Interview
Laura Wegscheider:"Bäuerin zu sein ist ein Privileg"

Laura Wegscheider ist leidenschaftliche Bergbäuerin und Jungzüchterin.  | Foto: Wegscheider
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Laura Wegscheider aus Oberperfuss zeigt, dass Landwirtschaft alles andere als verstaubt ist. Die 24-jährige Bergbäuerin, Model und Influencerin verbindet Tradition mit Moderne und prägt so das Bild der jungen Tiroler Landwirtschaft.

OBERPERFUSS. "Landwirtschaft ist doch uncool und Schnee von gestern." - Laura Wegscheider aus Oberperfuss sieht das ganz anders. Die 24-jährige ist für ihr Leben gerne Bergbäuerin und weiß, wie das Leben am Hof auch für junge Leute Spaß bringen kann. Im Gespräch mit MeinBezirk erzählt sie von ihrem Alltag und wie sie als Model und Influencerin das Bild von Tiroler Bauern und Bäuerinnen maßgeblich prägen möchte.

MEINBEZIRK: Wie bist du zur Landwirtschaft gekommen? War für dich immer klar, dass du Bäuerin werden möchtest? 
LAURA WEGSCHEIDER: Ich habe seitdem ich denken kann mit der Arbeit am Hof zu tun. Als kleines Kind bin ich mit meiner Mama Stefanie und meinem Papa Thomas auf dem Hof aufgewachsen. Dadurch wurde mir das Leben in der Landwirtschaft in die Wiege gelegt. Mit der Zeit habe ich meine Leidenschaft als Tiroler Jungzüchter entdeckt. Auch meine jüngeren Geschwister Jasmin und Marco sind am Hof aktiv. 

MEINBEZIRK: Wie sieht ein typischer Tag bei dir am Hof aus? Was gefällt dir an deiner Arbeit am besten?
LAURA: Ich habe das Privileg, dass ich jeden Tag auf unserem Hof sein darf. Meistens starte ich schon sehr früh, um 06:00 Uhr und füttere die Tiere, schaue, ob es allen gut geht, erledige Aufgaben wie Einstreuen, Lämmer tränken, Ziegen melken, unsere zwei Hof-Katzen füttern und alles, was sonst tagesaktuell ansteht. Gerade jetzt im Herbst, wo alle Tiere von den Almen gekommen sind, verräume ich auf unseren Weiden den Zaun, baue die Futterträge und Tränkstellen ab und mache alles Winterfit.

Laura ist rund um die Uhr für ihre Tiere da.  | Foto: Wegscheider
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MEINBEZIRK: Viele junge Menschen zieht es in die Stadt. Was könnte die Landwirtschaft tun, um für sie attraktiver zu werden? 
LAURA: Das Bild des Bauern und der Bäuerin in der Bevölkerung müsste moderner wahrgenommen werden. Oft stellt man sich unter Landwirte und Landwirtinnen alte Menschen vor, die ungepflegt sind, stinken, kein Geld haben und vielleicht sogar Tiere ausbeuten. Ganz im Gegenteil: Wir lieben unsere Tiere und machen alles für sie. Bei uns bekommen sie sogar jedes Jahr einen eigenen Christbaum im Stall.

Die Tiere bekommen zu Weihnachten auch einen eigenen Christbaum. | Foto: Wegscheider
  • Die Tiere bekommen zu Weihnachten auch einen eigenen Christbaum.
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Durch meinen Instagram-Account „laura_wegi“ möchte ich genau diese moderne Wahrnehmung fördern und das Klischee von Bauern und Bäuerinnen aufbrechen. Denn Landwirtschaft ist spannend, schön und sinnvoll.  Man kann den Tieren ein schönes Leben bescheren und bekommt vieles von ihnen zurück. Ein Tier lügt dich nicht an und es hintergeht dich auch nicht. Ich könnte zum Beispiel niemals in einer Stadt wie Innsbruck wohnen wo es nur noch um Hektik und Egoismus geht.

MEINBEZIRK: Welche Freiheiten oder Chancen bietet dir das Leben als Landwirtin, die man in einem "normalen" Job vielleicht nicht hat?
LAURA: In einem normalen Job arbeitet man in sehr vielen Fällen für einen Boss, eine fremde Geldtasche und vorgegebenen Arbeitszeiten. Als Bäuerin arbeite ich in meine eigene Tasche, investiere in meine Tiere, in meinen Hof und in meine Familie. Wenn ich daheim am Hof arbeite, kann ich mich voll und ganz auf meine Tiere konzentrieren und ihnen meine ganze Zeit widmen. Ich bin da, wenn zum Beispiel ein Schaf Lämmer bekommt oder ein Tier krank ist. Außerdem bringen Zuchttiere oft auch lukrative Einnahmen – ein erstklassiges Tiroler Bergschaf wird oft um mehrerer tausende Euro gehandelt, was natürlich einige Chancen mit sich bringt.

MEINBEZIRK: Gibt es auch Momente, in denen du zweifelst oder es schwer findest, dranzubleiben?
LAURA: Ich denke es gibt bei jedem Menschen Momente, in denen es schwerer ist und man vielleicht die Lust an einer Sache verliert. Ich finde aber bei meinen Tieren und meiner Familie neue Kraft und bin stolz darauf, wo ich bin.

