WEIHNACHT/NEUJAHR. In Kini sei Schotz - Märchen und Geschichten für Kinder, Kindsköpfe und Kind gebliebene - Teil 100

Am Altjahrstag des vergangenen Jahres bekamen wir einen ganz besonderen Besuch. Unser Rauchfangkehrer-Meister kehrte an seinem letzten Arbeitstag den Kachelofen in unserer Küche. Er wollte mit Jahreswechsel in Pension gehen. Das Unternehmen, das über 100 Jahre lang im Besitz der Familie war, wurde geschlossen und das Rayon an eine andere Firma übergeben. Mit der folgenden Geschichte möchte ich mich bei ihm bedanken, denn er ist einer jener Rauchfangkehrer, die wie ein waschechter Glücksbringer gar nicht anders können, als gute Laune zu verbreiten. Herzlichen Dank auch an seinen Mitarbeiter, der sich heute zusätzlich zur vielen Arbeit zum Jahreswechsel, spontan dazu bereit erklärte, mir Model für die heutige Geschichte zu stehen! Mit meiner 100. Geschichte wünsche ich allen Lesern ein glückliches und gesundes Jahr 2018!

Alois Janko war Schornsteinfeger-Meister und zwar einer derjenigen, die den Beruf als Berufung ansahen. Besonders zum Jahreswechsel, fühlte er sich wie ein lebendiger Glücksbringer, und das strahlte Meister Janko auch aus. Das verschmitzte Lächeln, das  seinen Kunden aus dem rußigen Gesicht entgegen strahlte, bekam er auch fast immer zurück und das gab ihm Berge. Schmutz und Ofenruß machten Schornsteinfeger Janko gar nichts aus. Schlichtweg: er liebte seine Arbeit.

Mit einem Liedchen auf den Lippen, parkte er seinen Wagen kurz vor Weihnachten vor dem Baufälligen Lugerhäusl. Während er den schiefen Schornstein unter die Lupe nahm, erstarb das fröhliche Lied. "Mein Gott!" seufzte er mitleidig. "Da kann man bald gar nichts mehr machen, baufällig wie der ist. Die arme Frau Mühleder muss sich da endlich was einfallen lassen."

Als er eintrat, traf ihn die triste Stimmung fast wie eine Keule. Die Worte Veränderung und Neues blieben schockartig in seinen Gehirnwindungen stecken. 

"Frau Mühleder? Was ist los? Kann ich ihnen vielleicht irgendwie helfen?" Sachte berührte er die Frau an der Schulter, um sie aus ihrer Trance zu reißen. Mit verheulten Augen sah sie zum Rauchfangkehrer auf. "Ach sie sind es, Herr Janko. Ich habe sie erst am 30. erwartet. Könnten Sie sich den offenen Kamin noch einmal ansehen? Ich trau mich nicht mehr heizen, weil alles sofort schlimm zu rauchen beginnt, wenn ich einheize. Bei der Kälte momentan ist das aber alles andere als angenehm. 

Eine Viertelstunde später saßen die beiden am Küchentisch beisammen und berieten die Lage. "Ich fürchte, der Ofen gehört dringend saniert, da lässt sich nichts machen." Die Miene der Frau wurde fahl. Plötzlich brach alles aus der sonst so gefassten Dame heraus und sie schüttete dem Schornsteinfeger ihr Herz aus. Da war der Kredit, der sie seit dem Tod ihres Mannes zu erdrücken drohte. Der kleine Sohn, der so viel mehr Zeit brauchen würde, als sie ihm geben konnte, das baufällige kleine Häuschen, dass so dringend saniert gehörte und nun auch noch diese Krankheit! 

Zwei Wochen vor Weihnachten, konnte sie plötzlich auf einem Auge nichts sehen. Sie suchte gleich die Ambulanz auf. Es folgten viele Untersuchungen von Spezialisten und gestern kam der Befund. Frau Mühleder war an MS erkrankt. Die Ärzte rieten ihr dringend, etwas kürzer zu treten. Ihre Freundin gab ihr gleich die Adresse eines namhaften Heilpraktikers in München, der angeblich schon große Erfolge auf diesem Gebiet erzielt hatte. Aber was nützte das alles, wenn sie kein Geld hatte? Wie sollte sie ohne Geld für ihren kleinen Sohn gesund bleiben? Ohne Geld würden sie schnell das Häuschen verlieren.

