FLIEDER. Von Sonne Mond und Fliederduft - Märchen und Geschichten für Kinder, Kindsköpfe und Kindgebliebene - Teil 29

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Von Sonne Mond und Fliederduft

Flieder symbolisiert für mich den Höhepunkt des Frühlings. In leuchtenden Violettönen wogt er, wunderschön anzusehen, im Mailüftchen. Sein Duft entfacht Frühlingsgefühle pur - was die Menschen sicherlich schon lange vor den frühen Österreichischen Farbfilmen der 1950er Jahre ("Wenn der weiße Flieder wieder blüht"...) erkannt hatten. Heute ist der Flieder auch längst in der Küche salonfähig geworden. Neben Fliedergelee ist besonders Fliedersaft eine willkommene Abwechslung, die man ganz einfach wie Hollersaft ansetzt. Zu Farbgebung sollte man allerdings auf die richtige Menge an dunkelvioletten Fliederblüten achten (Rezept siehe LandLust Ausgabe Mai 2012). Eine Pflanze die so intensiv für die Liebe steht wie der Flieder, hat sich auf jeden Fall auch eine Geschichte verdient. Und die will ich wie folgt erzählen:

Vor vielen Jahren, so vielen wie wir Menschen es gar nicht fassen können, waren Sonne und Mond weit mehr als bloß 2 Gestirne am Firmament. Sonne und Mond waren ein wunderschönes Liebespaar. Der Mond so nobel blass und fahl, in feengleiches Silberlicht gehüllt und doch von so vielen schattenhaften dunklen und tiefsinnigen Geheimnissen umgeben und die Sonne - so strahlend und hell, triumphierend und geradlinig - gemeinsam boten sie ein Ganzes, das gegensätzlicher nicht hätte sein können. Zusammen aber warenn sie gerade durch ihre Gegensätzlichkeit eins, ein Paar, das alles bisher dagewesene überstrahlte. Ihr bloßer Anblick war geballte Urkraft der Schöpfung, ein Meisterwerk der Vollkommenheit.

So viel Schönheit, Prunk und Einzigartigkeit erweckte jedoch auch damals schon Neid und Missgunst.

"Sie sind arrogant und eingebildet", toste der Nordwind. "Sie haben sich gegen uns verschworen", behauptete der Abendstern. "Wer weiß, am Ende wollen sie gar dem Herrgott seinen Platz streitig machen. Ich hör sie schon regelrecht am Stuhlbein vom Himmelsthron sägen", schürte das Nordlicht die Debatte weiter an. "Man müsste die beiden trennen...", überlegte schließlich auch Saturn laut. Ihm waren die beiden schon lange ein Dorn im Auge. Schließlich war er der einzige unter den Planeten, der von Ringen aus Eis und Gesteinsbrocken umkreist wurde, ach was sage ich, der überhaupt sichtbare Ringe hatte. Wenn schon jemand eine so herausragende Position einnehmen sollte, dann er!

So geschah es, dass sich Neid, Missgunst und schlechtes Gerede wie Sternenstaub im Himmel einschlichen und eines Tages auch Gott zu Ohren kamen. "Was sagst du dazu, Petrus, sollen wir dem Zirkus ein Ende bereiten?"

"Das wäre sicherlich höchste Zeit, Herr. Das Liebespaar für alle Ewigkeit zu trennen, scheint mir allerdings ein etwas harsches Urteil - schließlich handelt es sich in Wahrheit um Äußerlichkeiten."

"Da kommt mir eine Idee, lieber Petrus. Warum befragen wir nicht die Menschen. Ich hab' sie doch nach meinem Abbild geschaffen. Da müsste so etwas doch zu schaffen sein."

"Da bin ich aber gespannt..." antwortete Petrus nachdenklich, während er sich am Bart kratze.

So kam es, dass Sonne und Mond kurze Zeit später tieftraurig auf der Erde herumstrichen. Wenn sich da nicht eine Lösung fand, würde ihr Licht verblassen, da waren sich beide gewiss. Das Urteil war für sie ein Schlag ins Gesicht. Schließlich konnten sie nichts für ihr Aussehen und Intrigen anderer waren ihnen ein Gräuel.

