 Millionen Euro sein. Fast die Hälfte davon kommt der Pflege und Betreuung zugute. Das bedeutet: Jedes Jahr gibt es mehr Geld für Pflege und Betreuung. Wofür wird dieses Geld konkret ausgegeben?
HEINRICH SCHELLHORN: Ganz konkret haben wir seit Anfang des Jahres die Stundensätze in der mobilen Pflege erhöht. 3 Millionen Euro habe ich dafür zusätzlich zur Verfügung gestellt. Seit 1. Juli haben wir auch die Tarife für Seniorenhäuser erhöht, pro Tag um 6,50 Euro. Das schafft die Möglichkeit, z.B. mehr Leute einzustellen und die Arbeitsbedingungen dadurch zu verbessern. Allein das kostet 6,5 Millionen Euro mehr pro Jahr.
Schafft das bereits mehr Interesse am Pflegeberuf?
HEINRICH SCHELLHORN: Wir haben jetzt erhöhtes Interesse, weil die Arbeitslosigkeit hoch ist. Wir wissen aber auch, dass viele Menschen, die die Ausbildung gemacht haben, nach ein paar Jahren in andere Berufe wechseln, weil die Arbeit herausfordernd ist. Wenn wir es schaffen diese "Wechsler" länger im Beruf zu halten, wäre uns schon geholfen. Wir haben immer noch mehr Ausbildungsplätze als InteressentInnen.
In Salzburg hätte mit 1. Juni aus der Mindestsicherung eine Sozialunterstützung werden sollen. Das hat man wegen der Corona-Situation verschoben. Wann kommt es zur Umsetzung?
HEINRICH SCHELLHORN: Mit 1. Jänner 2021. Wir haben alle Gestaltungsspielräume, die uns die Bundesregierung gelassen hat, ausgenützt. Wir schicken jetzt die dazugehörigen Verordnungen in Begutachtung. Wir schöpfen in Salzburg die maximale Wohnleistung aus – 70 Prozent der Bemessungsgrundlage. Der höchstzulässige Wohnaufwand für einen Ein-Personen-Haushalt in der Stadt wird von 380 auf 605 Euro angehoben.
Zu den Verlierern des neuen Gesetzes zählen unter anderem die rund 290 Menschen mit humanitärem Bleiberecht in Salzburg. Sie fallen mit der neuen Regelung völlig aus der Unterstützung, wenn sie nicht seit fünf Jahren im Land sind. Wir kann man das ausgleichen?
HEINRICH SCHELLHORN: Diese Menschen werden wir über die Grundversorgung unterstützen.
Rechnen Sie aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie mit einem Anstieg der Mindestsicherungs-Beziehenden?
HEINRICH SCHELLHORN: Wir haben einen erfreulichen Trend in Salzburg. In den letzten Jahren ist die Zahl der Bezieher sukzessive zurückgegangen. 7.000 Personen waren es Ende des Jahres 2019. Seit der Corona-Krise ist die Zahl angestiegen, aber nicht so stark wie erwartet. Wir stehen aktuell bei rund 7.400 Personen, rechnen aber bis in den Herbst hinein noch mit einem Anstieg. Wir haben budgetär vorgesorgt. Letztes Jahr haben wir 39 Millionen ausgegeben, heuer haben wir 47 Millionen Euro vorgesehen.
"Insgesamt haben wie in Salzburg die niedrigste Armutsgefährdung in ganz Österreich. Aber es ist ein Traum von mir, diese Armutsgefährdung noch weiter zu senken, denn es sind immer noch 50.000 Menschen davon betroffen."
Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn
Um der Branche durch die Krise zu helfen, haben Sie das Förderbudget für die Kultur um 2,5 Millionen Euro aufgestockt. Wer bekommt dieses Geld?
HEINRICH SCHELLHORN: Das Geld ist für Einrichtungen der freien Kulturszene und einzelne Künstler. Wir brauchen sie alle für die Zukunft. Die Gefahr besteht, dass eine Veranstaltung nicht wiederbelebt wird, wenn sie einmal ausfällt. Daher helfen wir ihnen jetzt. Langfristig ist aber mein Ziel, die Produktionsbedingungen so zu gestalten, dass die Künstler angemessene Honorare bekommen und dass die Kultureinrichtungen mit einer finanziellen Planungssicherheit ausgestattet sind.

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Sie haben für uns vorab eine Traumcollage mit fünf Symbolen gestaltet.
Was bedeutet für Sie das Symbol Feuerwehr?
HEINRICH SCHELLHORN: Sie ist ein Symbol für das gute Funktionieren unserer Sicherheitseinrichtungen und unser gut funktionierendes Freiwilligensystem.
Symbol Essen
HEINRICH SCHELLHORN: Für unsere Zukunft ist es wichtig, auf regionale Produkte zu setzen – saisonal einkaufen und essen.
Symbol Windenergie
HEINRICH SCHELLHORN: Wir haben im Masterplan festgelegt, dass wir 25 Windräder bis 2030 aufstellen wollen. Das ist ein Traum von mir.

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Symbol Gleichberechtigung
HEINRICH SCHELLHORN: Wir haben in der Corona-Zeit gesehen, dass sich das Geschlechterverhältnis oft rückwärtsgewandt hat. Frauen und Männer müssen die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten erhalten und die gleichen Chancen haben – in der Politik und auch in der Wirtschaft. Da sind wir noch weit entfernt vom Idealzustand.
Symbol Wald
HEINRICH SCHELLHORN: Der Wald ist ein Erholungsraum, er ist ökologisch wertvoll und außerdem ein Rohstoff. Wir müssen ihn schützen und er bietet uns Schutz. Er ist ein Symbol für Salzburg und unsere Zukunft.
Das nächste Sommergespräch findet mit David Egger, dem neuen Landesparteivorsitzenden der Salzburger SPÖ statt. Zu sehen ab 29. Juli 2020.
>>HIER<< lesen Sie mehr über die Politik von Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn.
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