Rassismusbericht
Scharfe Kritik an Äußerungen von Markus Abwerzger

Äußerungen von FPÖ-Klubobmann LA Markus Abwerzger werden im Rassismusbericht von SOS-Mitmensch scharf kritisiert. | Foto: BezirksBlätter
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Zum fünften Mal hat SOS Mitmensch einen Bericht über antimuslimischen Rassismus in der österreichischen Politik herausgebracht. Für das Jahr 2022 wurden auf über 100 Seiten 23 Vorfälle im Bereich der Spitzenpolitik dokumentiert, darunter auch aus der Tiroler Landespolitik.

INNSBRUCK. "Es ist erschreckend, dass antimuslimische Ausgrenzungs- und Feindbildkampagnen in Teilen der Politik inzwischen fest verankert sind. Selbst der Bundeskanzler grenzt auf einem wichtigen Kommunikationskanal systematisch Musliminnen und Muslime aus“, kommentiert SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak die Ergebnisse des Berichts. Besorgniserregend sei laut Pollak auch, dass es kaum politischen Widerspruch gegen antimuslimische Agitation und keine Initiative der Bundesregierung zur Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus gebe.

Positiv sei, laut SOS Mitmensch, dass die Dichte der Vorfälle im Jahr 2022 gegenüber den Vorjahren zurückgegangen sei, allerdings sei die Bereitschaft zu antimuslimisch- rassistischer Agitation in Teilen der Spitzenpolitik nach wie vor groß.

Kollektive Herabwürdigung

SOS Mitmensch betont, dass es bei antimuslimischem Rassismus nicht um die legitime kritische Auseinandersetzung mit Religion gehe, sondern um die kollektive Herabwürdigung von Menschen allein aufgrund ihrer angenommenen oder tatsächlichen Religionszugehörigkeit. "Um Bewusstsein über antimuslimische Feindbildkampagnen zu schaffen, haben wir eine Erklär-Webseite erstellt. Wir führen anhand von Fallbeispielen aus, was antimuslimischer Rassismus ist, wie er auftritt, was er anrichtet und worin sich rassistische Aussagen von legitimer Kritik unterscheiden“, so SOS Mitmensch-Sprecher Pollak. (Link: https://www.antimuslimischer-rassismus.at/)

Bundesregierung bislang tatenlos

Von der österreichischen Bundesregierung fordert SOS Mitmensch, sich an Ländern wie Deutschland oder Norwegen ein Beispiel zu nehmen, wo Gremien zur Bekämpfung von kollektiver Feindlichkeit gegen Musliminnen und Muslime ins Leben gerufen wurden. „Es ist ein schwerwiegendes Versäumnis, dass die österreichische Bundesregierung bislang keine einzige Handlung gegen antimuslimischen Rassismus gesetzt hat. Nicht einmal eine von der Regierung anerkannte Definition gibt es bislang“, kritisiert Pollak. Im Bericht werden auch Vorfälle aus Tirol angeführt.

Tiroler Vorfälle

Am 22. Mai 2020 teilte Wiens ressortloser FPÖ-Vizebürgermeister Dominik Nepp auf Facebook ein Posting des ZDF zu den Ramadan-Grüßen des deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Nepp kommentierte die Ramadan-Grüße mit den Worten „völlig daneben“. Auf Twitter kommentierte Nepp die Ramadan-Grüße des deutschen Bundespräsidenten mit den Worten „völlig daneben und pervers“. Einen Tag später nahm der Tiroler FPÖ-Obmann Markus Abwerzger die Feiertagsgrüße des deutschen Bundespräsidenten zum Anlass für einen Kommentar auf Facebook. Er schrieb: „Warum immer nur Glückwünsche zum Ramadan? Bei christlichen Festen oder jenen anderer Religionen bleiben diese Herrschaften zumeist still.“ "Abwerzger schürte damit Neid gegen Muslim*innen. Die Behauptung von Abwerzger war nachweislich falsch. Der deutsche Bundespräsident Steinmeier richtete auch Feiertagsgrüße an andere Religionen", wird im Bericht von SOS-Mitmensch dazu festgehalten.