Ihr sonst so willkommener Erdenspaziergang wurde an jenem Tag jedoch zu einer beinharten Prüfung. Denn wohin sie auch gingen was immer ihren Blick streifte, überall sahen sie glückliche Menschen, die sich gegenseitig Blumen und Zuckerherzen schenkten und vor Dankbarkeit und schierem Glück für die beiden vom Schicksal gezeichneten Gestirne kaum zu ertragen waren. "Auch das noch! Heute ist ja Muttertag. Die Menschen feiern ihr trautes Glück, das sie mit ihren Liebsten teilen dürfen und wir, wir sollen alles verlieren! Das ist doch zum Explodieren!

Der Gedanke war kaum fertig ausgesprochen, da lief den beiden plötzlich ein eiskalter Schauer über den Rücken. Vor ihnen im mondbeschienenen Gras kniete eine zarte, fast zerbrechlich anmutende kleine Gestalt. Eigenartiger Weise schien sie mit einem Fliederbusch zu sprechen:

"Oh Mutter, ich bin so glücklich dass du da bist! Ich hab dich ja so sehr vermisst!", flüsterte die zarte Stimme im Halbdunkel. Leise schlich der Mond näher heran, um herauszufinden wer so spät abends noch Zwiegespräche führte, außerdem zog ihn ein betörender Duft magisch an.

"So lange habe ich auf dich warten müssen - beinah ein Jahr lang. Aber jetzt, da bist du mir wieder ganz nah. Du hast dein Versprechen gehalten. "So lange der Flieder im Garten so wundervoll duftet, werde ich bei dir sein!" "Ja, das hast du mir versprochen, bevor du für immer deine wunderschönen, fast violetten Augen zugemacht hast!" "Und es ist wahr - jedes Wort davon. Im Duft des Flieders bist du mir nah, so sehr dass ich dich fast spüren kann, deinen Duft riechen kann - und jetzt - im Windhauch, da kann ich leis deine Stimme hören. Jetzt weiß ich's Mutter - du bist mir nicht verloren, denn jedes Jahr im Fliederduft, kommst du zurück zu mir..."

"Nun sprich, guter Mond", sagte der Herrgott kurze Zeit später. Trennen muss ich euch wohl, um dem dummen Gerede endgültig ein Ende zu bereiten. Ihr wisst ja, ein guter Ruf ist eben alles... Aber ihr habt zumindest einen Wunsch frei - solange er niemandem schadet, versteht sich."

"Herr", sprach da der Mond, "auf der Erde, da hatten wir eine recht wundersame Begegnung, die mich auf einen Idee gebracht hat: wenn wir uns schon körperlich nicht mehr nah sein können, so will ich die Sonne doch weiter spüren, ihre Nähe auf andere Art fühlen und mit ihr sprechen können - ihr also im Geiste nahe sein."

"Ein frommer Wunsch", gab Petrus zu bedenken, da wir aber in den Maßen der Menschen rechnen, wird dieser Wunsch nur eine bestimmte Zeit gültig sein - denn auf der Erde hat alles ein Ablaufdatum. An welches Zeitmaß habt ihr denn gedacht?"

"Flieder! Unser Zeitmaß soll der Flieder sein! So seht mich doch nicht so mitleidig an, ihr anderen. Ich meine genau das was ich gesagt habe: Flieder!

So lange der Flieder duftet, solange werden auch unsere Gedanken eins sein."

"Das heißt du verlierst deine Sonne nur dann, wenn der Flieder je seinen Duft verlieren sollte?! Eine prachtvolle Idee mein guter Mond. Genau so tiefgründig und geheimnisvoll wie ich sie von dir erwartet habe!"

"So sei es", sprach der Herr, und machte sich auf, um auch gleich selber eine Nase voll betörendem Fliederduft zu genießen.

Der Fliederbusch, so sagt man, wurde von jenem Tag an zum launischen Treffpunkt für Verliebte, seine Blüten zum Blumengruß der die Herzen öffnet. Sein Duft nimmt mit auf eine Reise, deren ZIel nur der Liebende selbst kennt.

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