Prozess vertagt
Lokführer zu Mariazellerbahn-Unglück: "Keiner kann mir sagen, was passiert ist"

Der angeklagte Lokführer musste sich wegen grober fahrlässiger Körperverletzung und Gemeingefährdung vor Gericht verantworten. Er plädiert auf "nicht schuldig". | Foto: Petra Weichhart
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  • Der angeklagte Lokführer musste sich wegen grober fahrlässiger Körperverletzung und Gemeingefährdung vor Gericht verantworten. Er plädiert auf "nicht schuldig".
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Nachdem die Frage nach einer Bewusstseinstrübung des Lokführers nicht restlos geklärt werden konnte, wurde der Prozess auf unbestimmte Zeit vertagt. Ein internistisches Gutachten soll erstellt werden.

ST. PÖLTEN (pw). "Ich bin froh, dass keiner gestorben ist, ich hätte mir die paar Verletzten aber auch sparen können", erklärt der Angeklagte. Seit neun Uhr Mittwoch Morgen musste sich der Lokführer der Mariazellerbahn wegen grober fahrlässiger Körperverletzung und Gemeingefährdung vor Gericht verantworten. Er war mit 62 km/h statt der erlaubten 35 km/h in eine Kurve in Völlerndorf eingefahren. Laut Staatsanwalt Leopold Bien haben die Untersuchungen ergeben, dass der Angeklagte das nötige Bremsmanöver vor der Kurve nicht vorgenommen hat, sondern erst nach Ertönen eines Warnsignals reagiert und gebremst habe. "Außerdem hat der Lokführer in der Folge auch noch falsch reagiert, da er keine Notbremsung, sondern nur einen elektrischen Bremsvorgang einleitete", so Bien weiter.

"Nicht schuldig"

Der Lokführer plädiert auf "nicht schuldig". "Er konnte aufgrund einer Bewusstseinstrübung (Blackout) keine Handlungen setzen", begründet sein Verteidiger. Fest steht, dass er zur Unfallzeit zurechnungsfähig war. Wie es zu dem Unglück kommen konnte, kann sich der Angeklagte nicht erklären. "Es war einfach aus. Wie ich wieder zu mir gekommen bin, war schon alles umgekippt", so der Lokführer. "Auch nach unzähligen Untersuchungen kann mir keiner sagen, was passiert ist."
Triebwagenführer zu sein war schon immer sein Traumberuf. Seit Ende 2013 war er bei der NÖVOG angestellt und ist die Strecke schon über 1000 Mal gefahren. Es war somit Routine.
"Hatten Sie schon einmal eine Notbremsung", fragt Richter Andreas Beneder. "Ja", antwortet der Angeklagte. Das sei so im Jahr 2015 gewesen, als er mit einem Fahrzeug an einem unbeschrankten Bahnübergang kollidierte. Der Lenker fuhr bei Rot in den unbeschrankten Bahnübergang ein.

Gutachten

"Eine Schnellbremsung hätte ein Kippen der Mariazellerbahn verhindert", so der Sachverständige. Der Lokführer habe falsch reagiert. Und er bezweifelt die Schilderungen des Angeklagten: "So kann es (Unfallhergang) nicht gewesen sein."
Der neurologische Gutachter Richard Billeth hält fest, dass ein "Blackout beim" Lokführer, auszuschließen sei. Für ihn ist die Schilderung des völligen Gedächtnisverlustes durch einen Kreislaufkollaps mit den beschriebenen Aktivitäten (Reagieren durch Einleitung einer Bremsung) nicht vereinbar. Auch sei ein Kreislaufkollaps mit Bewusstlosigkeit bei einem jungen gesunden Mann in sitzender Position extrem unwahrscheinlich. 
Auch im Kreuzfeuer der Fragen von Richter, Staatsanwalt und Verteidiger bleibt der medizinische Sachverständige dabei: "Bewusstlose reagieren nicht und setzen keine Handlungen." Bei Sekundenschlaf oder Tagträumerei würde sich der Angeklagte ab dem Aufwachen wieder an das Geschehene erinnern. Diese Möglichkeiten hält er daher für nicht plausibel. Um eine Synkope (eine plötzlich einsetzende, kurz andauernde Bewusstlosigkeit) dennoch abzuklären, soll ein internistisches Gutachten erstellt werden. 

Zeugenaussagen

"Ich dachte mir noch: Bist du fertig, der legt sich heute in die Kurve. Dann weiß ich nichts mehr", schildert ein Unfallopfer den Zeitpunkt des Unglücks. Der 25-Jährige erlitt Rippenbrüche und einen Schlüsselbeinbruch: "Ich musste sieben Wochen im Sitzen schlafen." "Ich bin in den Zug eingestiegen. Ich war müde und habe mich an der Fensterscheibe angelehnt. Als ich aufgewacht bin, haben die Menschen geschrien. Es ging alles sehr schnell", erklärt eine junge Frau. Sie war eine der Verletzten und wurde nach dem Unfall mit dem Hubschrauber ins Unfallkrankenhaus Meidling gebracht.

Bei dem Zugsunglück am 26. Juni des Vorjahres entgleiste aufgrund von überhöhter Geschwindigkeit die sogenannte "Himmelstreppe". 30 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt.

Lesen Sie dazu auch: 
Liveticker zur Gerichtsverhandlung: www.meinbezirk.at/3271524
Artikel vom 22. Februar 2019: www.meinbezirk.at/3218094
Artikel vom 20. Februar 2019: www.meinbezirk.at/3214089
Artikel vom 31. Juli 2018: www.meinbezirk.at/2801207
Artikel vom 18. Juli 2018: www.meinbezirk.at/2771765
Artikel vom 26. Juni 2018:www.meinbezirk.at/2717942

Der angeklagte Lokführer musste sich wegen grober fahrlässiger Körperverletzung und Gemeingefährdung vor Gericht verantworten. Er plädiert auf "nicht schuldig".

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