Ortsumfahrung Reith und Leithen
Bürgermeister reagieren auf Fernpass-Pläne

Leithen ist als Durchfahrtsort schwer belastet. | Foto: Archiv
4Bilder
  • Leithen ist als Durchfahrtsort schwer belastet.
  • Foto: Archiv
  • hochgeladen von Sarah Kröll

Wie würde sich eine Maut am Fernpass auf die Seefelder Region auswirken?Landeshauptmann und Gemeindereferent Anton Mattle lud Gemeindevertreter des Seefelder Plateaus zum Gespräch. Dabei zeigte sich: Maßnahmen zur Entlastung der Bevölkerung am Plateau sind dringend notwendig.

SEEFELDER PLATEAU. Die Route über das Seefelder Plateau zählt neben dem Fernpass zu den meistbefahrenen Nord-Süd-Verbindungen in Tirol. An starken Verkehrstagen werden an der B177 Seefelder Straße mehr als 20.000 Fahrten in beide Richtungen gezählt.

Wenn nun eine Maut am Fernpass tatsächlich eingeführt werden soll - wie aktuell in Diskussion - , befürchten die Bürgermeister der Seefelder Plateaugemeinden Georgios Chrysochoidis (Leutasch), Dominik Hiltpolt (Reith bei Seefeld) und Christian Ihrenberger (Scharnitz), dass die Seefelder Straße als Ausweichstrecke noch attraktiver wird. Der Verkehr auf der Strecke Garmisch-Seefeld-Zirler Berg würde noch weiter zunehmen. 

Entlastung für die Bevölkerung gefordert

Die Gemeindevertreter vom Seefelder Plateau sind sich mit dem Land Tirol grundsätzlich einig, dass eine Verkehrsverbesserung und Entlastung für die eine Region nicht auf Kosten einer anderen gehen sollte. Die schwierige Frage ist nun, mit welchen Begleitmaßnahmen die Einführung der Fernpass-Maut begleitet sein soll.

Bürgermeister: Es braucht ein Maßnahmenbündel

Bürgermeister Dominik Hiltpolt aus Reith bei Seefeld sagt:

„Es erscheint nun vordringlich, dass Verlagerungseffekte umfassend untersucht werden und auf diesen Ergebnissen ein Maßnahmenkonzept zum Schutz der Plateaubevölkerung erarbeitet wird. Leithen ist der Ortsteil, der am Plateau am meisten vom Verkehr betroffen ist. Die stetig zunehmenden Fahrbewegungen verschlechtern die Lebens- und Wohnqualität der ansässigen Bevölkerung. Bereits seit einigen Jahren wird gemeinsam mit dem Land Tirol an einem Umfahrungsprojekt gearbeitet. In einer Bürgerversammlung hat sich die überwiegende Mehrheit der betroffenen Bevölkerung für dieses Projekt ausgesprochen. Wichtig ist es, auch unabhängig von einer Bemautung am Fernpass, dieses Vorhaben besonders voranzutreiben und rasch umzusetzen.“

Der Leutascher Gemeindevorstand Georgios Chrysochoidis ergänzt: 

„Bereits jetzt kommt es an Hauptreisetagen zu Überlastungen der B 177 Seefelder Straße, an der Umfahrung Scharnitz wird darauf mit Verkehrsdosierungen reagiert. Zudem ist am Grenzübergang Scharnitz – Mittenwald (D) in den Wintermonaten immer wieder mit Sperren aufgrund von Lawinengefahr zu rechnen. In beiden Fällen weicht ein Großteil des Reiseverkehrs auf den Grenzübergang Leutasch – Mittenwald (D) aus. Dieser Grenzübergang ist teilweise nicht im Gegenverkehr befahrbar, wodurch es zu massiven Überlastungen auf der L14 Leutascher Straße im gesamten Ortsgebiet von Leutasch kommt. Bei einer möglichen Bemautung am Fernpass müssen auch entsprechende Maßnahmen in unsere Region geprüft und umgesetzt werden.“

