Toast Hawaii und flüsternde Stoffe

"Schätzchen", Bürgergasse 31, 8200 Gleisdorf
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  • "Schätzchen", Bürgergasse 31, 8200 Gleisdorf
  • hochgeladen von martin krusche

Das untere Ende der Bürgergasse hat eine weitere Neueröffnung erlebt. „Schätzchen“ bietet „Real Vintage Fashion“.


Die Avantgarden des nächsten Blühens dieser vormals etwas traurigen Passage Gleisdorfs lassen einen neuen Geist spüren.

Das scheint auch jene zu erheitern, die in der Gasse standgehalten haben, während neben ihnen andere Unternehmen aufgaben. So ist städtisches Leben: Konjunkturen!

Kerstin Feirer und Sonja Herbitschek setzen zwar bewußt auf das Thema Nostalgie, doch wäre das schon alles, liefe es auf ein Altwarengeschäft hinaus. Das ist ja auch was Feines für Schatzgräber-Naturen, aber im „Schätzchen“ wird deutlich höher gezielt.

Wer hat einen bestimmten Hosenschnitt populär gemacht? Marlene Dietrich oder doch Debbie Harry? Welche Art von Nähten halten eine Ewigkeit plus drei Tage? Zu welchen historischen Mischgeweben sollten Sie besser einen Feuerlöscher in Griffweite haben?

Der „Schätzchen-Modus“ bezieht Geschichten und Geschichte ein. Ein konkreter Geruch, ein typisches Muster können Erinnerungsströme auslösen. Aber auch das Haptische, wie sich dieser oder jener Stoff zwischen den Fingern oder auf der Haut anfühlt, birgt biographische Details.

Im „Schätzchen-Modus“ ist man also Zeiträumen und Abläufen auf der Spur. Es ist ein Spiel der Erinnerungen und der Mutmaßungen.

Der deutsche Begriff „Bekleidungsvorschrift“ kling ja ein wenig nach Internierungslager. Im Englischen haben wir beim interessanteren „Dress Code“ einen Hinweis darauf, daß Codes Zeichensysteme sind, mit denen wir kommunizieren.

Selbstverständlich tun Menschen das auch über Mode, wenngleich nicht mit jener, die aus dem „Zenh-Euro-Shop“ kommt. Das ist doch eher und schlicht „Verpackungsmaterial“. Dagegen ist „Vintage Fashion“ eine Art tragbare Erzählung. Dazu braucht es freilich auch eine versierter Erzählerin wie Feirer, die offenbar quer durch das 20. Jahrhundert erläutern kann, was an den Linien, Mustern, Schnitten dran ist, was die Stoffe flüstern.

Konnte ich deutlich machen, wo die Demarkationslinie verläuft? Es macht einen Unterschied, ob man sich verpackt oder ob man sich erzählt. Das ist übrigens auch eine kulturelle Themenstellung. Und gewiß geht es im „Schätzchen“ nicht bloß ernst zu, da ist auch allerhand an Augenzwinkern, an Lachen.

Wäre noch anzumerken, daß bei der Eröffnung Frucade und Himbeerkracherl gereicht wurde, also wohlschmeckendes Hüftgold, überdies Toast Hawaii. Das muß jüngeren Menschen eventuell erklärt werden. In meinen Jugendtagen war Toast Hawaii ein exotisches Grundnahrungsmittel für jene, die von der Welt noch nichts gesehen hatten.

Das konnte ansatzlos zu Schnitzel Hawaii oder sogar Ente Hawaii ausgebaut werden, indem man auf Standardgerichte eine Ananasscheibe knallt. Dieses Veredelungsverfahren war fast universell, obwohl ich mich etwa an Zwiebelsuppe Hawaii nicht erinnern kann.

Zu all dem konnte überdies Ribiselwein kredenzt werden, das ist annähernd so etwas wie Himbeerkracherl mit Rausch drinnen. Das Zeug hatte eindeutig psychotrope Wirkung und war in Verbindung mit Stoffdruckmustern der 1970er Jahre plus Haarspray-Schwaden in der Luft nahe am Rang verbotener Substanzen.

Sie ahnen schon, Nostalgie kann ihr Bewußtsein beeinträchtigen.

http://www.schaetzchen.at/

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