MeinBezirk Tirol Bücherecke
Dramatische Zeitgeschichte aus Kitzbühel

- Wehrmacht in Auflösung, Kitzbühel, Mai 1945
- Foto: TLA/erinnern.at
- hochgeladen von Georg Herrmann
Kitzbühel in der NS-Zeit. Die Geschichte auf rund 740 Seiten erzählt. Geschrieben von Sabine Pitscheider, erschienen im StudienVerlag. "Ein Standardwerk, dessen Umfang gewichtig ist und das durch seine Qualität besticht". Zur Beurteilung von Horst Schreiber ist nichts hinzuzufügen.
INNSBRUCK. In der MeinBezirk-Tirol-Bücherecke präsentieren Ihnen die Redaktionen interessante Bücher aus und rund um Tirol. Diesmal das Werk von Sabine Pischeider: "Hakenkreuz am Hahnenkamm, Kitzbühel in der NS-Zeit", erschienen im StudienVerlag. Sabine Pitscheider ist seit März 2008 am Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck tätig. Sie beschäftigt sich vor allem mit der Österreichischen Geschichte nach 1945 mit dem Schwerpunkt Tirol und Parteiengeschichte, Soziale Disziplinierung und der Entnazifizierung in Tirol. Ihre Werke gelten als wichtiger Bestandteil der Erinnerungskultur und der geschichtlichen Aufarbeitung: "Kematen in Tirol in der NS-Zeit. Vom Bauerndorf zur Industriegemeinde" (in Kooperation mit ERINNERN:AT und der Michael-Gaismair-Gesellschaft), "Die Patscherkofelbahn 1924/25–1941", "Seefeld in Tirol in der NS-Zeit" (in Kooperation mit ERINNERN:AT und der Michael-Gaismair-Gesellschaft), "Innsbrucker Stadtwerke. Geschichte der Gründung 1938/39" oder "Zwangsarbeit für die Neue Heimat in Innsbruck 1939–1945" sind Beispiele für ihr Schaffen.
Kitzbühel
In ihrem neuesten Werk widmet sie sich der Stadt Kitzbühel. Beginnend in den 1920er Jahren führt sie durch die politische Geschichte der Hahnenkammstadt. In Kitzbühel-Stadt lebten damals rund 2.800 Personen, umgeben war die Bezirkshauptstadt von Kitzbühel-Land mit einer fast gleich hohen Bevölkerungsanzahl. 1938 vereinigten sich die beiden Gemeinden. Bei den Gemeinderatswahlen 1919 stellte die Großdeutsche Volkspartei mit dem Hotelier Hans Hirnsberger den Bürgermeister. Antisemitismus und Rassismus gab es auch zu dieser Zeit in der Politik und im Vereinswesen. 1926 begann der Bau der Hahnenkammbahn und sorgte für finanzielle Probleme und Diskussionen im Gemeinderat. 1929 hatte die Ortsgruppe Kitzbühel der NSDAP acht Mitglieder, in Innsbruck waren es 87 und in Kufstein 59, ganz Tirol hatte damals 180 eingeschriebene NSDAP-Mitglieder. Am 10. September 1932 fand ein NS-Appell mit 42 Personen in Kitzbühel statt.
Die NSDAP-Bezirksleitung Kufstein-Kitzbühel rief jedenfalls für den 15. und 16. Oktober zu einer „großangelegten Kundgebung“ und einem Treffen der SA, wobei die SA-Stürme Kitzbühel, Wörgl und Schwaz ihre Sturmfahnen erhalten sollten. Für den Abend des ersten Tages, einem Samstag, kündigte das Programm ein Platzkonzert der Innsbrucker SA-Kapelle mit anschließendem Fackelzug und einem Begrüßungsabend im Hotel Reisch an. Der Sonntag sollte der Außendarstellung dienen – Weckruf der SA-Kapelle, Fahnenübergabe, Festzug und Heldenehrung – und mit Versammlungen in verschiedenen Orten enden.Am Vortag ordnete die Landesregierung einen verstärkten Grenzschutz an, weil sie mit starkem Zustrom aus Deutschland rechnete. (Auszug aus dem Buch)
Vom 29. bis 31. März 1938 zeigte das Kitzbühler Central-Kino den Film "Triumph des Willens" von Leni Riefenstahl. Am 8. Mai 1945 kamen "dann die Amerikaner und wir sahen erstmals Schwarze.. Wir Kinder bestaunten die Jeeps und bettelten um Kaugummi." erzählt Klaus Fuchs. Pitscheider führt auf vielen Wegen durch die Geschichte. Altbekanntes ergänzt mit vielen Details, interessanten Verknüpfungen, berührenden Geschichten.
Das Resümee
"Hakenkreuz am Hahnenkamm" ist ein Standardwerk. Tiefe Einblicke in die politische Entwicklung, viele Antworten auf Fragen der neueren Geschichte. Wichtige Informationen, die über die Gemeindegrenzen hinausgehen. Sabine Pischeider hat mit dem Werk einmal mehr ein tragenden Beitrag zur Erinnerungskultur geschaffen. Das Buch, gedruckt mit Unterstützung der Stadtgemeinde Kitzbühel sowie dem Amt der Tiroler Landesregierung, verdient sich einen festen Platz im Bücherregal jedes politischen Interessierten.