Bürgermeister Christian Ihrenberger (Scharnitz):

„Wie bereits von meinem Amtskollegen der Gemeinde Leutasch sowie Reith erwähnt, kommt es bereits jetzt schon an Hauptreisetagen immer wieder zu Überlastungen auf der B 177 Seefelder Straße. Dies ist auch eine der kürzesten Transitrouten Deutschland - Italien. Die Gemeinde Scharnitz hat bereits einen Umfahrungstunnel, bei dem aber bei Überlastung auf Blockabfertigung geschaltet wird und der Verkehr wiederum durch den Ort fließt. Zu Bedenken ist auch der Ortsteil Gießenbach, wo die Bewohner jetzt schon Probleme mit dem hohen Verkehrsaufkommen haben bzgl. Lärmbelastung, beim Auffahren auf die B177, Überqueren der Straße am Weg zum Bahnhof und der meist überhöhten Geschwindigkeit durch den Ortsteil. Bei einer Bemautung am Fernpass müssen auch Maßnahmen in unserer Region geprüft und umgesetzt werden! Wir sind uns zwar einig, dass Maßnahmen zur Verkehrsentlastung grundsätzlich zu begrüßen sind, diese dürfen aber nicht zu Lasten der Bevölkerung anderer Regionen erfolgen.“

Seefelder Amtsverwalter: Schon jetzt überlastet

Der derzeit anstelle eines Bürgermeisters zuständige Amtsverwalter von Seefeld, Thomas Hauser, sagt:

„Wie bereits von den Bürgermeistern der ebenfalls betroffenen Nachbargemeinden ausgeführt, kommt es bereits jetzt schon an Hauptreisetagen immer wieder zu Überlastungen auf der B 177 Seefelder Straße. An starken An- und Abreisetagen in den Hauptsaisonen kommt es bereits jetzt schon beim Auffahren auf die B177 zur Überlastung der Gemeindestraßen. Bei einer Bemautung der Fernpassstrecke, sollten auch Maßnahmen für das Seefelder Plateau geprüft werden, um weitere Belastungen zu vermeiden."

Konstruktives Gespräch

Nach einem konstruktiven und offenen Gespräch mit Landeshauptmann Anton Mattle am Montag, 29. Jänner wurden die Anliegen der Gemeinden des Seefelder Plateaus präsentiert.
Der Landeshauptmann unterstützt Projekte, die zur Verkehrssicherheit und zur Verbesserung für die Bevölkerung beitragen.

Ortsumfahrung für Leithen soll kommen

Seit 2017 steht es am Plan: Die Gemeinde Reith und insbesondere deren Ortsteil Leithen soll mit einer neuen Umfahrung vom Verkehr entlastet werden. Die Präsentation des "Fernpasspakets" mit der Maut - die mit der voraussichtlichen Fertigstellung des Tunnels im Jahr 2028 eingeführt werden soll - hat der Planung neue Aufmerksamkeit verliehen.

Zur Erinnerung: Seit 2017 hat die Gemeinde Reith bei Seefeld den Wunsch, Varianten für den Bau einer Umfahrung um den Ortsteil Leithen zu prüfen, um die Bevölkerung von der massiven Verkehrsbelastung zu erleichtern. Im Jahr 2019 gab es eine unverbindliche Bürgerversammlung dazu, wobei die "südliche" Variante einer Umfahrung präferiert wurde. Der Reither Gemeinderat beschloss dies daraufhin einstimmig. Das renommierte Verkehrsplanungsbüro planoptimo, das seinen Sitz selbst in Reith hat, stellte diese "Sieger"-Option vor.

Land Tirol macht Einreichplanung

Zum aktuellen Stand der gewünschten Ortsumfahrung sagt Dominik Hiltpolt, Bürgermeister von Reith: 

" Das Landesbauamt als zuständiges Amt arbeitet derzeit an einer Studie, die aufzeigt, was für eine theoretische Umfahrung alles notwendig sein wird. Das geht von Umweltaspekten bis zum Bodenverbrauch und einer Absprache mit allen dortigen Grundeigentümern. Diese ersten Planungen sollen heuer oder im nächsten Jahr fertig sein. Dann kann es konkret an die Einreichung selbst gehen."

