EnRicH 2025
Roboter und Drohnen proben Ernstfall im AKW Zwentendorf

- Brigadier Michael Janisch vor Ort beim AKW Zwentendorf.
- Foto: EVN / Matejschek
- hochgeladen von Victoria Edlinger
Zum mittlerweile fünften Mal treffen sich derzeit Robotikexperten aus der ganzen Welt zum European Robotics Hackathon (EnRicH).
ZWENTENDORF. Im nie in Betrieb gegangenen Atomkraftwerk (AKW) Zwentendorf stellen sie unter schwierigsten Bedingungen ihre robotischen Systeme rund eine Woche auf den Prüfstand – und proben den Ernstfall in Szenarios, die kaum näher an der Realität sein könnten. Konzipiert und entwickelt hat die Aufgaben erneut ein Team des Fraunhofer-Instituts für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie FKIE in enger Abstimmung mit dem österreichischen Amt für Rüstung und Wehrtechnik (ARWT).
Das nie in Betrieb gegangene AKW Zwentendorf bei Wien ist seit der Premiere 2017 Veranstaltungsort für den European Robotics Hackathon. Das Areal in unmittelbarer Nähe zur Donau bietet den Teams optimale Bedingungen zum Testen ihrer robotischen Systeme. „Wir haben hier verschiedenste Einsatzorganisationen, die das AKW für ihre Trainings nutzen – warum nicht auch Roboter, die die Welt retten?“, schmunzelt EVN Sprecher Stefan Zach.

- So etwas sieht man nicht alle Tage.
- Foto: EVN / Matejschek
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Wer in dem Schacht rund 15 Meter hinauf zur Decke schaut, entdeckt vor allem unzählige Stahlstreben. Auf mehreren Ebenen geht es über schmale Gitterroste mit hüfthohem Geländer in die anderen Gebäudeteile des AKW. Entlang der meterdicken Betonmauern verlaufen Rohre und Leitungen, etliche Ventile ragen aus der Wand. Alles andere als ideale Bedingungen also, um Drohnen steigen zu lassen. Und doch ist genau dies Teil der Aufgabenstellung bei EnRicH 2025. „Erstmals gibt es im kommenden Jahr ein kombiniertes Szenario für fliegende und fahrende Systeme“, erläutert der technische Leiter der EnRicH, Frank Schneider vom Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie.
Großveranstaltung findet seit 2017 alle zwei Jahre statt
Seit 2017 findet die Großveranstaltung alle zwei Jahre statt. Das Besondere ist dabei nicht nur der weltweit wohl einzigartige Veranstaltungsort. Das Kernkraftwerk, dessen Inbetriebnahme durch eine Volksbefragung 1978 gestoppt wurde, ist fast baugleich mit dem Kernkraftwerk in Fukushima, in dem sich 2011 eine der größten Reaktorkatastrophen ereignete. Nahezu vollständige Dunkelheit im Gebäude, enge Kurven, schmale Räume, steile Treppen, selbstschließende Türen sowie keine oder nur eingeschränkte Kommunikationsmöglichkeiten sind hier Teil der realistischen Ausgangsbedingungen für alle EnRicH-Teams.
Als weiteres Alleinstellungsmerkmal kommt beim Hackathon die Arbeit mit echten Strahlungsquellen hinzu, die der Gastgeber und Mitorganisator ARWT zur Verfügung stellt. „2025 haben die Teilnehmer einen kompletten Gefahrguteinsatz zu absolvieren einschließlich der Suche nach radioaktivem Material, gegebenenfalls seiner Handhabung sowie der Kartierung schwieriger Umgebungen“, sagt Schneider.

- Roboter und Drohnen proben gemeinsam den Ernstfall im AKW Zwentendorf.
- Foto: EVN / Matejschek
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Für ihn eine Aufgabe, die aktueller kaum sein könnte, da bei Störfällen, aber auch der Stilllegung oder dem Rückbau alter kerntechnischer Anlagen aufgrund der hohen Strahlenlast viele Einsätze für den Menschen zu riskant seien. „Für diese radiologischen und nuklearen Szenarien müssen spezielle Robotersysteme entwickelt werden“, sagt Schneider. „Doch obwohl ein großer Bedarf an solchen Lösungen besteht, sind für die nahe Zukunft keine marktreifen Systeme zu erkennen. Ein Ziel von EnRicH ist es daher, Robotiklösungen auch in diesem Bereich zu fördern.“
Teams messen sich in drei Kategorien
So umfasst die Kategorie „Kartierung“ zwei Erkundungsaufgaben, bei der zum einen Strahlung detektiert, gemessen und in einer digitalen Karte markiert, zum anderen eine digitale 3D-Karte des Gebiets erstellt werden muss. Die Kategorie „Manipulation“ ist ebenfalls in zwei Teilaufgaben unterteilt. Die Teams müssen mit ihrem robotischen System ein Behältnis mit radioaktivem Kühlmittel identifizieren und im Anschluss das dazugehörige Ventil schließen. In der Kategorie „Suche und Rettung“ schließlich werden Attrappen von verunglückten Arbeitern im Gebäude verteilt, die gefunden, ihre Position auf der Karte markiert und – wenn möglich – in einen sicheren Bereich gebracht werden müssen.
Bei EnRicH steht aber nicht der Wettbewerb im Vordergrund. „Er gibt vielmehr den Nutzern die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit der robotischen Systeme in aktuellen und absolut realen Szenarien zu testen“, so Schneider.
All diese Fähigkeiten, die hier vorgeführt werden, dienen auch als Grundlage für die Militärrobotik. Das ist der Erkenntnisgewinn für das Bundesheer.
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