Tirol sagt Ja zur EU
Josef Hechenberger – Harte Zeiten für die Bauern

Landwirtschaftskammerpräsident NR Josef Hechenberger | Foto: Tanja Cammerlander
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NR Josef Hechenberger ist Landwirtschaftskammerpräsident Tirol. Hier im Gespräch mit Sieghard Krabichler.

Interview mit Josef Hechenberger

Sieghard Krabichler: Den größten Budgetposten in der EU besetzen die Bauern. Geht es ohne Subventionen nicht mehr in der Landwirtschaft?

Josef Hechenberger: Für die Landwirtschaft gibt es keine Subventionen, sondern Leistungsabgeltungen. Ein Grundsatz der EU ist es nämlich, „leistbare“ Lebensmittel zur Verfügung zu stellen. Daher wird hier finanziell ausgeglichen. Die Landwirtschaft ist übrigens die einzige Sparte, die ein europaweit vergemeinschaftliches Budget hat. Über die Höhe wird oft diskutiert, daher zum Vergleich: Das Budget entspricht 1,3 Prozent aller BIPs zusammengenommen. Das sollte uns die Lebensmittelgrundversorgung allemal wert sein.

Wo liegen EU-weit die Probleme in der Landwirtschaft?

Wir Bauern spüren die ideologiegetriebene Politik der letzten Jahre. Green Deal, Renaturierung, Entwaldungs- oder Stilllegungsverordnung sind für viele Bauernfamilien weder umsetzbar noch nachvollziehbar. Dadurch werden die Produktionsbedingungen immer weiter erschwert und letztendlich wird die Lebensmittelproduktion in Europa zurückgehen. Stattdessen immer mehr zu importieren, kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Dagegen wehren wir uns.

Wie sehen Sie den „Green Deal“ als LK-Präsident und die Auswirkungen auf die Tiroler Bauern?

Ein gutes Beispiel ist die aktuelle Entwaldungsverordnung. Wenn zehn Prozent der Waldflächen nicht mehr nutzbar sind, kann der Schutzwald nicht mehr so bewirtschaftet und gepflegt werden, wie es notwendig ist. Dazu kann ich nur sagen: gut gemeint, schlecht getroffen! Leider gilt das für viele, praxisfremde Verordnungstexte und das zeigen wir auch auf.

Die Bauern in Europa demonstrierten massiv, in Österreich blieb es ruhig. Sind die heimischen Bauern mit der EU zufrieden?

In Europa einen die Bauern die einheitlich gestiegenen Produktionskosten und die immer größer werdende Bürokratie. Der Unterschied, etwa zu Deutschland, ist, dass dort die Regierung begonnen hat, die nationalen Zuwendungen an die Bauern zu kürzen. Wir Bauern in Österreich sitzen am Verhandlungstisch, dadurch können viele Probleme ohne Demonstrationen gelöst werden. Das heißt aber nicht, dass wir nicht permanent gefordert sind, um Verbesserungen für unsere Betriebe zu erzielen.

Wo liegen aber die wirklichen Vorteile für Tirol in der EU?

Ich bin ein glühender Europäer und ich würde Europa nie in Frage stellen, weil es ein einzigartiges, sinnvolles Friedensprojekt ist und wir schon auch davon profitieren. Problematisch ist, dass viele die Vorteile, die wir durch die EU erhalten haben, als selbstverständlich ansehen, die Probleme hingegen auf die Waagschale legen. Gerade unser Wirtschaftsraum profitiert stark von der EU.

Aber der Transitverkehr ist ein großes Problem in der EU.

Es handelt sich hier um ein Gesamtverkehrsproblem, nicht nur um ein Transitproblem. Aber ich habe absolutes Verständnis für die Menschen, die an den Haupttransitrouten leben – Bevölkerung und für deren Interessen eintreten. Am Ende des Tages geht es um unsere Lebensqualität.

LK-Präsident Josef Hechenberger wird also am 9. Juni sicher wählen gehen und wenn ja, warum?

Natürlich. Erstens ist die demokratische Errungenschaft, an Wahlen teilzunehmen, ein großes Privileg, das es auch zu nutzen gilt. Zweitens bin ich mit meiner Stimme am Spielfeld und schaue nicht nur von der Tribüne aus zu. Auch wenn die EU für viele gefühlt weit weg ist: Es passieren viele wichtige Entscheidungen in Brüssel, die die Nationalstaaten dann umsetzen müssen. Daher ist die EU-Wahl eine sehr entscheidende Wahl 2024. Ich appelliere an alle Wahlberechtigten, ihr Wahlrecht zu nutzen und die Zukunft Europas mitzugestalten!

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für die Bauern in der kommenden Legislaturperiode?

Für uns wird es entscheidend sein, weiterhin Rahmenbedingungen vorzufinden, nachhaltig und wirtschaftlich Lebensmittel produzieren zu können. Diese sollten nicht durch eine gewisse Ideologiebrille erschwert, sondern durch Einblicke und Ansätze aus der Praxis verbessert werden. Dabei geht es um viele verschiedene Themen, vor allem aber darum, die individuellen Stärken und Herausforderungen der Regionen nicht zu übersehen. Das geht von Ideen der Außer-Nutzung-Stellung bis hin zum Schutzstatus von Großraubtieren. Viele land- und forstwirtschaftliche Themen betreffen die gesamte Gesellschaft; deshalb ist es auch wichtig, sich an der Wahl zu beteiligen.

Fakten – Tiroler Landwirtschaftskammer

Mitglieder: 37.000
Mitarbeiter: 180
Geschäftsstellen in allen neun Bezirken

Weitere Infos unter: tirol.lko.at

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