„Historegio“:
Geschichtsforschung in der Euregio Tirol-Südtirol-Trentino

Homepage: Forschungsergebnisse sind am Euregio-Geschichteportal  historegio.euregio.info  abrufbar. | Foto: screenshot: historegio.europaregion.info
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Seit 2018 arbeiten die drei Universitäten Innsbruck, Bozen (Südtirol) und Trient (Trentino) am Projekt „Historegio“ – ein grenzüberschreitendes Forschungsvorhaben, welches sich mit der Geschichte der drei Landesteile Tirol, Südtirol und Trentino beschäftigt.

TIROL. Vor allem wird die gemeinsame Geschichtsforschung über die Landesgrenzen hinweg intensiviert und die Vernetzung zwischen den Universitäten vorangetrieben. Die drei Schwerpunktthemen sind die Nationalisierung Tirols vor dem Ersten Weltkrieg, die Südtirolfrage aus italienischer Sicht und der technologische Fortschritt im Alpenraum. Die Ergebnisse von fünf Jahren Forschung können am Euregio-Geschichteportal  https://historegio.europaregion.info/de/default.asp  eingesehen werden.
LH Anton Mattle betont:

„Erst durch die Beschäftigung mit der Geschichte können wir unsere Gegenwart verstehen. Das Forschungsprojekt ‚Historegio‘ ist ein wunderbares Beispiel für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen drei Universitäten. Damit wird nicht nur die gemeinsame Geschichte der drei Landesteile Tirol, Südtirol und Trentino aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und aufgearbeitet, sondern es werden auch historisch Interessierten zahlreiche Schätze aus den Archiven angeboten."

Euregio-Präsident LH Maurizio Fugatti (Trentino) sagt:

„Dieses Projekt ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie Geschichte, Universitäten und Kultur zusammenwirken können, um tiefe Verbindungen zwischen unseren drei Ländern zu schaffen und aufzuzeigen, wie die gemeinsamen Wurzeln und die komplexen Facetten der Ereignisse, die diese Regionen beeinflusst haben, die Identitäten und die kulturelle und soziale Dynamik unserer außergewöhnlichen Alpenländer geprägt haben."

Südtirols LH Arno Kompatscher unterstreicht:

„Um auf Herausforderungen angemessen reagieren zu können und Probleme nachhaltig zu lösen, ist es hilfreich, die Geschichte zu kennen und zu verstehen. Das euregionale Projekt ‚Historegio‘ unterstützt die gemeinsame Geschichtsforschung in Tirol, Südtirol und dem Trentino, baut auf die gemeinsame Forschung und universitäre Zusammenarbeit und trägt dazu bei, das gemeinsame Geschichtswissen zu erweitern und zu vertiefen."

Drei Länder – drei Themen

Geleitet wird das Projekt „Historegio“ von Brigitte Mazohl und Gunda Barth-Scalmani von der Universität Innsbruck, Oswald Überegger von der Universität Bozen und Andrea Leonardi von der Universität Trient. Die WissenschaftlerInnen setzten in den vergangenen fünf Jahren insgesamt drei gemeinsame Forschungsprojekte um.

Am Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie an der Universität Innsbruck, beschäftigt sich Alexander Piff unter der Leitung von Brigitte Mazohl und Gunda Barth-Scalmani mit der Frage des regionalen „Nationbuilding“ – also mit den nationalen Gegensätzen in Tirol vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Das 19. Jahrhundert zeichnete sich durch eine zunehmende Polarisierung nationaler Zugehörigkeiten aus, welche schlussendlich im Ersten Weltkrieg ihren Höhepunkt fand. Pfiff erforscht diese Nationalisierung im historischen Kronland Tirol. In Südtirol, das 1919 zu Italien kam und heute die Autonome Provinz Bozen - Südtirol bildet, leben nach wie vor drei eigenständige Volksgruppen, die Deutsch, Italienisch und Ladinisch sprechen.

Das Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte der Universität Bozen setzt sich mit der Südtirolfrage bei der Friedenskonferenz von Saint-Germain (Paris) und der Annexion Südtirols aus italienischer Sicht auseinander. Unter der Leitung von Oswald Überegger analysierte Magda Martini die Integration Südtirols in den italienischen Staat.