Für die Errichtung der Ortsumfahrung sind viele Dinge zu bedenken und zahlreiche Stellen zu berücksichtigen. So benötigt Reith beispielsweise eine Umweltprüfung, muss sich mit dem Forstamt und weiteren Stellen absprechen.
Dass das ganze Projekt derart umfangreich ist und die Möglichkeiten einer einzelnen Gemeinde übersteigt, ist laut Dominik Hiltpolt klar. 
Das Land Tirol als Bauherr - beziehungsweise die Landesbaudirektion unter Christian Molzer - ist hierfür zuständig. 

"Als Gemeinde haben wir alles Mögliche geleistet, das uns für die Entlastung der Reither wichtig war. Es wurde ein Zebrastreifen mit Spezialfarben, die gut sichtbar sind, errichtet. Im Nahverkehrskonzept etablierten wir regelmäßige Busse, die die Kinder aus Leithen rund um die Uhr sicher in die Volksschule bringen. Gehsteige sorgen für eine geschützte Erreichbarkeit jedes Hauses im Ortsteil. Doch es braucht noch mehr",

sagt der Reither Bürgermeister Hiltpolt.

Lob an die Zusammenarbeit

Die Bürgermeister des Seefelder Plateaus loben die gute Zusammenarbeit untereinander sowie den  vorbildlichen Kommunikationsdraht zu Landeshauptmann Anton Mattle und den Landesämtern. So gesehen ist die aktuelle Diskussion rund um die Fernpass-Strecke eine gute Möglichkeit, in punkto "Umfahrung" weiterzukommen. 

Scharnitz: Tunnelproblem

Christian Ihrenberger, Bürgermeister von Scharnitz, spricht eine weitere Problematik an. Wenn der Tunnel nahe seiner Gemeinde wegen Überlastung gesperrt ist, weichen viele Kraftfahrzeuge - vor allem der Schwerverkehr - auf kleine Straßen aus und überlasten somit den Ortskern. Hier wünscht er sich Abhilfe. Aktuell sei ein Abfahrverbot in Diskussion, sagt Ihrenberger, sowie verstärkte Radarkontrollen zur Einhaltung der Geschwindigkeitsobergrenze von 80 km/h.
Wie das konkret umgesetzt und rechtlich möglich wäre, wird diskutiert.

Übrigens: Der deutsche Automobil-Club ADAC hat bereits hilfreiche "Tipps" ins Internet gestellt, wie die "wichtigste Ausweichroute" anstelle der Fernpassstrecke ab 2028 genutzt werden kann. Das ist die Route Garmisch-Seefeld-Zirler Berg.


Landesbaudirektion: "Keine Verlagerung erwartet"

Während sich die Gemeindevertreter der Seefelder Plateau-Gemeinden vor einer Verkehrsverlagerung aufgrund der Maut fürchten, macht sich Christian Molzer, der zuständige Landesbauamtdirektor in Innsbruck, diesbezüglich wenig Sorgen.

Es werden grundsätzlich aufgrund der geplanten Maßnahmen an der Fernpassstrecke "keine wesentlichen Verlagerungswirkungen erwartet", hält er in einer Stellungnahme fest. Von anderen Mautstrecken sei bereits bekannt, dass die Lenker meistens bereit sind, Mautgebühren zu bezahlen. Außerdem seien die zuständigen Abteilungen in der Landesregierung damit beauftragt, Maßnahmen für einen Ausweichverkehr zu entwickeln - sollte es dazu kommen. 

Es solle ein "Gesamt-Tiroler Konzept" gehen, sagt Molzer.

Mehr zum Thema hier:  Rufe nach Einhausung der B177 bei Zirl werden lauter

Hier geht es zu den wichtigsten Politik-Neuigkeiten aus Tirol.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.