Als Alois Janko wieder ins Auto stieg, war das Lächeln in seinem Gesicht verschwunden. Stattdessen gruben sich tiefe Sorgenfalten in seine Stirn. Er war doch Glücksbringer von Beruf. Aber diese Situation überstieg seine Vorstellungskraft. Er hatte keine Ahnung, wie er Frau Mühleder helfen konnte. Dabei mochte er sie schon seit langem sehr, hatte nur nie den Mut aufgebracht sich dieser, für ihn unheimlich vornehmen, Dame zu nähern. 

Zuhause angekommen, drückte ihm seine Sekretärin einen Brief in die Hand. "Der ist heute per Einschreiben gekommen, Chef!" sagte sie, bevor sie in den Mantel schlüpfte und Feierabend machte. Nachdenklicher als sonst, sperrte Alois Janko das Geschäftsgebäude ab und ging langsam in die Wohnung hinauf. "Was ist denn mit dir los, Alois? Ist dir eine Laus über die Leber gelaufen?" fragte ihn seine Mutter verwundert und startete gleich den Wasserkocher. Der braucht jetzt einmal einen beruhigenden Tee beschloss sie vehement. 

Ohne ihr zu Antworten, verzog er sich nach einer ausgiebigen Dusche heute gleich in den gemütlichen Fernsehsessel, als ihm einfiel, dass er den Brief noch nicht geöffnet hatte. "Nein!" sagte er ganz baff zu sich selbst. "Tante Jule ist gestorben!" Jule war die Schwester seines Vaters. Aufgrund ihrer herrschsüchtigen Art, hatte die ganze Familie aber immer eher einen großen Bogen um sie gemacht. Verwundert stellte er fest, dass er nun als Alleinerbe ihres Vermögens eingesetzt worden war: eine stattliche Summe Bargeld, die Goldbarren, die sie ihm einmal bei einem Besuch gezeigt hatte, ein Häuschen im Schwarzwald und sogar eine Ferienwohnung in Zürich hatte die Alte besessen. "Stimmt, ihr Mann war Stuckateur und hat nach dem Krieg die zerbombten Häuser aufgekauft und wieder aufgebaut. Das hat ihnen ziemlich viel Geld eingebracht. Aber was soll ich jetzt mit all dem anfangen?" Grübelte der bescheidene Schornsteinfeger. Die Firma lief glänzend und alleinstehend war er auch. Versonnen rückte er die Krippenfiguren, die seine Mutter heute auf dem Fensterbrett aufgebaut hatte, hin und her. Und plötzlich - wie durch ein Wunder - war das Lächeln wieder in sein Gesicht zurückgekehrt. Wie der Stern von Bethlehem breitete es sich zu einem hellen Strahlen aus, ein richtiges inneren Leuchten... 

Als er am Silvestermorgen nochmal zum Lugerhäusl fuhr, um den alten Kamin zumindest provisorisch wieder in Gang zu bringen, hatte er die Goldbarren im Gepäck, die gestern, vom Notar beglaubigt, in sein Eigentum übergegangen waren. Er versteckte sie hinter der Krippe auf dem Kaminsims, dort wo die Heiligen 3 Könige gerade auf ihren Kamelen in Richtung Stall zogen. 

Bei einer Tasse Kaffee unterhielt er sich wieder mit Frau Mühleder und er hatte das Gefühl als würde sich da auch zwischenmenschlich ein kleiner Funke aufbauen. Um ihr einen gewissen Hinweis zu seinem Geschenk zu geben, erzählte er ihr von der unerwarteten Erbschaft. "Sie Glücklicher!" freute sich die junge Witwe mit ihm. "Sowas könnt ich auch gut gebrauchen!"

Als der kleine Moritz von der Schule heimkam, begab er sich wie so oft zur Weihnachtszeit, zum Kripperl am Kaminsims, schob sich den abgewetzten großen Ohrensessel zurecht, kletterte hinauf und begann mit den abgeschlagenen Gipsfiguren zu spielen.  "Mami Mami sieh doch nur! So sieh nur!" Wie der Blitz fuhr er in die Küche und zerrte seine Mutter zum Kamin im Wohnzimmer. "Ein Schatz! Sieh doch nur! Das glänzt ja wie echtes Gold!" Frau Mühleder bekam ganz große Augen. Lange sah sie den Schatz auf dem Kaminsims an und ihr begann zu dämmern, wer ihr heimlicher Wohltäter gewesen war. "Ist das ein Schatz, Mami? Ein richtiger Schatz?" 
"Ja, Moritz, ein richtiger Schatz! Den hat uns da heuli Kini brocht, mei Bua!"

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Foto: Cityfoto
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