Die junge Bäuerin möchte das Klischee vom Bauernhof aufbrechen.  | Foto: Wegscheider
  • Die junge Bäuerin möchte das Klischee vom Bauernhof aufbrechen.
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MEINBEZIRK: Du bist nicht nur Bäuerin, sondern auch Model und auf Instagram aktiv. Wie bringst du diese beiden Welten zusammen?
LAURA: Genau diese besondere Kombi „taugt“ den Leuten und natürlich auch mir. Die Bäuerin steht nicht mehr hinter dem Herd und kocht für die Männer am Feld. Die moderne Bäuerin von heute kann auch Instagram-Model sein. Ich verbinde diese Welten, indem ich selbst Fotos von meinem Alltag am Bauernhof schieße, als Model für Farmbekleidung arbeite oder den Bauernkalender ziere. Damit möchte ich den Menschen zeigen, wie schön es ist mit Tieren zu arbeiten und einen Hof zu betreiben.  Für mich macht das genauso viel Spaß wie im Stall zu arbeiten.

Modeln im Stall: Laura weiß wie es geht.  | Foto: Wegscheider
  • Modeln im Stall: Laura weiß wie es geht.
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MEINBEZIRK: Was möchten deine Follower über das Leben am Bauernhof lernen oder sehen?
LAURA: Viele möchten das Leben am Hof besser verstehen und kennenlernen. Zum Beispiel ist das Interesse immer sehr groß wenn ich Fotos oder Videos aus dem Stall poste und zeige, wie dieser aufgebaut ist. Mehrere Bauern aus Tirol aber auch aus Deutschland konnten sich schon etwas abschauen und werden ihren neuen Stall nach unserem Vorbild bauen oder ihren aktuellen Stall nach unseren Ideen adaptieren. Außerdem finden die Leute Fotos und Videos unserer Fendt-Traktoren gut, vor allem die Tatsache, dass ich als Mädel mit diesen Tonnenschweren Geräten unterwegs bin.

Dass die junge Oberperferin auch mit Traktoren unterwegs ist begeistert ihre Follower.  | Foto: Wegscheider
  • Dass die junge Oberperferin auch mit Traktoren unterwegs ist begeistert ihre Follower.
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MEINBEZIRK: Wird die Landwirtschaft durch Social Media moderner oder besteht die Gefahr, dass nur ein geschöntes Bild entsteht?
LAURA: Dass die Realität auf Social Media oft verzerrt wird, glaube ich, ist jedem klar. Das kann natürlich gefährlich sein. Aber mein Kanal ist zu 100% transparent und echt – wie ich halt bin – natürlich!

MEINBEZIRK: Hast du durch deine Online-Präsenz schon junge Menschen inspiriert, sich für die Landwirtschaft zu interessieren?
LAURA: Mir schreiben immer wieder junge Mädels, dass sie in mir ein Vorbild sehen, was mich natürlich sehr freut. Und ich hoffe, dass die Landwirtschaft durch meinen Instagram-Kanal moderner dargestellt wird und die Leute ein besseres Bild davon bekommen, wie das Leben am Hof wirklich ist.

Das Tier steht für die 24-Jährige immer im Mittelpunkt.  | Foto: Wegscheider
  • Das Tier steht für die 24-Jährige immer im Mittelpunkt.
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MEINBEZIRK: Wie stellst du dir die Landwirtschaft der Zukunft vor?
LAURA: Hoffentlich ohne Künstliche Intelligenz. Man sollte vielmehr auf das Verhalten der Tiere achten, Hausmittel verwenden und nicht für alles Mögliche Google oder Chat GPT fragen müssen. Erfahrungswerte kann dir keine KI geben. Kurz zusammengefasst: Der Bürokram muss weniger werden, Vorschriften müssen gelockert werden und das Tier muss mehr im Mittelpunkt stehen.

MEINBEZIRK: Was wünschst du dir von der Politik oder der Gesellschaft, um jungen Landwirtinnen und Landwirte bessere Perspektiven zu geben?
LAURA: Meine Persönliche Meinung ist: Wenn man sich auf unsere Politik verlässt, dann ist man verlassen. Siehe das Thema Wolf und Bär. Beide sind eine Gefahr in unserem Lebensraum, sowohl für das Tier als auch für den Mensch. Generell bin ich dafür, dass heimischen Bauern und Bäuerinnen mehr Unterstützung zugedacht werden soll. Denn nur sie können auch regionale Produkte liefern. Ich verstehe zum Beispiel nicht wie Millionen von Fördergeldern aus der EU in den Transit gesteckt werden kann, damit Kartoffeln in Deutschland geerntet, in Italien gewaschen und dann in einem Lebensmittegeschäft in Tirol verkauft werden können. Aber auch die Lebensmittelgeschäfte bei uns sind in der Pflicht – man muss zum Beispiel keine Erdbeeren im Februar verkaufen.

MEINBEZIRK: Wenn du anderen jungen Menschen einen Rat geben könntest, die überlegen, in die Landwirtschaft einzusteigen – was würdest du sagen?
LAURA: Man muss oft Mut aufbringen, um einen neuen Schritt zu wagen. Traut euch! Die Landwirtschaft ist sicher ein hartes Pflaster, bietet dafür aber auch ein sehr schönes Leben.

MEINBEZRIK: Wenn du ein Bild posten müsstest, das dein Leben als Bäuerin perfekt beschreibt – was würde man darauf sehen?
LAURA: Unser Hof in Oberperfuss mit glücklichen Tieren und meiner Familie im Sonnenaufgang. Es beginnt ein neuer perfekter Tag, alle sind zufrieden.

Über Laura Wegscheider

Die 24-jährige Laura Wegscheider lebt zusammen mit ihrer Familie auf ihrem Hof in 1000 Meter Seehöhe in Oberperfuss, der auf Schafzucht spezialisiert ist. Neben ihrer Liebe zu den Tieren, genießt die Tirolerin es in den Bergen unterwegs zu sein - egal ob auf Wanderwegen, Klettersteigen oder am Gletscher. 2025 zeigte sie den Monat August für den Jungbauernkalender und im selben Jahr spendete sie auch Stammzellen an eine Leukämiepatientin in Amerika. 

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