Den dritten Themenschwerpunkt bildet die Geschichte des technologischen Fortschritts in den vergangenen 200 Jahren im alpinen Raum, welche an der Universität Trient unter der Leitung von Andrea Leonardi von Alice Riegler und Francesco Frizzera erforscht wird. Neben dem Ausbau der Verkehrswege und dem damit zusammenhängenden Wandel im Transport- und Tourismuswesen werden die Änderungen in der Landwirtschaft und im Energiesektor beleuchtet.

Geschichtsvermittlung im Mittelpunkt

Neben inhaltlichen Schwerpunktthemen ist das Projekt „Historegio“ auch auf die Geschichtsvermittlung für ein historisch interessiertes Publikum ausgerichtet. Am Euregio-Geschichteportal  historegio.euregio.info  sowie in den sozialen Medien werden regelmäßig interessante Einblicke in die Forschungsarbeit gegeben.
Mit der Initiative „Quelle des Monats“ liegen zu jedem der drei Projektteile je zwölf Bild-Text-Bausteine vor. In insgesamt 36 Miniaturen werden die Themen „Nationbuilding“, „Südtirol aus italienischer Wahrnehmung“ und „Technologische Veränderungen 1910 bis 1945“ populärwissenschaftlich aufbereitet und am Euregio-Geschichteportal historegio.euregio.info publiziert.

„Die Initiativen ‚Quelle des Monats‘ und ‚Diese Woche vor 100 Jahren‘ lädt Interessierte dazu ein, in das Tirol vor und nach dem Ersten Weltkrieg einzutauchen. Geschehnisse, Zeitungsartikel sowie historische Bilder werden aufgearbeitet und online zur Verfügung gestellt“,

erklärt Christoph Haidacher, Direktor des Tiroler Landesarchivs.

Sprachgrenzen überwinden

Im Rahmen des Projekts werden auch einige bedeutende regionalgeschichtliche Publikationen in die jeweils anderen Landessprachen übersetzt. So kann der Wissensaustausch zwischen den drei Ländern und den zwei sprachlich unterschiedlichen Wissenschaftskulturen gefördert werden.
Unter anderem wurden die Publikationen zweier Trentiner Historiker ins Deutsche übersetzt: „L’impero asburgico“ („Das Habsburgerreich 1765-1918“) von Marco Bellabarba und „Luigi/Alois Negrelli: Ein Pionier der Verkehrsentwicklung des 19. Jahrhunderts“ (2021 bei Mulino in Bologna erschienen unter dem Titel „Un innovatore nell'ingegneria dei trasporti del XIX secolo. Luigi Negrelli“) von Andrea Leonardi.
Die Studie „Im Schatten des Krieges. Geschichte Tirols 1918-1920“ des Direktors des Kompetenzzentrums für Regionalgeschichte der Freien Universität Bozen, Oswald Überegger, ist nun auch auf Italienisch unter dem Titel „All’ombra della guerra. Storia del Tirolo 1918-1920“ verfügbar. Die „Geschichte Südtirols“ aus der Feder von Brigitte Mazohl wird demnächst ebenfalls auf Italienisch vorliegen.

Neben der Übersetzung dieser Werke wurde von den ProjektleiterInnen ein Tagungsband („Tirol/o 1919/20. Neuorientierung zwischen Krieg und Frieden. Nuovi orientamenti fra guerra e pace“) publiziert. Weiters werden in jedem Projektteil themenspezifische Monographien als Ergebnis der Forschungsarbeiten vorgelegt. Eine dieser Monographien (aus dem Bozner Projekt) ist 2022 bereits erschienen: Magda Martini: „Una provincia tutta da inventare. L´annessione dell´Alto Adige all´Italia (1918-1922)“.

Gemeinsam wurde von Alexander Piff, Magda Martini, Alice Riegler und Francesco Frizzera auch eine reich bebilderte Publikation verfasst: „Begehrtes Land – Geteiltes Land / Terra ambita – terra divisa. Modernisierung und Wandel in Alttirol / Modernizzazione e mutamenti nel Tirolo storico“. Sie wurde ganz bewusst auf Italienisch und Deutsch veröffentlicht und bereitet in kurzen Kapiteln die gemeinsame Geschichte des Raums der Euregio Tirol-Südtirol-Trentino auf. Das Forschungsprojekt „Historegio“ läuft noch bis Ende dieses Jahres. Das Internetportal  historegio.euregio.info  wird weiterhin wöchentlich aktualisiert.

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