MOFA
Wenn das Leben zu viel wird - und Hilfe auf Augenhöhe kommt

- Wo Eltern mit dem Leben kämpfen, brauchen Kinder besonders viel Halt – mobile Familienhilfe kann diesen Halt geben.
- Foto: SOS Kinderdorf
- hochgeladen von Michaela Erlacher, BA
Wie mobile Familienarbeit des SOS-Kinderdorfs Familien in Krisen stärkt und ihnen oft einen neuen Weg zeigt. Eine Familie in Villach-Land. Eine Mutter, die lange stark war – zu stark vielleicht. Und dann nicht mehr konnte. Der Alltag: geprägt von psychischen Belastungen, Überforderung, dem ständigen Versuch, allem und allen gerecht zu werden. Und mittendrin ein Kind, das mehr spürt, als es sagen kann.
VILLACH LAND. Dass diese Familie heute wieder mit Hoffnung in die Zukunft blicken kann, ist auch der mobilen Familienarbeit (MOFA) des SOS-Kinderdorfs zu verdanken. Heidi Huber ist eine der Beraterinnen, die Familien in akuten Krisensituationen zur Seite stehen – einfühlsam, verlässlich, auf Augenhöhe. Seit über einem Jahr begleitet sie nun diese Mutter, die den Mut aufgebracht hat, sich Hilfe zu holen – und MeinBezirk.at durfte Frau Huber bei einem dieser Termine begleiten.
„Ich war am Ende“
„Ich wusste nicht mehr weiter“, erzählt die Mutter offen. Panikattacken, körperliche Erschöpfung, Schlafstörungen – irgendwann war selbst das Einkaufen eine Hürde. Das System Familie drohte zu kollabieren, das Jugendamt wurde aktiv. Über die Community Nurse kam der Kontakt zur Sozialarbeiterin, schließlich zur mobilen Familienbetreuung von SOS-Kinderdorf. „Wenn mir damals niemand gesagt hätte, dass es Hilfe gibt – ich weiß nicht, was passiert wäre.“ Zunächst war da aber Skepsis. Wieder jemand Fremdes im Haus? Wieder Kontrolle? „Aber dann kam Frau Huber – und ich wusste: Das passt.“ Von der Begleitung zu Arztterminen über Unterstützung bei Schulangelegenheiten des Sohnes bis hin zu Generationsthemen – es ist ein breites Spektrum, das abgedeckt wird. Wichtig ist der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung: „Frau Huber begegnet mir auf Augenhöhe. Sie bewertet nicht. Sie hört zu. Und sie stärkt mich da, wo ich es am meisten brauche.“ Für Heidi Huber ist genau das der Kern ihrer Arbeit: „Wir kommen in Haushalte, in denen Überforderung und psychische Erkrankungen oft Alltag sind. Unser Ziel ist nicht Kontrolle, sondern Stabilisierung.“
Zu Besuch im SOS-Kinderdorf-Büro
Einblicke in die Strukturen hinter dieser Arbeit bekamen wir auch beim Besuch im SOS-Kinderdorf-Büro in Villach, wo Maria Bacher-Schenk die mobile Familienarbeit in Kärnten leitet. Gemeinsam mit ihrem mittlerweile elfköpfigen Team begleitet sie rund 30 Familien in ganz Kärnten. Der Radius ist groß, die Probleme oft tiefgreifend. Aber die Haltung bleibt dieselbe: Unterstützung mit Respekt, ohne Vorurteile. „Wir arbeiten systemisch, ganzheitlich, lösungsorientiert“, erklärt Bacher-Schenk. Jeder Einsatz beginnt mit einem Auftrag vom Jugendamt, endet aber nicht mit einer schnellen Lösung. Maria Bacher-Schenk sieht ihre Arbeit als essenziellen Teil der präventiven Kinder- und Jugendhilfe: „Wir bauen Brücken, bevor alles zusammenbricht.“ Denn echte Veränderung brauche Zeit, Vertrauen – und vor allem: Menschen, die bleiben.
„Ich darf wieder entscheiden“
Die betreute Mutter hat in den letzten Monaten enorme Fortschritte gemacht. Sie hat beruflich wieder Fuß gefasst, organisiert ihren Alltag wieder eigenständig, ihr Sohn kann sich mehr und mehr auf sie verlassen. Und dennoch: Herausforderungen bleiben. „Es gibt Tage, da verreibe ich mich“, sagt sie ehrlich. „Aber jetzt weiß ich, dass ich nicht allein bin.“ Die regelmäßigen Termine mit Heidi Huber helfen, Dinge einzuordnen, Prioritäten zu setzen – und auch mal Nein zu sagen.
Mut zur Hilfe
Noch immer ist psychische Gesundheit ein Tabuthema. Noch immer wird Hilfe vom Jugendamt als Makel gesehen. Dass genau hier ein Perspektivwechsel notwendig ist, zeigt diese Geschichte. Nicht als Einzelfall, sondern als Beispiel dafür, wie wichtig niedrigschwellige, langfristige Begleitung ist und wie viel Mut es braucht, Hilfe anzunehmen. „Ich habe gelernt, dass es Stärke ist, sich Unterstützung zu holen“, sagt die Mutter heute. „Und dass man auch als Erwachsene wieder wachsen darf.“



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