Anlaufstellen und Serviceangebote in Tirol

Anfang September 2020 startete FPÖ-Obmann Norbert Hofer eine weitere Welle der FPÖ-Ramadan-Verschwörungsgeschichte. Er schrieb: „Während die Lockerung der vielfach verfassungswidrigen Corona-Verordnungen der „ersten Welle“ rechtzeitig zum Ramadan erfolgte, wird nun in wenigen Monaten das Weihnachtsfest gefeiert. Dieses soll der Bevölkerung nun schon im September vermiest werden. […]“ Hofer verlinkte in seinem Posting einen Artikel einer FPÖ-nahen Zeitschrift, wo eine Ramadan-Verschwörungsgeschichte in den Raum gestellt wurde: „Lockerung bei Ramadan, Verschärfung bei Weihnachten? Als besonders perfide bezeichnen viele Beobachter den Umstand, dass die ersten großen „Lockerungsmaßnahmen“ rechtzeitig zum moslemischen Ramadan-Fest verkündet wurden. Viele mutmaßen, dass sich die davon betroffene Bevölkerungsgruppe strengen Regeln vielleicht nicht ganz so unproblematisch unterworfen hätte wie der obrigkeitshörige Österreicher.“ Auch der Tiroler FPÖ-Obmann Markus Abwerzger postete den von FPÖ-Obmann Hofer in Umlauf gebrachten Ramadan-Verschwörungstext. Ebenso der steirische FPÖ-Vizeklubobmann Stefan Hermann.

Link: https://www.antimuslimischer-rassismus.at/ | Foto: SOS-Mitmensch
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Ende April 2021 teilte der Tiroler FPÖ-Obmann Markus Abwerzger auf Facebook einen Medienartikel, in dem es um einen möglichen Zusammenhang zwischen Corona-Fällen und religiösen Festen ging, konkret den aktuellen Ramadan-Feierlichkeiten. Im Artikel war davon die Rede, dass „viel spekuliert werde“, warum die Corona-Fälle jetzt ansteigen würden, und dass es „so gut wie keine handfesten Beweise gibt“. Aber einige Ärzt*innen würden „hinter vorgehaltener Hand“ „den Ramadan“ als „einen der Hauptgründe für die steigenden Zahlen“ nennen. Abwerzger schrieb als Begleittext zum Posting: „Im jetzigen Ramadan Monat der Muslime, haben die Tiroler Kliniken mit einem neuen Problem zu kämpfen.“ Er bezeichnete Corona-Infektionen, die möglicherweise in Zusammenhang mit religiösen Festen stehen, als „neues Problem“. Dazu wird im Bericht festgestellt: Corona-Infektionen in Zusammenhang mit religiösen Festen und Veranstaltungen hatte es zuvor vielfach in Österreich gegeben, bei unterschiedlichen Religionszugehörigkeiten.

16. August 2022: Der Tiroler FPÖ-Obmann Markus Abwerzger wird auf der Webseite der FPÖ Tirol und in Medienartikeln mit folgenden Worten zitiert: „Bevölkerungsaustausch muss gestoppt werden. Tiroler Freiheitliche lassen mit Forderung nach Landesrat für Remigration und Rückführungen aufhorchen. […] Die FPÖ Tirol hat genug vom Bevölkerungsaustausch, der immer evidenter wird. „Laut Statistik haben 21,3 Prozent der Tiroler Migrationshintergrund, was circa 162.000 Personen entspricht. Dazu muss aber gesagt werden, dass Personen ab der dritten Generation für die Statistik bereits als Autochthone gelten. Die Dunkelziffer ist also noch höher“, so Abwerzger, den besonders schockiert, dass mit schätzungsweise 800.000 Moslems bereits mehr Muslime als Tiroler in Österreich leben. Neben dem prinzipiellen Schutz vor Überfremdung geht es aber auch um nicht zu leugnende Zahlen in der Kriminalitätsstatistik […]“

Klassifizierung: Der Tiroler FPÖ-Obmann Abwerzger bedient sich der aus rechtsextremen Kreisen stammenden rassistischen „Bevölkerungsaustausch“-Rhetorik und bezeichnet die Anzahl der Muslim*innen in Österreich als „besonders schockierend“. Er bringt die Anzahl der Muslim*innen in Österreich im Folgeabsatz sowohl mit „Überfremdung“ als auch mit Kriminalität in Verbindung.

"Die kollektiv ausgrenzende und abwertende Rhetorik von Abwerzger gegenüber Muslim*innen, denen pauschal Fremdheit zugeschrieben wird und die kollektiv mit negativen Phänomenen in Verbindung gebracht werden, ist ein klarer Fall von antimuslimischem Rassismus", hält der Bericht von SOS-Mitmensch fest.

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