Gefragte Frau
Lena Mileder über ihre Arbeit als Trauerrednerin

Lena Mileder sieht sich als Pressesprecherin der Verstorbenen. | Foto: Matthias Fritzenwallner
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Nicht nur an Allerseelen, wenn die katholische Kirche ihren Verstorbenen gedenkt, ist das Thema Sterben für Lena Mileder präsent: Die Grazerin ist als selbstständige Trauerrednerin tätig. Im Interview mit "MeinBezirk.at" erzählt sie von ihrem Werdegang, schönen Erlebnissen bei Verabschiedungen und heilsamen Humor.

STEIERMARK. Begräbnisse bedeuten für die allermeisten Menschen Ausnahmesituationen – der Abschied von einem geliebten Verwandten, einer guten Freundin oder engen Angehörigen ist ein Erlebnis, mit dem man am besten so selten wie möglich konfrontiert sein möchte. Für Lena Mileder hingegen sind Sterben, Trauer und Verabschiedungen Inhalt ihrer täglichen Arbeit. 

Die Grazerin hat sich als Trauerrednerin selbstständig gemacht – mit Angehörigen über Verstorbene zu sprechen, individuelle Reden zu verfassen und diese bei Verabschiedungen vorzutragen, ist ihr täglich Brot. Trotz ihrer Tätigkeit erscheint die 35-Jährige alles andere als "traurig" – dafür äußerst empathisch, und humorvoll! Mit einem strahlenden Lächeln empfängt uns Mileder zum Interview. Passend Allerheiligen ist die Trauerrednerin die "gefragte Frau" der Woche. 

Etwa drei mal in der Woche spricht die Trauerrednerin bei Verabschiedungen.  | Foto: Panthermedia
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Wie kommt man dazu, Trauerrednerin zu werden?
Ich habe jahrelang im Marketing und Projektmanagement gearbeitet. Obwohl das Marketing noch immer meine Leidenschaft ist, ist für mich irgendwann der Sinn verloren gegangen. Ich wollte mit "echten" Menschen arbeiten, etwas Wertschätzendes machen. Auf der Suche nach einer Ausbildung bin ich über den "beruflichen Trauerredner" gestolpert. Zuerst musste ich schmunzeln, auch weil es in der Beschreibung heißt, es sei ein krisensicherer Job. Als Voraussetzung stand, man müsse empathisch sein, gerne mit Menschen arbeiten und gerne schreiben. Und nachdem das eigentlich alles genau auf mich zutrifft, habe ich mich dann dafür entschieden, es einmal auszuprobieren. Nach kurzer Zeit habe ich gemerkt, wie inspirierend die Tätigkeit ist. 

Wir verfasst man so etwas persönliches über einen Menschen, den man nicht gekannt hat?
Natürlich ist es essentiell, was mir die Angehörigen erzählen. Aber es ist mir noch nie passiert, dass ich kein Gefühl für den Menschen bekommen habe. Man baut dann auf gewisse Weise eine enge Beziehung zu den Verstorbenen auf.

Worum geht es bei einer Trauerrede?
Mir persönlich ist es wichtig, den Verstorbenen noch einmal eine Stimme zu verleihen. Ich sehe mich sozusagen als Pressesprecherin für diesem Menschen. Ich will dazu nicht nur eine Biografie vorlesen, sondern die Person für die Angehörigen noch einmal lebendig werden zu lassen. Und ich versuche immer etwas einzubauen, wo man schmunzeln kann.

In ihren Trauerreden versucht Mileder auch immer etwas zum Schmunzeln mit einzubauen.  | Foto: Panthermedia
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Humor bei einem Begräbnis– wie passt das zusammen?
Es geht nicht um das Lachen über den Verstorbenen oder die Angehörigen, sondern um würdevollen Humor. Man erlaubt sich in unserer Gesellschaft oft nicht, auf seine eigene Art und Weise zu trauern. Aber ich habe selber die Erfahrung gemacht, dass Lachen das Heilsamste überhaupt sein kann. Der Humor kann ein schöner Weg sein, auch in diesem Moment das Leben zu feiern – in Trauer vergisst man zu oft, dass man selber am Leben ist.

Ist Ihr Leben "trauriger" geworden, seit Sie sich hauptberuflich der Trauer widmest?
Im Gegenteil! Mein Leben wird durch den Beruf so bereichert, dass ich auf jeden Fall glücklicher bin, seit ich das mache. Es ist einfach so viel Wertschätzung dabei. 

Und wie hat sich Ihr persönlicher Umgang mit dem Thema Tod verändert?
Ich spreche auf jeden Fall offener darüber – ich rede ja auch viel mit Bestattern. Aber natürlich, wenn Tod in meinem engsten Umkreis Thema wird, schaltet sich der Privat-Modus ein und damit ist immer Angst und Trauer verbunden. Meine Mutter und meine Tante haben schon angekündigt dass sie wollen, dass ich ihre Trauerrede halte – wenn man daran denkt kommt einem natürlich schon das Heulen. Aber nachdem ich sehe, wie würdevoll es etwa bei der Bestattung zugeht, ist das schon im Vorhinein sehr tröstlich. Und auch, dass es Menschen gibt, die das mit diesem heilenden Humor machen, finde ich schön.

Ist das etwas, was Frauen eher liegt?
Das Bestatterwesen ist eher eine Männerdomäne. Das kommt natürlich von den Pfarrern und der Kirche. Aber mittlerweile sind es auch immer mehr Frauen, gerade im Redner-Bereich. Ich glaube, dass Frauen teilweise einen anderen Bezug dazu haben, gerade wenn es etwa um das Thema Tod eines Kindes geht. Aber es braucht wohl viele Frauen, damit sich zeigt, dass wir das genauso gut, wenn nicht sogar besser können.

Nachdem die Grazerin jahrelang im Marketing gearbeitet hat, hat sie sich als Trauerrednerin selbstständig gemacht.  | Foto: OPERNFOTO Hausleitner
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Zur Person: Lena Mileder

Ihre berufliche Tätigkeit im Bereich Marketing und Produktmanagerin führte die gebürtige Grazerin über 15 Jahre in verschiedene Ecken der Steiermark. Auf der Suche nach einer "sinnstiftenden" Arbeit, ist die 35-Jährige in der Corona-Zeit auf die Ausbildung zur beruflichen Traurrednerin gestoßen und hat sich mittlerweile in dem Bereich selbstständig gemacht.

Als weltliche Trauerrednerin verfasst Mileder Reden über Verstorbene und trägt diese bei Verabschiedungen vor. Zusätzlich hält die Trauerrednerin Vorträge zum Thema digitaler Nachlass. Damit unterstützt sie Angehörige mit dem Umgang des digitalen "Fußabdrucks", den Verstorbene über soziale Plattformen, Apps und das Internet im Allgemeinen hinterlassen haben. 

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