Bezirk Tulln
Urteil: Dreifacher schwerer Raub in einer Stunde verübt
BEZIRK TULLN. Mit einer Schreckschusspistole, die einer „Glock 17“ täuschend ähnlich sieht, überfiel ein 20-jähriger Student aus Wien am 25. November vergangenen Jahres kurz nach acht Uhr eine Tankstelle in Königstetten, um 8.30 Uhr eine ADEG-Filiale in St. Andrä-Wördern und zehn Minuten später den Penny-Supermarkt in Zeiselmauer. Nun fasste er am Landesgericht St. Pölten eine Freiheitsstrafe von drei Jahren, davon zwei bedingt aus (nicht rechtskräftig).
Was den Burschen tatsächlich zu dieser Raubserie motiviert hat, blieb selbst Verteidiger Martin Engelbrecht ein Rätsel. Dennoch konnte er eine Reihe an Milderungsgründen auflisten, die die Höchststrafe von 15 Jahren Haft doch wesentlich reduzierten. Allen voran das umfassende Geständnis des unbescholtenen Täters, der damit, wie Staatsanwalt Leopold Bien erklärte, die vorhandenen Beweise untermauerte.
Kennzeichen abmontiert
Demnach montierte er damals am Morgen in Königstetten zwei Kennzeichentafeln ab und befestigte eine davon am PKW seines Vaters. Mit einer FFP2-Maske betrat er die Tankstelle, nahm die Angestellte hinter dem Verkaufspult ins Visier und forderte: „Geld her!“ Gleichzeitig repetierte er seine Waffe, wobei eine Patrone auf das Pult fiel. Als unmittelbar danach der Lebensgefährte der Frau erschien, rannte der Bursche ohne Beute davon, um wenig später in St. Andrä eine Schokolade auf das Förderband der ADEG-Filiale zu legen. Als die Kassakraft die Geldlade öffnete, zeigte er der Frau die Pistole, die unter seiner Jacke steckte und forderte sie auf: „Geben Sie mir das Geld!“ Geschockt kam das Opfer der Forderung nach. Bereits wenige Minuten später wiederholte er sein Vorgehen, diesmal mit einem Kaugummi am Förderband und gezogener Pistole, die er gegen den Angestellten in Zeiselmauer richtete.
„Haben Sie sich gefürchtet?“,
versuchte die vorsitzende Richterin Doris Wais-Pfeffer die traumatisierende Situation auch dem Angeklagten vor Augen zu halten.
„Ja, schon“,
meinte dieser, dürfte jedoch nicht so schwer damit belastet sein, wie das Opfer aus der ADEG-Filiale, dem sich der Täter bei seiner Entschuldigung im Gerichtssaal nicht nähern durfte und dem auch 500 Euro Schmerzensgeld zugesprochen wurde. Er habe ihn zunächst als „ganz normal“ wahrgenommen, erklärte der Penny-Mitarbeiter, doch
„Ich hätte mir im Leben nicht gedacht, dass sich das um 180 Grad ändert!“,
ergänzte er seine Aussage.
Nachdem bei der Polizei hintereinander Notrufe einlangt waren, konnten die Beamten den Täter samt Beute und Waffe noch kurz vor Mittag stellen.
Während Bien auch auf die Notwendigkeit einer generalpräventiv höheren Bestrafung verwies, nannte Engelbrecht die diagnostizierte Schuldminderung aufgrund der Einnahme von Medikamenten und Alkohol als einen der Milderungsgründe.
Beides berücksichtigend ergänzte Wais-Pfeffer das Urteil mit Weisungen zur Psychotherapie und Bewährungshilfe und sprach ein Kontaktverbot zu dem meistbetroffenen Opfer aus.
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