- Hakenkreuz am Hahnenkamm von Sabine Pitscheider
- Foto: StudienVerlag
- hochgeladen von Georg Herrmann
Das Buch
Kitzbühel entwickelte sich mit der Hahnenkammbahn, mondänen Bällen, rustikalen Belustigungen und einem Spielkasino in den 1930er Jahren zu einem Eldorado des alpinen Skisports. Politisch war die Stadt ein unruhiges Pflaster, persönliche Kränkungen und die Folgen der Wirtschaftskrise behinderten den Gemeinderat. 1931/32 drang der Nationalsozialismus ein, ihm folgten zuerst angesehene Bürger, die ihm einen seriösen Anstrich verliehen. Nach dem Verbot aller NS-Organisationen überzogen Illegale die Stadt mit Terror.
Den „Anschluss“ begrüßte die Gemeinde begeistert, einige Wenige litten unter Verfolgungen. In den Jahren 1938 bis 1945 beherrschte das NS-Regime jeden Bereich des Lebens, jagte Andersdenkende, ermordete „unwertes Leben“, „arisierte“ Eigentum, beschränkte die Macht der katholischen Kirche und raubte Klosterbesitz. Kitzbühel bot eine Bühne für sportliche Großveranstaltungen. Luftwaffe und Polizei ließen sich nieder. Kriegsgefangene und ZwangsarbeiterInnen ersetzten zur Wehrmacht eingezogene Männer. Ab 1943 besetzten Schulen aus dem bombenbedrohten Deutschen Reich, Lazarette und Umquartierte die Betten in den Tourismusbetrieben. NS-Prominente wie Leni Riefenstahl siedelten sich an.
In den ersten Maitagen 1945 befreite die US-Armee die Stadt vom NS-Regime, begleitet von Skandalen entwickelte sich eine demokratische Verwaltung. Lange Zeit dominierte der Prozess der nur unzureichend durchgeführten Entnazifizierung; Lügen und Ausreden begleiteten Gesellschaft und Politik, in die Ehemalige im Jahr 1950 zurückkehrten.
Sabine Pitscheider: Hakenkreuz am Hahnenkamm. Kitzbühel in der NS-Zeit (Band 31 der Reihe Studien zu Geschichte und Politik der Michael-Gaismair-Gesellschaft)
Euro 34,90
ISBN 978-3-7065-6348-2
736 Seiten, gebunden
Informationen unter StudienVerlag
Mehr zum Thema Kitzbühel auf MeinBezirk gibt es hier

- Zeitgeschichte in Kitzbühel
- Foto: Kogler
- hochgeladen von Klaus Kogler



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